Maurice, der Kater
letzte, winzige Teil, der noch immer Maurice war und kein blutrünstiger Irrer. Und diese Stimme sagte: »Jetzt! Beiß hier zu!«
Zähne und Krallen schlossen sich um einen Klumpen aus acht verknoteten Schwänzen und zerrissen ihn.
Der winzige Teil, der einst das Ich von Maurice gewesen war, hörte einen vorbeistreichenden Gedanken.
Neeeiii… eeii… einnn…
Und dann verklang der Gedanke, und der Raum war voller Ratten, voller ganz gewöhnlicher Ratten, die versuchten, einer wütenden, fauchenden, knurrenden und blutrünstigen Katze zu entkommen, die es jetzt nachholte, eine richtige Katze zu sein. Sie kratzte und biss und zerfetzte und drehte sich um und sah eine kleine weiße Ratte, die sich während des ganzen Kampfes nicht bewegt hatte. Sie streckte die Krallen nach ihr aus…
Gefährliche Bohnen schrie. »Maurice!«
Die Tür erbebte, als Keiths Stiefel das Schloss zum zweiten Mal traf. Beim dritten Tritt gab das Holz nach und brach.
Am anderen Ende des Kellers ragte eine Wand aus Feuer auf. Die dunklen, unheilvollen Flammen verschwanden immer wieder in dichtem Rauch. Der Clan strömte durchs Gitter, breitete sich auf beiden Seiten aus und starrte zum Feuer.
»O nein!«, rief Keith. »Komm, es stehen Eimer neben der nächsten Tür!«
»Aber…«, begann Malizia.
»Wir müssen das erledigen! Schnell! Dies ist eine Aufgabe für große Leute!«
Die Flammen zischten und knackten. Überall lagen tote Ratten, im Feuer und jenseits davon. Manchmal lagen nur Teile von Ratten auf dem Boden.
»Was ist hier passiert?«, fragte Sonnenbraun.
»Anscheinend ein Krieg, Chef«, sagte Sardinen und beschnüffelte die
Toten.
»Können wir an dem Feuer vorbei?«
»Zu heiß, Boss. Tut mir Leid, aber wir… Ist das Pfirsiche?« Sie lag unweit der Flammen, mit schlammverkrustetem Fell und
murmelte leise vor sich hin. Sonnenbraun duckte sich neben sie, daraufhin öffnete sie die Augen.
»Ist alles in Ordnung mit dir, Pfirsiche? Was ist mit Gefährliche Bohnen geschehen?«
Sardinen klopfte ihm wortlos auf die Schulter und streckte die Pfote aus.
Ein Schemen erschien im Feuer…
Das Geschöpf wankte durch eine Lücke zwischen den Flammen, und für einen Moment ließ die wabernde Luft es riesig aussehen, wie ein
Ungeheuer, das aus einer Höhle kam. Dann wurde es zu einer… Katze. Rauch stieg von ihrem Fell auf. Was nicht dampfte, war voller Schlamm. Ein Auge war geschlossen. Die Katze hinterließ eine Spur aus Blut und sackte immer wieder in sich zusammen.
Sie trug ein kleines Bündel aus weißem Pelz im Maul.
Die Katze erreichte Sonnenbraun und ging an ihm vorbei, ohne ihn anzusehen. Die ganze Zeit über knurrte sie leise.
»Ist das Maurice ?«, fragte Sardinen.
»Er trägt Gefährliche Bohnen!«, rief Sonnenbraun. »Haltet die Katze auf!« Aber Maurice war von ganz allein stehen geblieben, drehte sich um, sank auf den Boden, die vorderen Beine nach vorn gestreckt, und sah die Ratten aus einem trüben Auge an.
Ganz vorsichtig setzte er das weiße Bündel ab. Er stieß es ein- oder zweimal an, um festzustellen, ob es sich bewegte. Er blinzelte, als es reglos blieb, und Verwirrung schien ihn wie in Zeitlupe zu erfassen. Als er den Mund öffnete, um zu gähnen, kam Rauch heraus. Dann ließ er den Kopf sinken und rührte sich nicht mehr.
Für Maurice war die Welt voll von jenem geisterhaften Licht kurz vor dem Morgengrauen, wenn es hell genug ist, um Dinge zu erkennen, aber noch nicht hell genug, um Farben zu sehen.
Er setzte sich auf und begann, sich zu putzen. Ratten und Menschen liefen um ihn herum, aber sehr, sehr langsam. Maurice schenkte ihnen keine Beachtung. Womit auch immer sie beschäftigt waren – es betraf ihn nicht. Andere Leute hasteten umher, auf stille, geisterhafte Weise, und ihre Eile ging ihn nichts an. Das schien eine ganz gute Regelung zu sein. Und sein Auge schmerzte nicht, und die Haut tat ihm nicht weh, und seine Pfoten waren nicht aufgerissen – das kurze Nickerchen schien Wunder gewirkt zu haben.
Er erinnerte sich nicht mehr daran, was vor dem Nickerchen geschehen war. Etwas Schreckliches, so viel stand fest. Neben ihm lag etwas Mauriceförmiges, wie ein dreidimensionaler Schatten. Er starrte darauf hinab und drehte den Kopf, als er in dieser geräuschlosen Geisterwelt ein Geräusch hörte.
Neben der Wand bewegte sich etwas. Eine kleine Gestalt schritt über den Boden und näherte sich dem kleinen Haufen, der Gefährliche Bohnen war. Ihre Größe entsprach der einer Ratte, und sie schien mehr
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