MASKENBALL UM MITTERNACHT
er die halbe Wegstrecke durch den Park neben ihr geritten war. Allerdings vermisste Callie seine Gegenwart und hätte gerne noch mehr Erinnerungen gesammelt, in denen sie nachts in ihrem Bett schwelgen könnte.
Er verabschiedete sich höflich von ihr, nur der warme Glanz seiner Augen verriet gewisse Empfindungen für sie, dann schwang er sich in den Sattel und entfernte sich mit seiner Schwester und den Freunden. Irene und Gideon lehnten Francescas Einladung zum Tee dankend ab und verabschiedeten sich gleichfalls.
Francesca und Callie waren sich darüber einig, keine Pläne für den Abend zu machen, sondern sich nach einem erfrischenden Bad und einem leichten Abendessen zeitig zu Bett zu begeben. Sosehr Callie Francescas Gesellschaft liebte, heute freute sie sich darauf, mit ihren Gedanken alleine zu sein. Sie genoss ein ausgiebiges wohliges Bad, dem Belinda von Zeit zu Zeit eine Kanne heißes Wasser zufügte. Danach setzte sie sich, eingehüllt in ihren Morgenmantel, auf einen Hocker vor dem Kamin und bürstete sich das Haar trocken.
Sie ließ den Ausflug noch einmal im Geist vorüberziehen, entsann sich jedes Wortes, jeder Geste, schwelgte in Gedanken an Broms heiße Küsse, an seine grauen Augen, seine glühenden Blicke. Sie errötete in Erinnerung daran, wie sie sich seinen Zärtlichkeiten hingegeben hatte. Im Rückblick auf diese Erlebnisse geriet ihr Blut wieder in Wallung. So etwas hatte sie nie zuvor getan, und es waren herrliche und beängstigende Empfindungen zugleich, die sie durchströmten.
Sie hatte keine Ahnung, was mit ihr geschah, wusste nicht einmal, was sie sich wünschte. Sie wusste nur, dass sie von jauchzender Lebensfreude erfüllt war wie nie zuvor und jeden Morgen mit sprühendem Tatendrang und erregender Abenteuerlust erwachte.
Das alles musste enden. Das wusste sie. Und sie wusste auch, wie wenig wahrscheinlich es war, dass dieses Ende angenehm sein würde. Früher oder später würde Sinclair nach London zurückkehren – oder irgendein Wichtigtuer würde sich genötigt sehen, ihren Bruder und ihre Großmutter davon zu unterrichten, dass der Earl of Bromwell sich eifrig bemühte, Lady Calandra den Hof zu machen. Und Callie wollte sich gar nicht ausmalen, wozu Sinclair fähig wäre, wenn er erfuhr, dass sie seine strikte Anweisung, keinen Umgang mit Bromwell zu pflegen, missachtet hatte. Nein, sie verspürte nicht die geringste Lust, diesen Gedanken weiterzuverfolgen.
Sie wünschte sich kein Zerwürfnis mit ihrem Bruder und wollte auch nicht daran denken, wie sie reagieren würde, falls er sie für den Rest der Saison nach Marcastle befahl. Jedenfalls wollte sie sich keine Vorschriften von ihm machen lassen, andererseits war ihr die Vorstellung unerträglich, einen Bruch mit ihm herbeizuführen. Wie würde sie reagieren, wenn es zum Schlimmsten käme und sie sich zwischen Sinclair und Bromwell entscheiden müsste?
Dieser Punkt führte zwangsläufig zur bedeutsamen Frage, was geschehen würde, wenn sie sich für Bromwell entschied. Er zeigte deutliches Interesse an ihr, aber wozu führte das? Was wünschte sie sich?
Sie war sich keineswegs sicher, was Bromwell für Sie empfand. Seine Aufmerksamkeiten schienen dafür zu sprechen, dass er Empfindungen für sie hegte. Seit Sinclairs Warnungen schwelte in Callie noch immer ein Funken Argwohn. Sinclair war weder unvernünftig, noch neigte er dazu, die Fassung leicht zu verlieren. Da er strikt darauf bestanden hatte, sie habe sich von Bromwell fernzuhalten, musste sie sich zwangsläufig fragen, ob mit dem Mann etwas nicht stimmte und sie ihn nur nicht durchschaute. Meinte Bromwell es ernst mit seinen Aufmerksamkeiten, oder spielte er nur mit ihren Gefühlen?
Er hatte sich nicht näher über seine Absichten geäußert, und sie war sich nicht einmal über ihre eigenen Absichten im Klaren. Sollte Bromwell morgen um ihre Hand anhalten, wüsste sie nicht, was sie ihm antworten würde.
Zugegeben, ihre Gefühle für ihn waren mit nichts zu vergleichen, was sie je für einen Mann empfunden hatte. Jede seiner Berührungen ließ sie erbeben. Die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit ihm berauschte sie geradezu. Wenn er sie küsste, ergriff ein befremdlich süßes Sehnen von ihr Besitz. Und ein Tag, an dem sie ihn nicht sah, erschien ihr leerer als alle trüben Regentage in der Vergangenheit, und wenn er ein Zimmer betrat, war ihr, als leuchte ein Licht in ihrem Innern. War das Liebe?
Oder nur Schwärmerei?
Callie wusste die Antwort nicht. Sie wusste
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