Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mauer, Jeans und Prager Frühling

Mauer, Jeans und Prager Frühling

Titel: Mauer, Jeans und Prager Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd-Lutz Lange
Vom Netzwerk:
worden; 120000 Menschen waren gekommen. 300 gewaltige Granitblöcke bildeten symbolisch eine Gräberstraße für die Getöteten, die kein Grab hatten. In der Mitte ragte ein großer Steinkoloß aus schwarzem Marmor in den Himmel, wohl ein Symbol für das Krematorium.
    An dieser Gedenkstätte in Auschwitz wurde der Kranz der Gruppe mit einer Schleife, auf der »Versöhnung« stand, niedergelegt. Wind kam auf und schlug die Schleife um, »Versöhnung« war nicht mehr zu lesen. Ein pensionierter Pfarrer ging zum Kranz und strich die Schleife wieder glatt. Dann sprach er ein paar Worte. Ich war 23, als ich Auschwitz sah, und alles, was hier geschehen war, lag gerade erst etwas mehr als 20 Jahre zurück.
    Ich weiß noch, daß ich immer stiller wurde beim Anblick der Haare, Schuhe, Rasierpinsel, Zahnbürsten, der künstlichen Gliedmaßen und der Koffer. Auf jedem Koffer standen ein Name und der Herkunftsort des Besitzers, und keiner hatte beim Beschriften seines Behältnisses daran gedacht, daß es schon in diesem Moment zum Museumsstück geworden war.
    Ich bemerkte hinter der Glasscheibe einen braunen Lederkoffer, der einer Ruth aus Falkenstein im Vogtland gehört hatte, las den vertrauten Ortsnamen im fernen Polen.
    An den Schluß seiner Reportage über den Eichmann-Prozeß stellt Harry Mulisch folgende Information:
    »Die Krematorien wurden von der Firma J. A. Topf & Söhne, Wiesbaden, geliefert, die am 5. Januar 1953 in der Bundesrepublik das Patent, Nr. 861731, erwarb für: ›Verfahren und Vorrichtung zur Verbrennung von Leichen, Kadavern und Teilen davon‹.«
    Ich war schon einige Wochen wieder in Leipzig, als mir der Leiter der Gruppe einen Beitrag aus der Kreiszeitung jenes kleinen westdeutschen Ortes schickte. Eine andächtige Gruppe sah ich, die »Versöhnungsschleife« am Kranz war vor dem Fotografieren glattgestrichen worden. Daß einige Teilnehmer nichts für diesen Kranz gegeben hatten, erwähnte der Autor des Artikels nicht.

24 Bodo Becker in seinem romantischen Musikalienreich
    25 Die Kunsthandlung Engewald im barocken Hotel de Saxe in der Klostergasse. Im linken Gebäude befand sich die Gaststätte Altes Kloster.
    26 Das Warenhaus »konsument« am Brühl vor der Verkleidung
    27 Die Universitätskirche mit dem Augusteum
    28 Er wirkte verhängnisvoll für Leipzig: der SED-Bezirkschef Paul Fröhlich.
    29 Der aus der Klosterzeit erhalten gebliebene Teil des Kreuzgangs
    30 Gottesdienst in der Universitätskirche im Mai 1968, kurz vor der Sprengung
    31–33 Die Sprengung der Universitätskirche: Augenzeugen des traurigen Geschehens
    34 Das Albertinum, in dem sich der legendäre Hörsaal 40 befand
    35 1909 – zum 500jährigen Bestehen der Alma mater – gestiftetes Schweizer Wappenfenster
    36 Blick auf den Umgang in der Wandelhalle
    37 Atlantenpaar im Treppenhaus des Albertinums
    38 Giebel des Augusteums nach der Sprengung am 20. Juni 1968
    39/40 Als Josip Broz Tito 1968 Prag besuchte, strömten Tausende zur Prager Burg.
    41–43 Die Rote Armee im »Bruderland« ČSSR. Aufnahmen vom 21. August 1968 in Prag
    44 Junge Männer trugen eine blutige Fahne durch die Straßen.
    45 Demonstranten in Prag
    46 »Dubček« in Leipzig: Die Länge des Wortes wird vermessen. Original aus den Stasi-Akten des Autors

Ein sinnloser Versuch
    Meine Freundin Annelie ging schon im Oktober 1960 in den Westen. Sie reiste quasi ihrer großen Liebe hinterher, und die beiden wurden ein Paar. Aber wie die meisten großen Lieben war auch ihre eines Tages viel kleiner geworden, bis sie schließlich verschwunden war, oder wie es Konstantin Wecker sagte: »Uns ging die Liebe wie ein Taschentuch verloren …«
    Sie hatte nach wie vor einen großen Freundeskreis in Zwickau und kam immer gern zu Besuch in ihre Heimatstadt. Schick angezogen, voller Charme und Lebensfreude. Unser alter Zwickauer Freundeskreis improvisierte dann sofort ein Fest mit dem gemeinsamen Absingen von Schlagern. Die haben wir – bis jetzt jedenfalls! – über die Jahrzehnte im Kopf behalten, und wenn wir einmal im Jahr zusammensitzen, dann werden sie traditionell angestimmt. Nach wie vor begleitet vom inzwischen über 60jährigen, immer noch schlanken und ranken Axel. Dann erklingt »Brauner Bär und weiße Taube …« oder »Auf der Insel Villalila dort im Märchenland, am weißen Palmenstrand ein braunes Mädchen stand …« oder »Fraulein, Fraulein, siehst nachts du die Sterne, dann bin im Gedanken ich dein …«, und was es seinerzeit noch alles für Hits gab. Die

Weitere Kostenlose Bücher