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Maskenschmuck (German Edition)

Maskenschmuck (German Edition)

Titel: Maskenschmuck (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Walter
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amerikanischen Freundin sagen, dass kein Mensch sie in diese Abgründe bringen würde. Rebecca sah auf deren zierliche Schuhe mit mörderlich hohen Absätzen, na gut, das würde auch nicht gut gehen bei den steilen Wegen. Die andere blickte auf Rebeccas praktische Sommerwanderstiefel. Täuschte sie sich oder war da ein Funken Mitleid in ihren Augen zu sehen?
    „Sie wollen es wirklich wagen, den ganzen Weg da hinunter zu steigen? Und das bei der Hitze! Alle Achtung! Soll ich ein Foto von Ihnen beiden machen?“, bot sich eine freundliche Amerikanerin an.
    „Ja, klar!“, gestärkt von dem bewundernden Ton stellte sich Rebecca neben Arne und überreichte der Amerikanerin ihren Fotoapparat, „das wird eine Vorher-Nachher Aufnahme … Jetzt kann ich noch lächeln, das Nachher Foto machst du dann, Arne, für meine Sammlung von Scheußlichkeiten. Da wird sich dann Christin freuen, wenn ich es ihr zumaile.“
    „Was du nur hast. Du wirst sehen, es wird ein einmaliges Erlebnis werden“, Arne schüttelte verständnislos den Kopf.
    „Auf das EINMALIGE Erlebnis hoffe ich auch. Achttausend Fuß tief! Ich bin doch keine Gemse“, murmelte Rebecca in die Luft, denn Arne war schon losgezogen.
    Nach nur zwanzig Schritten blieb Rebecca stehen und warf einen entsetzten Blick in die Tiefe. Kein Geländer! Der Weg war schief und voller Geröll! Sie wagte sich nicht mehr zu bewegen, sie konnte weder vor noch zurück. Ihr Herz klopfte plötzlich wie wild. Das würde sie nie schaffen. Sie zog scharf die Luft ein und sah Arne anscheinend mit einem so jammervollen Ausdruck an, dass er zurückkam, ihr die freie Hand reichte und mit beruhigender Stimme auf sie einsprach: „Ganz langsam hinter mir hergehen. Du kannst meine Hand so lange anfassen, wie du sie brauchst. Du schaffst das schon!“
    Ganz langsam wurde es besser, gelegentlich wagte sie auch einen Blick zur Seite, aber wenn Arne voll Begeisterung abwechselnd seinen Fotoapparat oder den Camcorder zückte, hielt sie sich mit einer Hand an der Bergkante fest.
    „He, stell dich mal locker hin, auf allen Fotos siehst du aus, als wolltest du den Canyon abstützen. Lächeln, bitte!“ Grinsend ging Arne ein Stück rückwärts vor ihr.
    Lächeln? Nichts war ihr weniger wichtig als ein Foto im Moment. Rebecca war froh, dass ihr die Gesichtszüge nicht entglitten, sie konnte sich nur darauf konzentrieren, nicht zum Abgrund zu gucken, sie hatte ständig das Gefühl, er zog sie in die Tiefe.
    Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit kamen sie unten an. Den Rest des Weges hatte sie allein geschafft, aber nur, weil die Pfade breiter wurden, und kein Abgrund an der Seite gähnte.
    Schweißgebadet und erleichtert setzte sie sich auf einen quer liegenden Baumstamm, nicht ohne die Sitzfläche vorher misstrauisch nach etwa vorhandenen Käfern abzusuchen.
    „Hast du die dicke grüne Schlange über dir nicht bemerkt?“, schreckte Arne sie wieder hoch, der sie belustigt beobachtet hatte.
    Empört ließ Rebecca sich wieder hinplumpsen: „Erschrick mich nicht zu Tode! Du hast dann die Last mit dem Hochschleppen!“
    Durstig tranken sie von ihrem Wasservorrat, den Arne wegen des Gewichts auf beide Rucksäcke verteilt hatte. Bei mehr als vierzig Grad nicht übertrieben viel, fand Rebecca, deren Flaschen sich bedenklich geleert hatten. Sie hatten nur wenig Zeit gehabt, etwas zu essen zu besorgen, also hatte Rebecca nach einer großen Packung Muffins gegriffen. Sie hatten außerdem den Vorteil, leicht zu sein.
    „Mm, Arne! Leckere Blaubeermuffins!“, sie hatte jetzt Gelegenheit gehabt, die Inhaltsstoffe zu lesen, „Fettfrei, zuckerfrei, Farbstoffe, Aromastoffe. Ich glaube, Blaubeeren sind auch nicht drin …“
    „Hör schon auf! Das soll ich essen?!“, angewidert nahm Arne sich den ersten, „Na, geht doch, der Hunger treibt’s rein.“
    Den Aufstieg schaffte Rebecca dann zum größten Teil allein. Alle zwanzig Meter setzte sie die Flasche an den Mund, und ihr Herz klopfte wie verrückt.
    Kein Wunder! räsonierte sie still in sich hinein, 44 Grad im Schatten! (Arne hatte sein Spot-Thermometer dabei).
    Warum sollte man es sich auch oben gut gehen lassen, wenn man stattdessen hier unten an den steilsten Stellen Arne ergriffen jubilieren hören kann: „Da musst du jetzt unbedingt runtergucken. Atemberaubend!“
    Wohl wahr ...
    Abends übernachteten sie im Wonderland Inn, der ganz einsam lag und sich durch einen wohltuend kühlen Pool auszeichnete, in dem sich Rebecca dankbar von den Strapazen

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