MASKENBALL UM MITTERNACHT
nur, dass sie sich wünschte, diese Gefühle würden nie vergehen.
Lady Swithington hielt Wort und lud für den darauffolgenden Dienstag zu einem Besuch in Vauxhall Gardens ein. Nicht nur das, sie trug die Einladung persönlich bei einem Besuch vor. Francesca lächelte steif, wiederholte ihre Verpflichtung eines angeblich zugesagten Besuches bei einer alten Freundin und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass Callie zusagen würde.
Allerdings war ihr dabei ein wenig unbehaglich zumute. Callie wünschte sich von ganzem Herzen dieses Vergnügen, das Francesca ihr auch gerne gönnte, dennoch scheute sie sich, darüber nachzudenken, wie der Duke of Rochford dazu stehen würde, wenn er wüsste, dass seine Schwester einen Abend in Gesellschaft seiner früheren Geliebten verbringen wollte.
Letztlich trug der Duke selbst Schuld an der verfahrenen Situation mit Lady Swithington, und niemand konnte von Francesca erwarten, ihn vor seiner eigenen Dummheit zu schützen, heute genauso wenig wie damals. Sie hatte lediglich die Aufsichtspflicht für Callie übernommen. Zugegeben, in ihren Augen war Lady Swithington keineswegs der passende Umgang für Callie.
Allerdings schien die vornehme Gesellschaft verziehen oder zumindest vergessen zu haben, welchen Ruf die Dame vor ihrer Heirat mit Lord Swithington vor fünfzehn Jahren genossen hatte. Francesca war sich nicht einmal sicher, ob Lady Daphnes Affäre mit dem Duke überhaupt an die Öffentlichkeit gedrungen war, da Rochford an Diskretion und Verschwiegenheit seinesgleichen suchte. Daphne hatte damals zwar in aller Öffentlichkeit zielstrebig Jagd auf ihn gemacht, doch Francesca war sich ziemlich sicher, dass nur wenige Menschen tatsächlich gesehen hatten, wie Rochford und Daphne einen ihrer heimlichen Treffpunkte verließen. Dieses Pech schien wohl nur ihr beschieden gewesen zu sein.
Wie auch immer, Lady Daphne erfreute sich wieder großer Beliebtheit und war ein gern gesehener Gast in der vornehmen Gesellschaft. Lady Odelia Pencully, die unangefochtene Alleinherrscherin des ton , schien ihr sogar besondere Zuneigung entgegenzubringen. Würde Francesca ihrem Schützling den Umgang mit Lady Swithington verbieten, hätte sie mit Callies Verständnislosigkeit zu rechnen. Und Francesca konnte und durfte sie nicht darüber aufklären, warum Rochford Einwände gegen einen gesellschaftlichen Verkehr seiner Schwester sowohl mit Lady Daphne als auch mit ihrem Bruder Lord Bromwell hatte, da Rochford hartnäckig über die skandalösen Vorkommnisse vor fünfzehn Jahren Schweigen bewahrte.
In dieser äußerst vertrackten, ja ausweglos erscheinenden Situation nagten Gewissensbisse an Francesca, ihre Teilnahme an diesem Ausflug zu verweigern. Aber Lady Swithingtons Anwesenheit war ihr bereits in Richmond Park so unerträglich gewesen, dass sie sich nicht überwinden konnte, ihr noch einmal zu begegnen. Francesca hatte gehofft, fünfzehn Jahre würden ihre Wunden heilen, aber Daphne hatte die Narben wieder aufgerissen und ihr sämtliche Gründe ins Gedächtnis zurückgerufen, weshalb sie diese Person verabscheute. Und jedes Mal, wenn Daphne Rochfords Namen erwähnte, hatte Francesca sich mehr und mehr verkrampft, bis sie glaubte, laut schreien zu müssen.
Sie beschwichtigte ihre Bedenken mit Irenes und Gideons Zusage und der weiterer zuverlässiger Freunde. Callie wäre also nicht ohne Begleitschutz mit Lady Daphne und ihrem Bruder allein, im Übrigen würde niemand Callie in Dominokostüm und Halbmaske erkennen; nichts würde also ihrem guten Ruf schaden. Und sollte Rochford sich später darüber aufregen oder ihr Vorwürfe machen, hätte er vor fünfzehn Jahren besser darauf achten sollen, mit wem er sich einließ, dachte Francesca mit leisem Groll.
Also entzog sie sich dem abendlichen Vergnügen und versuchte auch nicht, Callie den Ausflug auszureden. Als sie am folgenden Dienstag zusah, wie Callie die Kutsche bestieg, die Lady Swithington ihr geschickt hatte, wurde sie allerdings erneut von Unbehagen befallen.
Callie winkte der Freundin fröhlich zu und lehnte sich in die Polster zurück auf der kurzen Fahrt zu Lady Daphnes Haus, wo die Freunde sich treffen wollten. Sie trug ein weißes Kleid, gesäumt mit silberglänzender Spitze, darüber einen schwarzen Domino-Umhang, mit weißer Seide gefüttert, ein elegantes und zugleich dramatisches Kostüm, das sie sich von Francesca geborgt hatte. Die weite Kapuze war umgeschlagen und zeigte das weiße Seidenfutter. Mit ihrer schwarzen
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