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Maskerade in Rampstade (German Edition)

Maskerade in Rampstade (German Edition)

Titel: Maskerade in Rampstade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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beantworten. Ich beschloß, daß Angriff die beste Art der Verteidigung war: »Wenn Sie mir nicht weiterhelfen können, werde ich den Wirt eben selbst suchen.«
    Mit diesen Worten wollte ich mich abwenden und das Zimmer verlassen, doch Sam war schneller.
    »Nicht so hastig, Miss«, sagte er, und sein fester Griff umschloßschmerzlich meinen Oberarm. »Wir sind noch nicht fertig. Wenn Sie also dort drüben Platz nehmen wollen…«
    Er wies abermals auf den freien Stuhl. Der Bursche auf der gegenüberliegenden Bank hatte bei diesen Worten den Blick gehoben und runzelte die Stirn, als er Sams Pranke auf meinem Oberarm sah. Seltsamerweise ließ mich dieser daraufhin umgehend los, Worauf sich der junge Mann wieder in sein Buch vertiefte. Die Anwesenheit dieses Burschen wirkte beruhigend. Ich hatte das Gefühl, als könnte mir nichts passieren, solange er im Zimmer war.
    So fügte ich mich also Sams Befehl. Bevor ich mich setzte, fiel mein Blick durch die Scheiben des kleinen Fensters, und ich sah hinter dem Haus eine Vollblutstute stehen, die mit Sicherheit noch nicht dort gestanden war, als ich das Gasthaus betreten hatte. Das Pferd war aufgezäumt und gesattelt. Hoffnung keimte in mir auf. Wo ein gesatteltes Pferd war, da konnte auch der Reiter nicht weit sein. Ob er mich wohl hörte, wenn ich um Hilfe rief? Das schien jedoch gar nicht nötig zu sein. Schon waren energische Schritte im Schankraum zu hören, die sich ohne Zweifel dem Hinterzimmer näherten. Sam zog scharf die Luft ein und warf einen unsicheren Blick von mir zur Tür. Alle, bis auf den betrunkenen John, der noch immer, den Kopf auf die Tischplatte gelegt, schlief und nur ab und zu grunzende Laute von sich gab, starrten wie gebannt zum Eingang. Der Bursche von der gegenüberliegenden Bank hatte sich erhoben und verstaute gemächlich sein kleines Buch in der Rocktasche. Er schien die Spannung nicht zu spüren, die seine Kumpane erfaßt hatte.
    Da wurde mit Schwung die Türe aufgestoßen und ein Mann stand im Türrahmen. Er war breitschultrig und nicht allzu groß. Seine Reitkleidung war aus dunklem Stoff. Ungeduldig klopfte er mit seiner Reitgerte gegen seine über und über mit Lehm bespritzten hohen Schaftstiefel. Auf seinen dunklen Locken saß ein schwarzer, ungewöhnlich großer Hut, der wohl vor einigen Jahrzehnten einmal modern gewesen sein mochte. Er hatte diesen tief in die Stirne gezogen, so daß er einen großen Teil desGesichts verdeckte. Auf den Wangen und dem energischen Kinn sproß ein mehrere Tage alter Bart.
    Es war offensichtlich, daß dieser Mann den anderen Respekt einflößte. Sie blickten ihm erwartungsvoll und, wie mir schien, seltsam ergeben und schuldbewußt entgegen. Der kleine Jeff versuchte sogar seinen völlig betrunkenen Sitznachbarn dazu zu bewegen, sich zu erheben. Allerdings ohne Erfolg.
    Ich musterte den gerade eingetretenen Mann eingehend. So sah also ein wahrhaftiger Räuberhauptmann aus! Wider Willen war ich fasziniert. Ich weiß nicht, was ich wirklich erwartet hatte, was jetzt geschehen würde. Würde sich der Anführer zu seinen Leuten setzen, einen Humpen ergreifen und sich an dem Saufgelage beteiligen? Vielleicht mißfiel ihm aber auch das unmäßige Saufen seiner Männer, und er würde in lautes, unflätiges Gezeter ausbrechen. Würde er mich anbrüllen, was zum Teufel ich hier zu suchen hatte? Vielleicht würde er mich bedrohen. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dem, was jetzt geschah.
    Der Mann ließ einen kurzen Blick über die Anwesenden schweifen. Soweit ich das in diesem düsteren Zimmer erkennen konnte, lag deutliche Verachtung um seinen Mund. Dann wandte er sich an den Burschen, der gelesen hatte, befahl ihm per Handzeichen ihm zu folgen, machte auf der Stelle kehrt und verließ, ohne ein Wort zu sagen, den Raum.
    Der Bursche warf einen kurzen, sorgenvollen Blick auf mich. Es schien, als überlegte er, ob er den Anführer auf mich aufmerksam machen sollte. Dann entschied er sich jedoch dagegen, rief »Sofort, Hauptmann!«, hob grüßend die Hand und machte sich daran seinem Herrn zu folgen.
    Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Es konnte doch nicht sein, daß mich der letzte Schutz, den ich hatte, verließ und mich seinen wilden Kumpanen auslieferte! Es konnte doch nicht sein, daß dem Anführer meine Anwesenheit völlig entgangen war! Es war mir noch nie in meinem Leben passiert, daß jemand meine Gegenwart so völlig mißachtet hatte. Sonderbarerweise ärgerte mich das am meisten. Ich mußte

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