Maskerade der Liebe
während ein Realist die Fähigkeit hatte, sie so zu sehen, wie sie wirklich war. Konnte sie das nicht unterscheiden?
Nein. Im Augenblick hielt sie ihn wahrscheinlich für beinahe so schlimm wie den Teufel selbst. Und das nur, weil er, Jordan, das Richtige für sie getan hatte.
Sie müsste eigentlich dankbar sein. So sollte keine Frau reagieren, wenn ein Mann ihr die Ehe anbot. Zum ersten Mal in seinem Leben brach er alle Regeln, die er für sich selbst aufgestellt hatte - und sie würdigte es nicht einmal.
Er hatte noch niemals um die Hand einer Frau angehalten, und schon gar nicht geplant, einer Unschuld einen Heiratsantrag zu machen. Seltsam, wie natürlich es ihm vorgekommen war, sie als seine Gattin auszugeben. Eigentlich hätten ihm die Worte im Hals stecken bleiben müssen.
Doch während seiner Auseinandersetzung mit dem Arbeiter hatte er an sie nur als seine Frau gedacht. Was ihn betraf, so war sie es bereits. Sie brauchten nur noch ein Dokument, um es amtlich zu machen.
Falls er es so weit schaffte. „Emily“, sagte er, da er nicht länger zu schweigen vermochte. „Warum findest du den Gedanken, mich zu heiraten, so schrecklich, dass du sogar behauptest, ich hätte dich entführt?“
Er hielt den Atem an und wunderte sich darüber, wie viel ihm ihre Antwort bedeutete. Da sie zuerst nichts erwiderte, fühlte er eine furchtbare Beklemmung. „Ach, es ist gleich“, sagte er müde, „lass nur.“
Emily sah ihn an und seufzte. „Natürlich finde ich die Vorstellung nicht schrecklich. Unter anderen Umständen . . .“
„Welchen Umständen?“
Sie betrachtete ihre Hände. „Die Umstände, unter denen die meisten Leute heiraten. Du scheinst zu vergessen, dass ich eine jener törichten Jungfrauen war, die du von oben herab behandelt hast.“ Sie hielt inne und schien sich nicht klar darüber zu sein, ob sie weitersprechen sollte. „Ich möchte geliebt werden, Jordan. Ich weiß, dass du das für dumm hältst, aber das wünsche ich mir nun einmal.“ Nein, es überraschte ihn nicht, was sie ihm sagte, doch er konnte ihr nicht die Antwort geben, die sie ersehnte. Es machte ihm größte Angst, sich vorzustellen, ihr seine Liebe zu gestehen. Außerdem wäre es auch eine Lüge. Das musste es sein. Zudem hatte auch sie noch niemals gesagt, dass sie ihn liebte.
Diese Erkenntnis verstörte ihn mehr, als ihm das gefiel. Erst nach einer Weile vermochte er zu sprechen. „Es macht dir also nichts aus, dass dein Ruf ruiniert ist, wenn du mich nicht heiratest?“
„Nur um die Ehre zu retten, erscheint es mir lächerlich, zu heiraten. Du weißt besser als so mancher, dass das zu einem schrecklichen Ende führen kann. Deine Eltern . . .“ „Meine Eltern? Was weißt du von ihnen?“
Unbehaglich zuckte sie die Schultern. „Lord St. Clair sagte mir, dass sie zu einer Ehe gezwungen waren. Sie seien furchtbar unglücklich miteinander gewesen. “
„Oh, tat er das?“ Zum Teufel mit Ian! Wenn Jordan es ihr hätte erzählen wollen, hätte er es sicherlich getan.
„Du sollst nicht meinen, dass ich die Absicht hatte, dich in eine Ehe zu locken, so wie deine Mutter es mit deinem Vater tat. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du mir dein Leben lang vorwerfen würdest, dich zu Grunde gerichtet zu haben.“
„Das würde ich auch nie“, entgegnete er.
Sie warf ihm einen Blick zu. „Doch, das tust du jetzt schon. Du glaubst, dass sich alle Frauen gleichen, dass sie alle wie deine Mutter sind. Jede versucht, dich zu etwas zu verleiten, was du nicht tun willst.“
Zornig sah er sie an. „Hältst du mich wirklich für so engstirnig, dass ich dem ganzen weiblichen Geschlecht misstraue, nur weil eine Frau etwas Unredliches getan hat?“ Als sie ihn bloß ansah, fügte er hinzu: „Außer in jener Nacht in der Kutsche, als ich dich - wie ich zugebe - unberechtigt beschuldigte, habe ich nie behauptet, dass du mich in eine Falle locken wolltest.“
Sie runzelte die Stirn. „Nun, das nicht, aber . . .“ „Emily, ich mache es nicht einmal meiner Mutter zum Vorwurf, dass die Ehe meiner Eltern so schrecklich verlief. Wieso sollte ich dann dich anklagen?“
„Was soll das heißen? Natürlich wirfst du es deiner Mutter vor. Deshalb hast du ja auch Jungfrauen immer gemieden.“ Er setzte sich so hin, dass er sie genau ansehen konnte. „Ich ging ihnen aus dem Weg, weil ich nicht den gleichen Fehler wie mein Vater begehen wollte.“
„Genau. Eine Frau hat ihn in eine Ehe gelockt, und du . . .“ „Das stimmt nicht. In
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