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Massiv: Solange mein Herz schlägt

Massiv: Solange mein Herz schlägt

Titel: Massiv: Solange mein Herz schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massiv mit Mariam Noori
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Mädchen ist.«
    »Natürlich nicht.« Ich wurde langsam ungeduldig. MC Basstard schüttelte seufzend den Kopf, als wäre er ein weltberühmter Produzent, der sich mit Amateuren rumschlagen musste.
    »Am besten du stellst dich da jetzt hin und sagst einfach diese Zeile.« Er machte den CD-Player an, und es ertönte eine raue Stimme: »Wir sind keine Killer, doch ihr solltet uns nicht reizen, nicht reizen.«
    »Das soll ich sagen?«
    »Ja, genau das.« Ich hätte gerne nachgefragt, wie er anhand einer Zeile mein gesamtes Können prüfen wollte, aber ich stellte mich zwischen die Sofas und Matratzen und nahm das Mikro in die Hand.
    Ich war angespannt, es war das erste Mal, dass ich vor einem Labelbetreiber – oder so ähnlich – auftrat.
    Der Beat ging los, und ich steckte jeden Atemzug, der sich in meinen Lungen angesammelt hatte, in diesen einen Satz.
    »Wir sind keine Killer, doch ihr solltet uns nicht reizen, nicht reizen.« Der Song ging weiter, ich sah Basstard fragend an – das waren keine sechs Sekunden gewesen. Allerding war er starr wie eine Eisskulptur und zeigte keinerlei Reaktion. In seinem Blick lag etwas, das ich nicht recht deuten konnte; war es etwas Gieriges oder etwas Leidenschaftliches? Es war, als hätte er eine exotische Hawaiitänzerin und keinen Hundertzwanzig-Kilo-Koloss vor sich. Ein schiefes Lächeln huschte ihm übers Gesicht, der brennende Joint rutschte ihm aus dem Mundwinkel heraus und landete auf dem alten Teppich. MC Basstard riss seine Arme in die Höhe und kam auf mich zu. Ich machte einen Schritt nach hinten, weil ich nicht einschätzen konnte, ob er sich gerade freute oder einen tollwütigen Anfall bekam. Er kniete sich vor mir nieder, als wäre er gerade auf Erdöl gestoßen.
    »Ich hab es gefunden! Jaaaa, ich habe es gefunden!«, schrie er. Ich wusste nicht, wovon er redete. Er schlug mit Stirn und Fäusten gegen den Boden und verbeugte sich immer wieder vor mir, als wäre ich eine Götzenfigur.
    »Das Über-Talent! Boa, deine Stimme – die wird alle ficken! Ich bin reeeeeich !« Dann stand er auf und tanzte um mich herum wie ein Kobold um einen Topf voll Gold. Ich machte mir ernsthafte Sorgen: Hatte er zu viel oder möglicherweise zu wenig geraucht? Zappelig tippte er in sein Handy und rief nacheinander alle möglichen Leute an. Er johlte in den Hörer, er hätte das Jahrhunderttalent entdeckt, und alle – wirklich alle – könnten ihm ab sofort den Schwanz lutschen, denn er würde bald verfickt noch mal reich sein.

KAPITEL 13
Das Ghettolied
Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!
Che Guevara
5.  Der Song
    Nachdem er sich beruhigt hatte, meinte MC Basstard, er würde mich unter Vertrag nehmen – aber nur, wenn ich alle Kosten selber tragen würde – und meinen ersten Song groß rausbringen – aber nur, wenn ich brüderlich mit ihm teilen würde. Er schickte mich mit der Aufgabe, Songs zu schreiben, dorthin zurück, wo man Kanaken in Öfen schmorte.
    »Aber bitte keine schwule Poesiealbum-Musik, sondern Songs, mit denen du die Hiphop-Welt in den Arsch fickst! Um den Rest kümmere ich mich.« Er klopfte mir auf den Rücken, und ich nickte zielbewusst.
    »Und wir müssen uns für dich einen anständigen Namen überlegen. Ein Köter kann nicht die Hiphop-Welt erobern«, fügte Basstard hinzu. Mit viel Mühe konnte ich ihm die Visionen von Särgen und Friedhöfen ausreden, weil ich mein eigenes Ding machen wollte. Nach langen Diskussionen willigte er schließlich ein. Es hatte auch seine Vorteile, nicht im Würgegriff eines Major-Labels zu stecken – man durfte noch eigene Entscheidungen treffen.
    »Du musst aus deinem Kaff weg, du wirst Berlin im Sturm erobern!«, grölte Basstard, und vor Aufregung bibberte sein Kinn, als stünde er nackt im Schnee.
    »Ich bin kein Berliner, wie soll ich Berlin erobern?«
    »Kennst du Che Guevara?«
    »Ja, natürlich.«
    »Er war auch kein Kubaner und hat Kuba erobert.«
    Zurück in Pirmasens sperrte ich mich in meinem Zimmer ein, aus dem ich die nächsten zwei Wochen nur noch rauskommen würde, um zur Toilette zu gehen oder zu essen. Ich war wie in einem Rauschzustand und schrieb Seite um Seite mit Songtexten voll. Allerdings musste ich feststellen, Songs schreiben und den Song zu schreiben, waren zwei Paar Schuhe. Es reichte nicht aus, Wörter aneinanderzureihen und Gedanken wiederzugeben, die mir gerade in den Sinn kamen, ich musste etwas schreiben, das allen gefiel. Doch mir fiel kein richtiges Thema ein,

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