Maurice, der Kater
blinzelte und sah zu der
Flasche Bier, die er am vergangenen Abend getrunken hatte. Beim
Nachtdienst konnte man sich sehr einsam fühlen. Außerdem bestand
kaum die Gefahr, dass jemand in Bad Blintz einfiel. Hier gab es gar nichts
zu holen.
Vermutlich war es eine gute Idee, niemandem von dieser Sache zu
erzählen, dachte Doppelpunkt.
Wahrscheinlich war gar nichts passiert. Das Bier musste schlecht
gewesen sein…
Die Tür des Wachhauses öffnete sich, und Korporal Knopf kam
herein.
»Morgen, Feldwebel«, sagte er. »Ich… Was ist mit dir los?«
»Nichts, Korporal!«, erwiderte Doppelpunkt rasch und trocknete sich
das Gesicht ab. »Ich habe eindeutig nichts Sonderbares gesehen! Was
stehst du da herum? Es wird Zeit, das Tor zu öffnen, Korporal!«
Die Wächter traten nach draußen und öffneten das Stadttor.
Sonnenschein glänzte ihnen entgegen.
Und mit dem Sonnenschein kam ein langer, langer Schatten.
Meine Güte, dachte Feldwebel Doppelpunkt. Dieser Tag hat schlecht
begonnen, und es wird nicht besser werden…
Der Mann auf dem Pferd ritt vorbei, ohne auf die beiden Wächter zu
achten. Sie folgten ihm hastig zum Stadtplatz. Eigentlich sollte man von
Leuten erwarten, dass sie Bewaffneten Beachtung schenkten.
»Halt, was führt dich hierher?«, fragte Korporal Knopf. Er musste
seitwärts laufen, um mit dem Pferd Schritt zu halten. Die Kleidung des
Reiters war schwarz und weiß; er sah aus wie eine menschliche Elster.
Er antwortete nicht, lächelte nur vor sich hin.
»Na schön, viel eicht hat dich nichts hierher geführt, aber du könntest uns ruhig sagen, wer du bist«, sagte Korporal Knopf, der keinen Ärger
wollte.
Der Reiter blickte auf ihn hinab und sah dann wieder nach vorn.
Feldwebel Doppelpunkt sah einen kleinen Planwagen durchs Tor
rollen, gezogen von einem Esel. Ein Alter saß auf dem Kutschbock.
Doppelpunkt erinnerte sich daran, dass er Feldwebel war. Das bedeutete,
dass er mehr Sold bekam als der Korporal, was wiederum bedeutete, dass
er teurere Gedanken dachte. Und der momentane Gedanke lautete: Sie
mussten doch nicht jeden kontrollieren, der durchs Tor kam.
Insbesondere dann, wenn es viel zu tun gab. Es ging darum, zufällig
Leute auszuwählen, um sie zu kontrollieren. Und wenn man jemanden
zufäl ig auswählte, so war es eine gute Idee, sich für einen kleinen Alten
zu entscheiden, der klein und alt genug wirkte, um sich von einer
schmuddeligen Uniform und einem rostigen Kettenhemd beeindrucken
zu lassen.
»Halt!«
»He, he, von wegen«, erwiderte der Alte. »Hüte dich vor dem Esel. Er
beißt gern zu, wenn er sich ärgert. Mich schert’s nicht.«
»Zeigst du etwa Verachtung vor dem Gesetz?«, fragte Feldwebel
Doppelpunkt.
»Ich versuche nicht, sie zu verbergen. Du sol test besser mit meinem
Boss reden. Damit meine ich den Mann auf dem Pferd. Auf dem großen
Pferd.«
Der schwarz und weiß gekleidete Fremde war beim Brunnen in der
Mitte des Platzes abgestiegen und öffnete die Satteltaschen.
»Na schön, ich gehe zu ihm«, brummte der Feldwebel.
Er ging so langsam wie möglich, und als er den Fremden erreichte,
hatte der Mann einen kleinen Spiegel an den Brunnen gelehnt und
rasierte sich. Korporal Knopf stand in der Nähe und hielt die Zügel des
Pferdes.
»Warum hast du ihn nicht verhaftet?«, flüsterte der Feldwebel dem
Korporal zu.
»Was, für illegales Rasieren? Verhafte du ihn, wenn du unbedingt
willst.«
Feldwebel Doppelpunkt räusperte sich. Einige Frühaufsteher unter
den Bewohnern von Bad Blintz beobachteten ihn bereits. »Äh … hör
mal, Freund, bin sicher, du wol test nicht…«, begann er.
Der Mann richtete sich auf und bedachte die beiden Wächter mit einem
Blick, der sie einen Schritt zurücktreten ließ. Er streckte die Hand aus
und löste einen Riemen, der ein dickes Lederbündel hinter dem Sattel
zusammenhielt.
Das Bündel öffnete sich. Korporal Knopf riss die Augen auf. An dem
breiten Lederband steckten Dutzende von Flöten in Schlaufen. Sie
glänzten im Schein der aufgehenden Sonne.
»Oh, du bist der Pfei …«, begann Doppelpunkt, doch der Mann wandte
sich wieder dem Spiegel zu und sprach wie zu seinem Spiegelbild: »Wo
kann man hier ein Frühstück bekommen?«
»Oh, wenn du ein Frühstück möchtest, so kann dir Frau Schieber vom
Blauen Kohl…«
»Würstchen«, sagte der Pfeifer und rasierte sich weiter. »Auf einer Seite
gebraten. Drei. Hier. In zehn Minuten. Wo ist der Bürgermeister?«
»Wenn du
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