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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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dafür dankbar sein sollte.
Warum sonst hätte sie all diese Zeit an ihm festgehalten? »Ich zieh schon mal meine
Thermounterwäsche an«, sagte er. »Es könnte eine ganze Weile dauern.«
    »Wir werden sehen.« Carol aß
die letzte Frühlingsrolle, lehnte sich zurück und wischte sich die Lippen mit
der Serviette ab. »Dann erzähl mal, wie du fast verhaftet wurdest.« Tony tat
ihr den Gefallen und trug bei den komischen Stellen etwas dicker auf, um sie
aufzuheitern. »Das Erstaunliche ist, dass sie meinem Profil trotzdem Beachtung
schenkten«, schloss er.
    »Ich wünschte, ich hätte das
Gesicht der Maklerin sehen können«, lachte Carol.
    »Sie schrie wie am Spieß«,
berichtete er. »Es war keine gute Erfahrung.«
    »Und der Besuch im Haus? War
das eine gute Erfahrung?« Tony neigte den Kopf nach hinten, als suche er eine
Eingebung an der Decke. »Ja«, antwortete er nachdenklich. »Ja, doch.«
    »Wie war es?«
    »Ein Zuhause«, sagte er. »Ein
Haus, in dem jemand behaglich wohnte. Nichts war da, weil er es zur Schau
stellen wollte, alles war da, weil es einfach das war, was er wollte und brauchte.«
Er seufzte. »Ich glaube, ich hätte ihn wahrscheinlich gemocht.«
    Carols Augen schimmerten
feucht vor Mitgefühl. »Es tut mir leid.«
    »Man kann nichts daran
ändern.« Tony lud Nudeln auf seine Gabel und schob sie sich in den Mund. Das
war keine schlechte Methode, um das Gespräch zu vermeiden. Carol war beunruhigt.
Sie hatte aufgehört zu essen und machte der Kellnerin ein Zeichen, dass sie
noch Wein bestellen wollte. »Ich habe einiges herausgefunden, während du weg
warst«, erklärte sie. Er hob fragend die Augenbrauen. »Dinge über Arthur. Warum
er wegging.«
    Tony hörte auf zu kauen. Sein
Essen schien sich plötzlich zu einem unglaublich großen Klumpen ausgedehnt zu
haben. Er zwang sich zu schlucken. »Wie hast du das rausgekriegt?« Und warum hast du das getan? Weil sie nicht anders konnte.
Weil sie die beste Kriminalbeamtin war, die er kannte. »Ich habe mit alten
Telefonbüchern angefangen und seine Firma entdeckt. Er war spitze, Tony. Er
entwickelte eine neue Methode, um chirurgische Instrumente zu galvanisieren. Er
patentierte sie und verkaufte dann die Fabrik an eine große Firma in Sheffield.
Er war erstaunlich.« Tony starrte auf seinen Teller hinunter. »Unten in
Worcester war er auch erfolgreich. Er hatte eine Fabrik dort. Er erfand immer
weiter neue Dinge. Und dann verkaufte er sie.« Er war sich der Zweideutigkeit
seines letzten Satzes bewusst. Er passte zu seiner ambivalenten Haltung Blythe
gegenüber. »Ich habe auch herausgefunden, warum er weggegangen ist«, berichtete
sie, kramte in ihrer Tasche und holte einen Ausdruck des Artikels aus dem Halifax and Huddersfield
Herald heraus.
Wortlos reichte sie ihm den Ausdruck und wartete, bis er gelesen hatte.
    »Verstehe ich nicht«, meinte
Tony. »Warum verließ er die Stadt? Er war doch das Opfer. Willst du damit
sagen, dass da noch etwas anderes dahintersteckt? Wurde er bedroht oder so
etwas?«
    »Nein, so etwas nicht. Laut
Vanessa ...«
    »Du hast mit Vanessa darüber
gesprochen? Carol, du weißt doch, wie ich dazu stehe, Vanessa in mein Leben
einzubeziehen.« Tony hatte die Stimme gehoben und zog die Aufmerksamkeit
einiger anderer Gäste im oberen Raum auf sich. »Ich weiß. Aber es gibt
niemanden sonst, den man fragen kann, Tony.« Sie fasste über den Tisch und
ergriff seine Hand. »Ich glaube, du brauchst Antworten. In Arthurs Bett zu
schlafen und in seinem Wohnzimmer zu arbeiten, damit wirst du nicht
herausfinden, was du wirklich wissen musst. Du kannst nur Frieden mit dir
selbst und mit ihm schließen, wenn du weißt, warum er weggegangen ist.«
    Tony war so wütend, dass er
nicht wagte, den Mund aufzumachen. Wie konnte sie so wenig Verständnis für ihn
haben? Hatte er sich all diese Jahre in ihr getäuscht und ihr Eigenschaften
zugeschrieben, über die sie nicht verfügte, nur weil er sich wünschte, sie möge
sie besitzen? Am liebsten hätte er sie angeschrien, um ihr zu zeigen, dass sie
zu weit gegangen war, dass sie unbefugt zu weit in seine Welt eingedrungen war.
Er wusste, dass er sie mit ein paar gut gewählten Sätzen verletzen und von
sich stoßen konnte. Und einesteils wollte er genau das. Einerseits wollte er
sie und ihre Mutmaßungen aus seinem Leben verbannen. Ohne sie würde er weiter
kommen und schneller und leichter unterwegs sein. Dann drang ein erschreckender
Gedanke durch seinen Zorn. Du klingst ja genau wie

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