Mayabrut (German Edition)
drängte sich genau dieses Wort in ihm auf. Sofort flackerten in seinen Erinnerungen die Vampirfilme mit Christopher Lee auf. Unzählige Male hatte er sie sich mit seinem Bruder Juan angeschaut und oft hatten sie dann die gruseligsten Szenen nachgespielt, wobei seine Lieblingsrolle die des blutdürstigen Grafen war.
Und nun saß er hier neben solch einem blutsaugenden Fürsten der Nacht und servierte ihm Menschenblut aus Folienbeuteln, während eines seiner Opfer zitternd hinter ihrem ehemaligen Peiniger stand.
Es wurde Zeit, mit der Befragung zu beginnen, denn er musste Sutin Ergebnisse mit nach oben bringen. Außerdem war er selbst gespannt, was Akälajaw erzählen würde. Zu seiner Erleichterung schien dieser in Redelaune zu sein, denn auf seine Frage nach seinem Ursprung und dem der Talbewohner ergoss sich über ihn ein Redeschwall, dem er nicht einmal ansatzweise zu folgen vermochte.
Dies würde aber kein Problem sein, da zum einen Chola als Dolmetscher dabei war und zum anderen Akälajaws Äußerungen per Videotechnik aufgezeichnet wurden.
Während der Alte seine Geschichte erzählte, übersetzte gleichzeitig Chola Akälajaws Bericht. Auch die anderen konnten nun oben ihren Worten folgen, vor allem der Russe würde gebannt auf den Riesen-TV schauen und jedes ihrer Worte einsaugen. Als Extrakt ergab sich aus Akälajaws Lebensgeschichte Folgendes:
Die Herren der Unterwelt hätten ihn und die Vorfahren der Talbewohner vor Jahrhunderten erschaffen und an die Oberfläche gesandt, um eine schützende Pyramide über dem Eingang ihres Reiches zu errichten. Er sei damals zu ihrem Diener erwählt worden, der sie regelmäßig mit Nahrung versorgen musste; dafür hätten sie ihm ein Leben ohne Alter und Krankheit verliehen. Allerdings musste er für diesen Bund seinen rechten Arm opfern, dieser liege noch immer im Schlund von Xibalba …
Hier hakte er nochmals nach, indem er den Alten fragte, wie er denn seinen Arm verloren hätte. Nach kurzem Zögern gab Akälajaw folgende Version von sich: Die Herren der Unterwelt hätten ihn in Xibalbas Schlund zum Kristall des ewigen Lebens gesandt. Diesen sollte er den Herrn von Xibalba bringen. Der sei aber so groß gewesen, dass er ihn nicht umfassen konnte. Vergeblich hätte er versucht, ihn anzuheben. In diesem Augenblick sei der Kristall von seinem Stamm gebrochen und mit ihm zu Boden gefallen. Dabei habe ihm der Stein den rechten Arm abgetrennt. Er wäre verblutet, wenn ihm die Herren der Unterwelt nicht eine zweite Haut geschenkt hätten. Diese überzog nach seinen Worten innerhalb von wenigen Tagen seinen gesamten Körper und seitdem beschützte diese zweite Haut ihn vor Krankheit und Alter.
Ungeduldig fragte er Akälajaw nun direkt nach seinem Alter.
„Jay-p’ejl a-jabilel?“
Akälajaw überlegte eine Weile, dann richtete er sich auf und schaute sich im Dunkeln um. Er griff nach einem spitzen Etwas und plötzlich erkannte Cara, das es genau so ein Smaragddolch war wie der, den er von Sutin geschenkt bekommen hatte. Bedächtig ritzte Akälajaw etwas in das Holz des Tischchens, das neben seiner Liegestatt stand. Fasziniert beobachtete er, dass der Alte zunächst drei Linien übereinander einkerbte. Darauf bohrte er über der Obersten drei Punkte nebeneinander hinein und äußerte, dass dies sein Alter gewesen sei, als ihn die Herren der Unterwelt zum Zauberkristall sandten.
Es waren die Zahlzeichen der Maya, die Akälajaw in das Holz geschnitzt hatte. Verwundert errechnete er den Wert 18. Und nun kerbte Akälajaw weitere Zahlenkolonnen in den Tisch. Als er fertig war, tippte er mit seinem Dolch darauf und meinte, dass dieser Wert seinen jetzigen Lebensjahren entspreche. Mehrmals rechnete Cara das Punkt- und Strichgewirr durch und kam immer wieder auf dasselbe Endergebnis – 1210 Jahre.
Verwundert blickte er zu dem Alten und dieser lächelte, ja anders konnte man dieses leichte Anheben der kaum sichtbaren Oberlippe nicht nennen. Er beteuerte Cara nochmals, dass der kleinere Wert das Lebensalter angebe, an dem ihn die Herren der Unterwelt zum Kristall des ewigen Lebens gesandt hätten. Der größere Zahlenwert aber entspreche seinem heutigen Alter.
Ungläubig nickte Cara. Um sein Misstrauen zu überspielen, fragte er ihn nach dem Verbleib des Zauberkristalls. Akälajaw lächelte und hielt ihm den Dolch vor die Augen, dann erzählte er weiter: „Die Herren der Unterwelt waren äußerst erzürnt, als ich ihnen von dem zersprungenen Zauberkristall berichtete.
Weitere Kostenlose Bücher