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Massiv: Solange mein Herz schlägt

Massiv: Solange mein Herz schlägt

Titel: Massiv: Solange mein Herz schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massiv mit Mariam Noori
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Morgen würden wir wiederkommen, dachte ich mir, zusammen Fußball spielen, als wäre nichts passiert, und übermorgen würden wir uns erneut die Köpfe einschlagen, als hätten wir nie zusammen Fußball gespielt. Es war eine Art Hassliebe, man konnte nicht mit und auch nicht ohne einander.
    Gerade als wir uns auf den Heimweg machen wollten, fiel mir ein, dass mein Fußball noch auf dem Dach lag. Also gingen Mirac und ich zurück, um den Ball zu holen. Ich kletterte am Fenstergitter hoch und stützte meine Füße darauf ab. Als ich nach dem Ball greifen wollte, verlor ich den Halt. Zwar versuchte ich mich noch an der Dachrinne festzuhalten, doch es war zu spät. Ich stürzte nach hinten, mein Fuß blieb an den Gitterstäben hängen, es knackte – und ich hing kopfüber an der Hauswand, als wäre ich in einer Tierfalle gefangen. Ich brüllte vor Schmerzen, während Mirac versuchte, meinen Fuß aus dem Gitter zu befreien. Schließlich landete ich geräuschvoll auf dem Asphalt. Als ich an mir heruntersah, musste ich feststellen, dass mein rechter Fuß nicht mehr an derselben Stelle war wie zuvor. Er hatte sich um fünfundvierzig Grad gedreht – bei dem Anblick wurde mir flau im Magen.
    »Du hast einen Krüppelfuß, ha!«, spottete Mirac und schaute meinen Fuß mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu an.
    »Halts Maul!« Ich biss die Zähne zusammen, die Höllenqualen lähmten meinen Körper. Ein Mädchen, das abseits des Gummiplatzes gestanden hatte, kam auf uns zu.
    »Alles in Ordnung?« Mit ihren smaragdgrünen Augen, den schwarzen Locken und der kleinen spitzen Nase erinnerte sie mich an unsere Katze Lala.
    »Nein, mein Fuß!«, krächzte ich und versuchte, die Schmerzen so gut es ging zu kontrollieren.
    »Sieht echt übel aus.« Ihr Kopf neigte sich nach rechts, voller Mitgefühl schaute sie meinen Krüppelfuß an. Sie kam mir bekannt vor. Mit ihren zarten pfirsichfarbenen Lippen, hohen Wagenknochen und dem langen, schmalen Hals wirkte sie wie die Tochter einer griechischen Göttin. Woher kannte ich sie bloß? Mein Blick haftete an ihr wie die Biene an einer Blüte, ich gaffte sie regelrecht an – und sie erwischte mich dabei. Beschämt blickte ich wieder auf meinen Krüppelfuß. Mirac rettete die peinliche Situation.
    » Ach, der Krüppelfuß – das ist doch gar nichts. Ich bin schon vier Mal knapp dem Tod entkommen.« Zum ersten Mal war ich dankbar, eine seiner Knapp-dem-Tode-entronnen-Geschichten zu hören.
    »Ich war im Zoo, weil ich unbedingt einen Tiger sehen wollte. Tiger sind nämlich unsere Lieblingstiere, verstehst du?« Mirac verhaspelte sich vor Aufregung, er war es nicht gewohnt, mit einem hübschen Mädchen zu sprechen.
    »Was soll ich daran nicht verstehen?«, hob sie fragend die Augenbrauen. Sie hatte einen frechen Ausdruck in den Augen und ein kleines Grübchen an der linken Wange, das sich nur zeigte, wenn sie ihren Mundwinkel leicht nach oben zog.
    »Ich habe den Tigern sogar rohe Steaks gekauft und sie ihnen ins Gehege geworfen, obwohl auf dem Schild ganz groß ›Füttern verboten‹ stand. Auf jeden Fall beuge ich mich ins Gehege, und was meinst du, ist dann passiert?«
    »Du bist reingefallen.«
    »Genau … woher weißt du das?« Mirac schien enttäuscht zu sein.
    »Was hätte denn sonst passieren sollen?«
    »Naja, es könnte doch sein, dass statt Tiger Pinguine im Gehege waren.«
    »Das ist doch unlogisch, wieso wärst du dann knapp dem Tod entkommen? Pinguine sind nicht gerade gefährlich.« Das Mädchen schien nicht gerade beeindruckt von Miracs Erzähltalent zu sein, was den angeblichen Tigerfütterer sichtlich verärgerte.
    »Ich will ja nicht stören, aber ich glaube, mein Fuß ist gebrochen«, stöhnte ich, doch keiner schenkte mir Beachtung.
    »Jaja, dann falle ich rein, und das Nächste, woran ich mich erinnern kann, sind die Schreie der Zoobesucher.«
    »Kann einer von euch einen Krankenwagen rufen?« Ich hatte das Gefühl, jeden Moment vor Schmerzen ohnmächtig zu werden.
    »Und was ist dann passiert?« Das Mädchen zeigte Interesse, was Mirac aufgehen ließ wie eine Blüte an einem stacheligen Kaktus.
    »Dann habe ich mich zusammengerollt, wie ein Baby im Bauch der Mutter. Ich hatte gehofft, die Tiger würden mich für ihr Junges halten«, berichtete er energisch weiter und versuchte dabei, so cool wie möglich zu wirken. Das Mädchen stieß einen kurzen Lacher aus.
    »Bis die Feuerwehr kam, blieb ich so liegen. Ich wusste, die Tiger würden mich nicht fressen,

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