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Matharis Kinder (German Edition)

Matharis Kinder (German Edition)

Titel: Matharis Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernadette Reichmuth
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Gedärme.
    Die Schmerzensschreie der Gefährten verkamen zu einem heiseren Krächzen. Nach wenigen Sekunden war an ein Weiterkommen nicht mehr zu denken. Keuchend und nach Atem ringend fielen sie auf die Knie.             
    Torian war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Gehirn war angefüllt mit rot glühendem Nebel. Mit einem Mal wurde der Nebel kühl und weich, und er begann darin zu versinken wie eine Feder in einem Wolkenmeer … weich … so weich … so kühl …
    Ein feuchter, warmer Lappen fuhr ihm über das Gesicht. Torian versuchte den Kopf wegzudrehen, doch der Lappen folgte der Bewegung. Er wischte nass und aufdringlich über seine Wangen, über sein Kinn.
    Blinzelnd öffnete Torian die Augen ... und erstarrte – sein gesamtes Blickfeld war ausgefüllt vom schwarzen Gesicht eines Ungeheuers! Auf seiner Brust stand ein großer, struppiger Hund, der ihm begeistert das Gesicht ableckte.
    Eine tiefe Stimme brummte:
    „Brav, brav, guter Junge.“
    Damit war wohl der Hund gemeint.
    Torian fuhr so schnell hoch, dass das Tier von seiner Brust rutschte. Gleichzeitig explodierte in seinem Kopf eine Feuersalve, die ihn mit einem Stöhnen zurückwarf.
    Als er die Augen wieder öffnete, blickte er geradewegs in die Nasenlöcher einer Frau.
    „Ganz ruhig, mein Freund, ganz ruhig“, sagte sie mit tiefer, dröhnender Stimme.
    Die Stimme passte ganz und gar nicht zu den Nasenlöchern...
    „Aha“, fuhr sie fort, „so wie’s aussieht, seid ihr das erste Mal mit dem Teufelszeug in Berührung gekommen.“
    Nein, das war nicht die Stimme der Frau, begriff Torian. Die Worte kamen vom anderen Ende seines Körpers. Wenn er den Kopf vorsichtig hob, sah er das schwanzwedelnde Hinterteil des Hundes. Herrjeh, gab es in Lopunien Hunde, die sprechen konnten? Mit ihrem Hinterteil? 
    Freundlich brummte die Stimme weiter, während sich ein grobschlächtiges, gutmütiges Gesicht in sein Sichtfeld schob. „Ihr seid wohl gerade gekommen, nachdem die Burschen abgezogen sind. Danach hängt das Zeug noch recht lange in der Luft. Ihr armen Kerle habt gleich die volle Ladung abgekriegt.”
    Und nach einer Pause, diesmal über seinen Kopf hinweg: „Wird woh l das Beste sein, wenn wir die Drei mitnehmen.“
    Den Kopf nach hinten zu drehen, war beinahe ebenso schmerzhaft, wie sich aufzurichten. Torians Augäpfel fühlten sich an, als würden sie mit einem stumpfen Messer geschält. Zwei raue, warme Hände legten sich über sein Gesicht.
    „Bleib ruhig, mach die Augen zu. Du kannst uns vertrauen. Wir kümmern uns um euch.“
    Oh ja, diese Stimme passte zu den Nasenlöchern.
    Federleicht wie Himmelsflügel schwebten die Hände fort und gaben seine Augen frei. Bevor Torian sie wieder schloss, sah er noch, wie sich ein lächelndes, hell umrahmtes Antlitz neben das Gesicht des Mannes schob. Schon begann sein Bewusstsein wieder zu verschwimmen. Er spürte noch, wie er an Armen und Beinen hochgehoben und weggetragen wurde.  
     
    Torian wusste nicht, wie lange er schon auf dem rumpelnden Karren lag. Seine Knochen wurden so durchgeschüttelt, dass er das Gefühl hatte, nur noch aus losen Teilen zu bestehen. Gleich darauf kehrte das schmerzhafte Dröhnen zurück. Sein Kopf tat so weh! Am liebsten wäre er gleich wieder ohnmächtig geworden. Stattdessen spürte er etwas Raues, Staubiges über seine Wangen kratzen. Schwerfällig registrierte er, dass jemand ihn mit einem Erntesack zugedeckt hatte. Noch etwas war über ihm, über dem Sack. Er konnte sich kaum bewegen – er war eingesperrt! Mit seinen beiden Gefährten! Dicht neben ihm lagen sie. Er konnte ihre Arme spüren, rechts einen und links einen. Auf und ab ruckelnd im selben Rhythmus wie sein eigener Körper.
    Du kannst uns vertrauen, wir kümmern uns um euch – wer hatte das schon wieder gesagt? ... Eine sanfte, eine gute Stimme. Aber da war noch etwas gewesen. Etwas, worüber er nachdenken musste. Sein Gehirn hatte jedoch nicht die geringste Lust, zu denken.
    Die ganze Welt schien nur noch aus Ruckeln, Schütteln und dem Scheuern auf seinem Gesicht zu bestehen. Ruckeln. Schütteln. Scheuern. Es war unmöglich, zu schätzen, wie lange die Fahrt dauerte. Mit der Last auf seinem Körper konnte Torian atmen. Jedoch nicht wach bleiben...
    Er kam wieder zu sich, nachdem das Ruckeln aufgehört hatte.  
    Von seinem Gesicht wurde der Erntesack weg gezogen.
    Hustend richtete Torian sich auf. Nun erst sah er, was während der Fahrt auf ihm gelegen hatte: Reisigbündel.

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