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Mathilde Möhring

Mathilde Möhring

Titel: Mathilde Möhring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Tag für mich. Denn morgen is die Ferienwoche vorbei, und morgen muß ich ihn ins Gebet nehmen.«
    »Ach Gott, Thilde, was soll nun wieder ins Gebet nehmen. Mitunter is mir doch recht bange. Und so geht es nun ins neue Jahr rein, und unser bißchen Erspartes wird immer weniger. Er is ja nich ein Studierter, er is ja doch bloß ein alter Studente.«
    »Ja, das is er. Aber laß nur gut sein. Wenn ich auch nich viel aus ihm mache, so viel doch, daß ich ihn heiraten kann und daß ich dir alle Monate was schicken kann und daß ich einen Titel habe.«
     
    Der erste Januar war ein wundervoller Wintertag, alles überreift und übereist, aber nicht sehr kalt und eine helle Sonne am blauen Himmel. Hugo war früh auf, so früh, daß Möhrings noch schliefen; er ging hinüber, klopfte an das Schlafzimmer, und als er Thildens etwas erschreckte Stimme gehört hatte, rief er durch die Türspalte, daß er sein Frühstück in den Zelten nehmen wolle. »Das tu«, sagte Thilde, während die Alte vor sich hin brummelte: »Jott, so fängt er nu an, so is nu Neujahr.« Hugo hörte aber nichts davon, er drückte schon die Entreetür ins Schloß und überließ es Thilden, die Alte ein bißchen zurechtzusetzen.
    »Mutter, mit dir is auch gar nichts; du denkst immer gleich an Feuermelder und Hinrichtung. Ich bin doch nu verlobt und seine Braut, und ich muß dir sagen, du mußt nu wirklich ein bißchen anders werden.«
    »Ja, ja, Thilde, ich will ja.«
    »Sieh, du schadest uns. Ich habe dir neulich gesagt, wir seien keine ›kleinen Leute‹, die Runtschen sei kleine Leut, und das ist auch richtig, aber wenn du immer gleich so weimerst, dann sind wir auch ›kleine Leute‹. Wir müssen nu doch ein bißchen forscher sein und so, was man sagt, einen guten Eindruck machen...«
    »Ach, Thilde, es kost' ja alles soviel. Wo soll es denn herkommen.«
    »Dafür will ich schon sorgen. Und wenn nicht einen forschen Eindruck, so doch einen anständigen und gebildeten. Aber weimern is ungebildet.«
    »Un so fängt nu das neue Jahr an«, wiederholte die Alte, »so mit Zank und Streit und mit In-die-Zelten. Und ich glaube, so früh kriegt er noch gar keinen Kaffee. Die Zelten sind ja bloß für Nachmittag.«
    »Ach, er wird sich schon durchschlagen; in so was is er findig.«
     
    Hugo genoß den schönen Morgen. Er war glücklich, mal wieder einen weiten Spaziergang machen zu können, denn seit dem Tage, daß er krank wurde, war er nicht hinausgekommen. Er freute sich über alles und wußte nur nicht recht, ob es das Bräutigamsgefühl oder bloß das Rekonvaleszentengefühl sei. »Es wird wohl das Rekonvaleszentengefühl sein, aber es ist am Ende gleich.« Er ging bis über Bellevue hinaus, und erst auf dem Rückwege machte er sich's in dem mittleren Zelte, wo der Alte Fritze mit dem Krückstock an der Barre steht, bequem. Dabei hing er seinen Gedanken nach und überlegte: »Heute früh kriegen sie nun meinen Brief, Mutter und Schwester, und dann wird es ein großes Gerede geben. Aurelie ist ein sehr gutes Mädchen und auch nicht eng und nicht kleinlich, aber sie hat doch so 'n sonderbares Honoratiorengefühl, oder eigentlich nicht sonderbar. Und wenn sie nu liest, daß ich mich mit einer Chambre-garnie-Tochter verlobt habe, so wird sie die Nase rümpfen und von Philöse sprechen. Und vielleicht schreibt sie mir auch so was. Na, ich muß es hinnehmen. Möhrings sind sehr gut, auch die Alte so auf ihre Art, aber wenn sich einer mokieren will, dann kann er's. Schließlich schadet es nichts. Man kann sich über alles mokieren. Und wenn Aurelie Thilden sieht, wird sie sich vielleicht auch wundern. Thilde hat nichts Verführerisches, aber das ist doch auch ein Glück; wenn sie so was hätte, wohin sollte das sonst führen, bei so weiten Aussichten und so täglichem Verkehr. Und auch schon jetzt, ich muß mich vor Intimitäten hüten. Sie hat was Herbes, aber das kann angelegte Rüstung sein. Im übrigen weiß ich, was ich mir und andern schuldig bin.«
     
    Es war schon zwölf, als er wieder nach Hause kam. Er hatte noch an der Ecke der Friedrichsstraße eine Litfaßsäule durchstudiert und war zu dem Resultat gekommen, daß sie den Abend über in den Reichshallen verbringen wollten, wo eine Luftkünstlerin merkwürdige Sachen aufführen wollte. Sie war auch abgebildet auf dem Zettel, ein leichtes Kostüm, eigentlich nur eine Andeutung, und flog durch die Luft. »Ich sehe gern so was«, sagte er, als er von der Säule her in die Friedrichsstraße einbog. »Es

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