MASKENBALL UM MITTERNACHT
Carberry und benahm sich weniger hölzern, war allerdings von unerträglichem Dünkel erfüllt. In seiner aufgeblasenen Selbstüberschätzung war er davon überzeugt, jeder in seiner Umgebung müsse sich brennend für die geringste Kleinigkeit in seinem Leben interessieren.
„Die beiden machen es richtig“, fuhr Mr. Waters fort.
„Was?“ Callies Aufmerksamkeit war völlig auf ihre Großmutter fixiert.
Ihr Begleiter nickte zur offenen Tür hinüber. „Ins Freie zu gehen, um frische Luft zu schnappen.“
„Ja, eine gute Idee.“
Die Duchess hob den Kopf und blickte sich suchend um, und Callie ahnte, dass sie Ausschau nach ihr hielt.
Brüsk fuhr sie herum und drehte ihrer Großmutter den Rücken zu. „Sie haben recht … es tut gut, ein wenig frische Luft zu schnappen.“
Sie huschte durch die Tür ins Freie. Ihr überraschter Begleiter stutzte eine Sekunde, bevor er ihr mit einem triumphierenden Lächeln folgte.
Callie entfernte sich eilig von den erleuchteten hohen Fenstern und suchte Zuflucht im Schatten der breiten Terrasse. Die kalte Nachtluft strich über ihre nackten Arme und ihren Hals, was ihr in ihrem erhitzten Zustand nach dem Tanzen im stickigen Ballsaal höchst willkommen war. An der Balustrade blieb sie stehen, in der Gewissheit, dass ihre Großmutter sie in der Dunkelheit nicht sehen konnte, falls sie einen Blick durch die offene Tür werfen sollte.
„Es tut mir leid“, erklärte sie ihrem Begleiter mit einem scheuen Lächeln. „Sie müssen mich für verrückt halten, so eilig ins Freie gestürmt zu sein.“
„Nicht für verrückt. Ein wenig ungestüm, vielleicht“, antwortete Mr. Waters lächelnd und griff mit beiden Händen nach ihrer Hand. „Ich will hoffen, Sie hatten es ebenso eilig wie ich … allein zu sein.“
Callie verharrte verdutzt, während er ihre Hand hob und einen innigen Kuss auf ihre Fingerspitzen drückte. „Ich wusste nicht …“, raunte er, „ich hatte zwar gehofft, wagte aber nicht im Traum daran zu denken, dass Sie meine Gefühle erwidern.“
„Wovon reden Sie?“ Callie versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, aber Waters hielt sie mit eisernem Griff fest.
Und plötzlich begriff sie, dass es ein Fehler war, ihrer Großmutter in unbedachter Hast zu entfliehen, um nicht von ihren Machenschaften belästigt zu werden. Mit einem ihr näher bekannten Herrn wäre vielleicht nichts dabei gewesen, der vermutlich über ihre missliche Lage gelacht und ihr seine Hilfe angeboten hätte. Doch Mr. Waters hatte offensichtlich falsche Schlüsse gezogen … oder nur eine günstige Gelegenheit gewittert, um seinem Ziel näher zu kommen. Callie hatte ihn von Anfang an in Verdacht gehabt, ein Opportunist zu sein.
Sie wich einen Schritt zurück, er folgte ihr, immer noch ihre Hand haltend, und blickte ihr tief in die Augen, während er mit falschem Pathos sprach. „Sie müssen die Tiefe meiner Gefühle für Sie erkennen, die Liebe, die in meinem Herzen brennt …“
„Nein! Mr. Waters, ich fürchte, hier liegt ein Missverständnis vor“, unterbrach Callie ihn entrüstet. „Bitte, geben Sie augenblicklich meine Hand frei.“
„Erst wenn ich eine Antwort erhalten habe. Lady Calandra, ich flehe Sie an, lassen Sie meine Träume wahr …“
„Mr. Waters, hören Sie auf!“ Mit aller Kraft entriss Callie ihm ihre Hand. „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen unbeabsichtigt einen falschen Eindruck von mir vermittelt haben sollte. Ich bitte Sie inständig, lassen Sie uns dieses Gespräch augenblicklich beenden.“
Sie wollte an ihm vorbei, aber Waters packte sie an den Armen und hinderte sie daran.
„Nein, hören Sie mich an“, bat er. „Ich liebe Sie, Calandra. Mein Herz, meine Seele verzehrt sich nach Ihnen. Ich flehe Sie an, sagen Sie mir, dass auch Sie etwas für mich empfinden, dass in Ihrem Herzen ein Funke glüht …“
„Hören Sie sofort auf damit“, befahl Callie erzürnt. „Lassen Sie uns hineingehen und diese peinliche Angelegenheit schleunigst vergessen.“
„Ich will aber nicht vergessen“, beharrte er aufdringlich. „Jede Sekunde mit Ihnen ist mir kostbar.“
Callies Unmut wuchs mit jeder Sekunde. Seine blumigen Worte klangen hohl, sie war mehr denn je von seiner Unehrlichkeit überzeugt. Dieser Mann empfand nichts für sie, er interessierte sich nur für ihr Vermögen. Mittlerweile hatte sie keine Bedenken mehr, seine Gefühle zu verletzen.
„Ich wette, Sie werden die Angelegenheit liebend gern vergessen, wenn ich meinem Bruder davon erzähle!“,
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