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Matrjoschka-Jagd

Matrjoschka-Jagd

Titel: Matrjoschka-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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Handys ausrüstet.«
    Plötzlich ging ein Leuchten über sein Gesicht.
    »Was ist?«
    »Ich habe mal gehört, dass du so deine eigenen Methoden hast.«
    »So meine Methoden? Wer sagt das?«
    Es klang wie ein Kompliment.
    »In der Kantine sagen sie das.«
    »Und in der gleichen Kantine wundert man sich darüber, dass so einer wie du bei uns ist.«
    »Das weiß ich doch. Die halten mich für einen Vollidioten. Oder vielleicht auch für ein Genie. Wo ist der Unterschied? Die sind nicht so pingelig. Für diese Leute ist das genau das Gleiche.« Er strahlte. »Ich bin in der Kramgasse aufgewachsen. In der Nähe des Hauses, wo Einstein mal gelebt hat. Darum heiße ich auch Nino Alberto. Peinlich, aber wahr. Mein Vater hat sich ein kluges Kerlchen gewünscht, aber als er merkte, dass der Name allein nicht genügt, befahl er mir, jeden Tag einmal tüchtig einzuatmen. Vielleicht sei noch etwas von Einstein in der Gassenluft hängen geblieben. Wie du siehst, war mein Vater ebenfalls nicht perfekt. Er wusste nicht, dass Genie nicht inhaliert werden kann. So ein paar Ladungen direkt ins Gehirn hätten sicher mehr gebracht. Senior Zoppa hat eben keine Ahnung von Anatomie.«
    »Nino Alberto, immerhin kannst du etwas, was Einstein nicht konnte.«
    »Das wäre?«
    »Surfen.«
    Er lachte. »Das musst du meinem alten Herrn mal erklären.«
    »Zurück zur Sache. Ich besuche heute die Schwester von Frau Ehrsam. Ich weiß immer noch zu wenig über sie. Sie hat gegenüber Elsi Klopfenstein seltsame Andeutungen gemacht.«
    »Was denn?«
    »Ihre Arbeit hier oben sei nun bald abgeschlossen. Das sind merkwürdige Worte für das Ende einer Kur. Klara Ehrsam wollte irgendetwas zu Ende bringen und lebt wahrscheinlich genau deshalb nicht mehr.«
    »Vielleicht hat der Mörder sie daran gehindert, ihr Ding zu Ende zu führen.«
    »Ihr Ding? Du redest, als ob sie eine Kriminelle gewesen wäre.«
    »Kann doch sein, oder?«
    »Ja, das kann sein. Immer noch. Natürlich.«
    »Alte Damen, die ihre Dinge drehen, toll.«
    Sie schaute ihm zu, wie er das große Stück Brot bis zur Hälfte mühelos in den Mund schob.
    »Noch etwas. Die Leute hier glauben, dass die Primaballerina mit der russischen Mafia in Verbindung steht. Versuch doch etwas über sie herauszufinden.«
    Nino hielt kurz inne und hob interessiert seinen Kopf. »Ist sie schön?«
    »Ich weiß nicht, was für dich schön heißt. Nimm mal die elektronische Regenbogenpresse unter die Lupe. Und vergiss vor allem diesen Merian nicht.« Sie erhob sich. »Da ist noch etwas. In St. Petersburg gibt es eine Fossilienausstellung.«
    Nino Zoppa verschluckte sich. »Eine Fossilienausstellung?«
    »Elsi Klopfenstein erinnerte sich, dass Frau Ehrsam zu einer Fossilienausstellung nach St. Petersburg fliegen wollte. Nach der Augenoperation.«
    »Noch etwas?«
    »Ich glaube, das genügt für heute Morgen. Mach’s gut.«
    Dann war Nore Brand draußen.

     

DIE ROTE KLARA
    Der Turm des Berner Münsters stand wie ein majestätischer Wächter über der Stadt; die unzähligen Schornsteine auf den roten Ziegeldächern sahen aus wie zwergenhafte Wachgehilfen. Dahinter, am Horizont, umrandeten die leuchtenden Schneeberge das Stadtbild. Eiger, Mönch und Jungfrau. Der Föhn hatte sie so nahe an die Stadt herangeschoben, dass man in Versuchung kam, die Hand nach ihnen auszustrecken, um sie zu berühren.
    Nore Brand war es, als ob sie über eine unsichtbare Schwelle in eine zeitlose Welt eingedrungen wäre. Diese Berner Altstadtwohnung hatte seit dem Zweiten Weltkrieg zweifellos keinen Handwerker mehr gesehen. Sie schaute sich um. Die alte Frau am Kamin glich ihrer Schwester Klara Ehrsam kaum. Nichts deutete auf eine Verwandtschaft hin. Bis auf die hohe Stirn. Das zeigte ein Bild aus ihrer Jugendzeit, das neben dem Kamin hing. Fräulein von Wyberg, Klara Ehrsam war eine geborene von Wyberg, hatte sie zuerst zu diesem Bild geführt.
    Nore Brand hatte sie mit Frau von Wyberg angesprochen, als die Greisin die Türe öffnete. »Ach, kommen Sie mir nicht auch noch mit diesem neumodischen Zeug«, hatte sie lebhaft protestiert. »Seit ich mich erinnern kann, nennt man mich Fräulein von Wyberg. Das muss ich nicht mehr ändern.«
    Ein Paar türkisblaue Augen leuchteten freundlich aus dem feinen Netz von winzigen Falten, das ihr Gesicht überzog. Als Nore Brand ihr noch auf der Schwelle zu erklären versuchte, weshalb sie hier sei, umwölkte sich ihre Stirn für einen Augenblick. »Was hat sie denn noch angerichtet, bevor sie

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