McDermid, Val
Krankenwagen und die Sanitäter
gewartet, um sich bestätigen zu lassen, dass Ewan McAlpines Zustand es zuließ,
ihn unter Polizeibegleitung ins Bradfield Cross Hospital zu transportieren.
Dann hatten sie gewartet, bis Diane Patricks Hysterieanfall sich legte. Sobald
sie sie in Verwahrung genommen hatten, erholte sie sich so weit, dass sie einen
Anwalt verlangen konnte. All dies hatte Carol und Tony die Zeit gegeben, ihre
Strategie für die Vernehmung zu planen.
»Ich glaube, du solltest Paula
den Anfang machen lassen«, hatte Tony vorgeschlagen, ohne darauf zu warten,
dass er gefragt wurde.
»Ich sollte es machen. Weil
ich die Ermittlung leite. Das verleiht der Vernehmung einen höheren
Stellenwert. Und das verunsichert die Leute, egal ob sie unschuldig oder
zweifelsfrei Verbrecher sind.« Carol öffnete die Tür ihres Büros und rief:
»Hallo - irgendjemand da draußen? Wir brauchen hier Kaffee.«
Tony begann auf und ab zu
gehen. »Genau deshalb, weil du Ermittlungsleiterin bist, solltest du dich
zurückhalten. Diane Patrick hat ganz eindeutig bei diesen Verbrechen eine Rolle
gespielt. Sie ist vielleicht gezwungen worden. Aber sie kann sich auch aktiv beteiligt
haben. Wenn es so ist, dann wird sie sich darüber ärgern, dass sie nicht ernst
genug genommen wird, um von der Chefin verhört zu werden. Und wenn sie sich
ärgert, ist das gut. Das weißt du. Wir mögen es, wenn sie sich ärgern. Dann ist
es wahrscheinlicher, dass sie wenigstens zu einem Teil des Geschehens
auspacken.«
»Glaub mir, ich werde schon
Wege finden, sie zu ärgern«, versicherte ihm Carol.
»Wenn sie gezwungen wurde
mitzumachen, wird sie eher jemandem antworten, den sie nicht als Bedrohung sieht.
Mit anderen Worten: einem untergeordneten Vernehmer. Es ist eine Win-Win-Situation,
es erst mal Paula versuchen zu lassen. Ich sage ja nicht, dass du nicht auch
drankommst. Aber lass zuerst Paula mit ihr reden.«
»Setzt du dich jetzt mal hin?
Du machst mich ganz kribbelig mit deiner Rennerei«, ärgerte sich Carol.
Er ließ sich auf den nächsten
Stuhl fallen. »Es hilft mir beim Denken.«
Es klopfte an der Tür.
»Kaffee«, kündigte Kevin an. Carol öffnete, nahm ihm die beiden Tassen ab und
schubste mit der Hüfte die Tür hinter sich zu. »Ich werde einen Knopf im Ohr
tragen. Du kannst mir helfen, den richtigen Kurs einzuschlagen.«
»Du weißt, dass es niemanden
gibt, der das besser kann als Paula.«
Ihm war bewusst, dass er mit
dem Feuer spielte, aber es musste gesagt werden.
»Willst du damit sagen, dass
sie eine bessere Vernehmerin ist als ich?« Sie schob gereizt den Kaffee zu ihm
hinüber. Er fürchtete schon, sie würde ihm die Tasse gleich an den Kopf werfen.
Selten hatte er sie wegen
einer Verhaftung so nervös gesehen. Vermutlich, dachte er, weil Warren Davy
immer noch irgendwo da draußen herumlief.
»Wir haben hier keinen
Kompetenzwettbewerb, und das weißt du auch«, entgegnete er. »Du hast keinen
Grund, deine beruflichen Fähigkeiten anzuzweifeln. Dein Führungsstil hat dieses
Ergebnis möglich gemacht. Er funktioniert, weil du sie tun lässt, was sie gut
können, auch wenn du selbst diese Stärken ebenfalls hast.«
»Ich weiß nicht, was du
meinst«, protestierte sie, die Augenbrauen störrisch zusammengezogen und starr
geradeaus blickend.
»Nimm zum Beispiel Sam«, sagte
Tony. »Du weißt, dass er ein Einzelgänger ist. Du weißt, dass er nicht gern
teilt, weil er meint, er kann alles besser als alle anderen, egal worum es
geht. Er fällt den anderen in den Rücken, wenn er vermutet, dass es seine
Karriere voranbringt, aber nur, wenn er damit nicht die Ermittlung gefährdet.
Viele Ermittlungsleiter hätten Sam längst gefeuert, weil er nicht teamfähig
ist. Aber du behältst ihn im Blick. Du lässt ihn seine Stärken einsetzen.« Er
hielt inne mit einem Blick, der besagte: >Hab ich nicht recht ?<
»Natürlich tu ich das. Er hat überragende Fähigkeiten.«
»Das ist nur ein Teil des
Grundes. Der andere Teil ist, dass du etwas von dir selbst in ihm siehst. Etwas
von der früheren Carol Jordan, der Draufgängerin, die noch nicht ihr Potenzial
voll entwickelt hatte. Und so machst du es mit allen.« Er verzog das Gesicht.
»Na ja, vielleicht mit Stacey nicht. Aber du weißt, dass Paula eine großartige
Vernehmerin ist. Du weißt es, weil die großartige Vernehmerin in dir sie als
solche erkennt. Deshalb lass sie es machen, Carol.« Er sah die Skepsis auf
ihrem Gesicht. »Manchmal habe ich das Gefühl, ich mache hier
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