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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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einmal bei
Kathy und Julia, um einerseits zu zeigen, dass sie um ihren Kummer wussten, und
um andererseits herauszufinden, ob sie sich nicht doch an etwas erinnern
konnten, das sie weiterbrachte. Carol hatte allerdings hinsichtlich beider
Absichten nicht besonders viel Hoffnung. Auch Sam war nicht im Büro. Als er
damit fertig gewesen war, Tim Parker einzuweisen, hatte sie ihn nach Worksop geschickt
zur Geschäftsleitung von RigMarole. Die Betreiber waren nicht gerade erfreut,
dass sie an einem Samstag kommen mussten, aber Sam hatte einen Durchsuchungsbefehl.
Sie sollten ihm die Schlüssel zu ihrem Reich übergeben, die Codes, die es
Stacey erlaubten, offiziell auf das Innerste ihres Systems zuzugreifen und zu
prüfen, ob es auf ihrem Server etwas gab, das die Identität des Mörders
verraten konnte. Sam würde auch die Akten einsehen, um zu überprüfen, ob es
dort Spuren gab. Es war nicht leicht gewesen, den Durchsuchungsbefehl zu
bekommen, Datenschutz war zu einem regelrechten Heiligtum geworden. Dieser Tage
war es fast leichter, in ein Schweizer Bankkonto Einsicht zu nehmen als in
manche Datensammlungen.
    Sie hoffte, dass einer ihrer
Mitarbeiter eine Spur finden würde, die es ihnen ermöglichte, dem Mörder
näherzukommen, und zwar bald. Es herrschte ja angeblich das Zeitalter der totalen
Überwachung. Aber dieser Täter schien in der Lage, den stets wachsamen Augen am
Himmel zu entgehen. Er sicherte sich ab. Und wachte über seine Tastenanschläge.
Sie hatte schreckliche Angst, dass er bereits dabei war, seiner Liste neue
Opfer hinzuzufügen.
    Carol wandte sich wieder ihrem
eigenen Monitor zu und rief die Obduktionsberichte auf. Vielleicht hatte Grisha
Erkenntnisse für sie. Ins Lesen vertieft, bemerkte sie nicht, dass Tim Parker
sich näherte, bis er schon in der Tür stand. »Hi«, grüßte er ganz unpassend
aufgeweckt und flott. »Ich dachte, ich sollte Ihnen vielleicht eine Kopie von
meinem Profil persönlich vorbeibringen. Ich habe es gemailt, aber Sie wissen
ja, doppelt gemoppelt hält besser.«
    »Das war schnelle Arbeit.« Wahrscheinlich zu schnell. Er legte es auf den Schreibtisch.
»Also, ich gehe in die Kantine und trinke einen Kaffee. Vielleicht könnten Sie
mich anrufen, wenn Sie so weit sind, es durchzusprechen?«
    »Das wäre gut«, sagte Carol. Zwei
Seiten, wie es schien. Kaum Zeit genug zum Kaffeetrinken, schätzte sie. Er
schaute erwartungsvoll sein Werk und dann sie an. Sie lächelte. »Na los, gehen
Sie nur.«
    Carol wartete, bis er das
Großraumbüro verlassen hatte, bevor sie sein Profil in die Hand nahm. Sie las
es langsam und sorgfältig, denn sie wollte sich nicht vorwerfen lassen, ihn ungerechtfertigt
abzukanzeln. Aber ihr nachdrücklichster Versuch, fair zu sein, konnte die
brennende Wut, die in ihr hochstieg, nicht ersticken.
    Es stand nichts drin, das ihr
eigenes Team nicht hätte ausarbeiten können. Alle hatten sich im Lauf der
Jahre durch die Arbeit mit Tony genug Grundkenntnisse angeeignet. Sie hätten
ihr all diese Selbstverständlichkeiten herunterleiern können, die Tim Parker
mit hochtrabenden Formulierungen ausgeschmückt hatte. Ein gut organisierter
Mörder. Weiße Hautfarbe, männlich. Fünfundzwanzig bis vierzig Jahre alt. Kommt
nicht gut mit seiner Homosexualität zurecht. Keine soziale Kompetenz. Lebt
allein oder bei der Mutter. Wohnt wahrscheinlich in Bradfield. Zu seinem
Vorstrafenregister könnten Brandstiftung, Grausamkeit gegen Tiere, leichte
Sexualstraftaten wie zum Beispiel unsittliche Entblößung gehören. Unregelmäßige
Beschäftigung.
    Alles war direkt aus den
Lehrbüchern abgeschrieben. Es gab nichts, was sie auch nur einen Zentimeter
weiterbrachte. »Herrgott noch mal«, stöhnte Carol. Sie nahm die beiden Seiten
und ging mit grimmigem Gesicht auf die Tür zu. Kevin bemerkte sie, als sie
kopfschüttelnd an ihm vorbeimarschierte. »Ist wohl Zeit für das Wunderkind, in
Deckung zu gehen«, rief Kevin ihr hinterher.
    »Ich mach's in der Kantine,
damit ich nicht in Versuchung komme«, erklärte Carol, ohne stehen zu bleiben.
Sie fand Tim auf einem Sofa in der hintersten Ecke der Kantine mit einem Cappuccino,
wo er den Guardian las. Als
sie näher kam, schaute er auf, aber als er ihren Gesichtsausdruck sah,
verschwand sein Lächeln. Carol ließ das Profil vor ihm auf den Tisch fallen.
»Das ist es also? Ist das das Ergebnis Ihrer teuren Ausbildung an der
Hochschule?«-Er sah so schockiert aus, als hätte sie ihn geohrfeigt. »Was
meinen Sie damit?«
    »Ich

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