mayday mayday ... eastern wings 610
kleine holländische Windmühle. Die Kinderschaukel daneben war längst verrostet. Mr. Murrays Enkel schienen zu groß geworden zu sein. Brückner sah sich um. Einen Gartenzwerg konnte er nirgends entdecken.
Er setzte sich auf die grüngestrichene Gartenbank neben dem Tuffstein-Himalaya.
»Global Wings«, sagte er, »es wird langsam Zeit, Bruno.«
Bruno Konietzka nickte, setzte sich neben ihn auf die Bank und verfolgte mit den Augen ein paar Vogel, die in den Hortensienbüschen am Küchenbalkon spielten.
»Nun mach's nicht so spannend, verdammt noch mal.«
»Und du, sei nicht so nervös. Paß auf: Onofré Sanchez hat tatsächlich was herausgefunden. Und es wird nicht ganz einfach für ihn gewesen sein, das behauptet er wenigstens. Und ich nehm's ihm auch ab. Den Namen ›Global Wings‹ hattest du von diesem Zürcher, nicht wahr?«
»Enslin? Ich weiß nicht, ob er Zürcher ist. Jedenfalls hat er dort Geschäfte gemacht. Von ihm habe ich erfahren, daß Global Wings die gebrauchten Autopiloten geliefert hat.«
»Das paßt auch genau ins Bild. Global Wings handelt mit Elektronik. Und zwar nur im Ausland. Und dort wiederum, wo's heiß ist oder wo, wie nennt man das so schön in der Politik, die ›sensiblen Zonen‹ liegen. Hast du ein Verbot, hast du auch 'ne Menge Zaster, falls du weißt, wie man's umgeht.«
Brückner nickte. »Und der Chef des Ladens?«
»Ein Mann namens Lidell. Charles Lidell.«
»Gehört ihm die Firma?«
»Lidell ist wahrscheinlich Teilhaber. Teilhaber und Drahtzieher. Jedenfalls steht ziemlich viel Kapital hinter ihm. Onofrés Freund konnte das nicht genau sagen. Das Schärfste aber kommt noch: Lidells Firma ist von der FAA lizenziert. Er selbst – halt dich fest – war dort mal Abteilungsleiter.«
»Wie kam Onofrés Freund an die Informationen?«
»Ganz einfach. Er ist Einkäufer für eine karibische Gesellschaft. Und gleichzeitig ist er Vertreter für Global-Wings-Ware. Seine Kunden sind vor allem die Drogenkuriere der Kolumbianer. Und die haben Dollars wie Heu.«
Kolumbianer? Libyer? Ein Ex-FAA-Chef als Ganove? Brückner sah Mr. Edward F. Sullivan vor seiner amerikanischen Flagge sitzen, sein überlegenes Lächeln im Gesicht.
»Der Witz dabei ist, Lidell hält die Sache strikt geheim. Selbst in seiner eigenen Firma. Die Geschäfte werden im allgemeinen auf den Bahamas abgewickelt. Onofrés Kontaktmann konnte außer ihm nur einen Mann nennen, der Bescheid weiß: ein Typ namens Antonio Rosario, Lidells Mann fürs Illegale. Nach außen ist die Lidell Aircraft Corporation natürlich eine hochachtbare Firma mit einem ehemaligen FAA-Abteilungsleiter an der Spitze. Eine bessere Tarnung kann's ja gar nicht geben.«
»Also, so ist das?«
»Ja«, sagte Bruno, »so ist das. Und noch was habe ich erfahren: Sei vorsichtig! Mit Typen von dem Kaliber wie Lidell lohnen sich keine Scherze.«
Nun sah auch Brückner den Vögeln nach.
Er drehte den Kopf: »Kannst du mir den Le Mans heute nachmittag leihen, Bruno?«
»Genau so hab' ich mir das vorgestellt. Damit du zu Lidell fahren kannst, was?«
Brückner nickte.
»Kommt nicht in Frage. Da nimm mal schön ein Taxi.«
»Ich will mir den Laden ja nur mal ansehen, Bruno.«
»Na gut«, sagte Bruno, »Johnny, Rebekkas Bruder, hat einen VW Pick-up. Und der hat sowieso eine Falschnummer dran.«
Ruhe überall. Ruhe am Unicampus, selbst auf dem Dixie Highway krochen sie nur dahin. Die Leute saßen zu Hause beim Mittagessen.
Maria Rosario bog um den Park, kam am Farmers Market Drugstore vorbei und nahm die Auffahrt zur 57 th , die direkt zum Firmengelände der Lidell Aircraft Corporation führte.
Sie saß entspannt in ihrem Sitz, zufrieden, nein, schon beinahe glücklich. Wie auch nicht? Die zwei Stunden Mittagspause auf dem Little-Havana-Flohmarkt – ein einziger Hit! Juanito hatte ihr erlaubt, seinen Stand mitzubenutzen. Ihre alten Collegebücher, einschließlich der Noten des Seminars für klassische Musik, waren in einer Viertelstunde weggewesen. Irgendein pickliger Studententyp, der sie die ganze Zeit anschmachtete, hatte sie ihr für dreißig Dollar abgenommen, um sie dann auch noch zu einem Bier einzuladen. Ja, und dann ihre Aquarelle! Neun hatte sie mit zum Markt genommen: Inselmotive, was sonst, die gingen hier immer, aber auch abstraktes Zeug und dann noch zwei Ansichten von Santa Clara. Die wurde sie auch sofort los. Kuba-Landschaften, bei denen die Omas nasse Augen bekamen, zogen immer. Zwanzig Dollar das Stück hatte sie verlangt,
Weitere Kostenlose Bücher