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mayday mayday ... eastern wings 610

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Titel: mayday mayday ... eastern wings 610 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte der Bericht über diese Schweizer Musterkarriere begonnen …
    1991 – schon ein Jahr später zeigte sich, was in solchen Personaldokumenten als ›Auffälligkeiten im Leistungsprofil‹ bezeichnet wird. Diese Auffälligkeiten waren im Schweizerische-Volksbank-Bankbericht über Enslin ganz offensichtlich direkt aus dem Personalarchiv der Crossair übernommen worden.
    Seit September 1993 erlaubte sich Max Enslin häufige Dienstabwesenheiten, die von ihm nur ungenügend begründet wurden.
    Er leistete sich noch eine Menge mehr. Er hatte bei der Personalabteilung einen Kreditantrag in Höhe von vierhunderttausend Schweizer Franken gestellt, den er später, nach der Errichtung eines Hauses, in eine Hypothek umgewandelt haben wollte. Angesichts seines Dienstalters und seines Leistungsabfalls lehnte das Crossair-Management den Antrag ab.
    Auch im Dienst verletzte Enslin die Normen, die von einer Führungskraft in seiner Position zu erwarten waren. Er war häufig abwesend, tat sich mit dicken Autos hervor und versuchte Mitarbeiter der Werft wie der Verwaltung der Crossair für private Geschäftsprojekte zu werben. Vorhaltungen von Direktor Baumann, der in einem persönlichen Gespräch auf Enslin einzuwirken versuchte, zeigten keinen Erfolg.
    Aus diesen und ›einer Reihe von anderen Gründen‹ beschloß die Direktion im Einvernehmen mit der Personalvertretung, Enslin auf der Stelle zu beurlauben und das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum einunddreißigsten Dezember zu beenden.
    Eine Reihe von anderen Gründen? Welche?
    Von der McDonnell-Douglas-Lieferung war in dem Bericht kein Wort erwähnt. Auch nichts von dem Ausfall eines Autopiloten im Flug. Oder daß, wie Bernier erzählt hatte, die Geräte an den Hersteller zurückgesandt worden waren.
    Draußen wurde es heller.
    Nach dem endlosen Schlagen der Räder hatte der Expreß die Tunnelsüdausfahrt erreicht, und prompt stellte sich der Tessin-Effekt ein: ein strahlend blauer Himmel lachte den Reisenden entgegen.
    Brückner schloß die Augen. Wenn er eine Eigenschaft besaß, auf die er stolz war, weil sie ihm stets und fast ohne Fehler zur Verfügung stand, dann war es sein Gedächtnis. Ob Zahlen, Formen oder Textpassagen – nichts ging ihm verloren. Und auch jetzt wieder tauchten die Computerzeilen vor ihm auf:
    Am 23. November 1993 erteilte die Vereinsbank Zürich Max Enslin ein Baudarlehen in Höhe von 480.000 sFr. Dem Darlehen lag ein Eigentümernachweis im Raum Zürich zugrunde. Versuche von seiten Enslins, unter Beziehung auf ein von ihm im italienischen Ausland, in San Remo, geplantes Urbanisationsprojekt, das Kreditvolumen auf 1,2 Millionen zu erhöhen, wurden trotz der Hinweise auf einen der Bank bekannten libyschen Kapitalgeber, von der SVB abgelehnt.
    Von den zehn vertraglichen Tilgungsraten des erteilten Darlehens zahlte Enslin lediglich drei. Am 4.4.1994 beantragte die SVB ein Beitreibungsverfahren, worauf der Schuldner den Offenbarungseid anmeldete.
    Ein der Bank bekannter libyscher Kapitalgeber? dachte Brückner. Und die ganze Immobilienoper lief, während er bei der Crossair den Wartungsingenieur spielte?
    Vor dem Fenster war es dunkel geworden. Pechschwarz. Ab und zu huschte ein Licht vorbei. Der Gotthardtunnel …
    Der Zug erreichte um vierzehn Uhr fünfzehn Bellinzona. Brückner stieg aus, fragte sich zu einer Leihwagenvermietung durch und mietete einen blauen Clio. Dreißig Minuten später war er in Locarno, nahm sich im Hotel Reber ein Zimmer und zog sich Jeans, ein Flanellhemd und Turnschuhe an, um einigermaßen der Vorstellung vom Tessiner Touristenlook zu entsprechen. Dann nahm er wieder seine Karte und steuerte den Wagen in Richtung Südwesten, ins Maggia-Tal …

20. September , Aurigeno Ti , Ortszeit: 15 Uhr 20
    Das Dorf lag auf der anderen Seite des Flusses. Brückner hatte es bereits aus dem Studium der Karte entnommen. Doch als er nun den Wagen verlangsamte und hinübersah, war er beeindruckt: graue Häuser, bucklige Steindächer, die sich in die Schatten der Felswände drückten. Weiß Gott – ein uriges Versteck! Aurigeno schien aus zwei Ortsteilen zu bestehen: dem größeren, der sich um die Kirche gruppierte, und dem anderen, flußabwärts, der ärmlicher wirkte.
    Er fuhr über die Brücke, stieg aus und sah sich um. Kein Mensch zu sehen.
    Der Bergschatten hatte bereits die eine Hälfte des Dorfes geschluckt. Dabei war es noch ziemlich früh am Nachmittag. Die Häuser mit ihren meterdicken Mauern aus grauen Granitquadern wirkten

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