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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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Sie es auch im Rücken?«, rief ihr eine triumphierende Stimme nach.
    »Manchmal, ja«, erwiderte Nore Brand und wandte sich halb um.
    »Die Frau Direktor stellt Sie im Handumdrehen wieder her, das garantiere ich Ihnen«, rief die andere. »Ich habe es selbst erlebt.«
    Nore Brand nickte den beiden zu und ging weiter. Sie konnten nicht wissen, dass Nore Brand selbst Hand anlegen wollte. Auf ihre Art eben.
    Als sie vor der letzten Tür angelangt war, hatten die flauschigen Bademäntel ihr Geschwätz wieder aufgenommen.
    Nore Brand blieb stehen. Eine weibliche Stimme, laut und herzlich, drang durch die Tür in den Korridor hinaus. Offenbar hatte sie Glück. Frau Direktor hatte eine Pause oder Feierabend. Niemand wartete vor ihrer Tür. Nore Brand lehnte sich an die gegenüberliegende Wand und wartete.
    Wie viel wusste sie?
    War sie arglos?
    War sie eine Mörderin?
    Mit einem Ruck ging die Türe auf und eine Frau im weißen Bademantel trat heraus. Auf der Schwelle drehte sie sich um.
    »Vielen Dank, Frau Direktor. Sie sind wirklich eine Künstlerin.«
    Aus dem Zimmer ertönte helles Lachen. »Ach was. Passen Sie in Zukunft bloß etwas besser auf sich auf. Gönnen Sie sich vor allem mehr Pausen.«
    Die Frau im Bademantel schaute Nore Brand an. »Jetzt sind Sie dran. Wie ich Sie beneide.«
    Eine kleine Blondine mit modisch gelierter Kurzhaarfrisur faltete ein Badetuch.
    »Frau Direktor? Haben Sie einen Moment Zeit für mich?«
    Die Frau zuckte leicht zusammen und drehte sich hastig um. »Entschuldigen Sie, ich habe nicht gemerkt, dass noch jemand da ist.« Sie warf einen Blick auf die Tabelle an der Wand. »Ein Spontanbesuch?«, fragte sie professionell lächelnd.
    Nore Brand blieb mitten im Zimmer stehen. Der Massagetisch stand vor einem Fenster, das auf den Park hinaus zeigte. »Ich bin nicht für eine Therapie angemeldet. Mein Name ist Nore Brand.«
    Die kleine Frau streckte ihr die Hand entgegen. »Die Kommissarin?«
    »Ja.«
    »Mein Mann hat von Ihnen erzählt.« Ihr Gesicht veränderte sich kaum. »Leider kann ich Ihnen keinen Stuhl anbieten«, bedauerte sie dann munter.
    War diese Munterkeit gespielt?
    »Hier liegt oder steht man. Die Rollen in diesem Zimmer sind klar verteilt.« Sie lachte.
    »Stehen macht mir nichts aus«, erklärte Nore Brand, »ich habe nur ein paar Fragen.«
    »Also los, ich hatte schon befürchtet, dass ich übergangen werde«, forderte die kleine Frau sie entschlossen auf. Sie hatte etwas leicht Irritierendes, wie alle Frauen, die wie mit Batterien betriebene Spielzeuge funktionierten.
    »Jelena Petrovic ist tot.«
    Die kleine Frau riss ihren geschminkten Mund auf und starrte die Kommissarin an. Die Batterie stockte.
    »Jemand hat sie verfolgt, als sie mit dem Auto unterwegs war«, fuhr Nore Brand rasch weiter fort, »sie verunglückte tödlich. Das Auto überschlug sich und fiel auf das Bahngleis. In der Kurve unterhalb von Därstetten.«
    Sie führte im Indikativ aus, was Bruder Klaus vorsichtigerweise im Konjunktiv formuliert hatte. Der Unterschied lag bloß in der Grammatik. Das konnte man vernachlässigen. Zu diesem Zeitpunkt sowieso.
    »Jelena?«, stieß sie ungläubig hervor. Ihr Gesicht war aschfahl. »Sie hatte frei. Mein Mann hat ihr freigegeben. Er dachte, sie sei etwas verwirrt, weil …« Die Frau verstummte und schaute überrascht an Nore Brand vorbei.
    »Ich habe soeben gehört, dass Sie meine Frau suchten. Da habe ich gedacht, auch ich könnte Ihnen behilflich sein«, ertönte die Stimme des Direktors durch den Raum. Er atmete heftig, er musste sich sehr beeilt haben.
    Nore Brand drehte sich um. Sie verstand sofort. Viktor Heller hatte schnell gearbeitet. Der Leibgardist des Direktors offensichtlich.
    »Frau Brand sagt, Jelena sei tot, ermordet.«
    »So ein Unsinn. Wer sollte sie denn umgebracht haben?«
    Die Frau des Direktors hob die Schultern. »Ja, lächerlich, das kann nicht sein.«
    »Warum kommen Sie damit zu meiner Frau?« Er war verärgert und versuchte dies auch nicht zu verbergen.
    »Jelena Petrovic und meine Frau …«, fuhr er weiter fort, doch da lachte seine kleine Frau laut auf. »… das ist vorbei, längst vorbei.« Ihr Lachen brach so abrupt ab, wie es eingesetzt hatte. »Jelena wollte es nicht begreifen. Es war nichts, ich hatte mich eben getäuscht, in mir selbst natürlich.«
    Sie schaute Nore Brand direkt an. ›Sie sind doch sicher nicht von gestern. Man darf doch noch etwas ausprobieren im Leben.‹ So etwas Ähnliches sagten ihre Augen.
    Nore Brand

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