McDermid, Val
Mordversuch
unternommen oder Hochverrat begangen hat, und dies sind die einzigen Ausnahmen,
bei denen man sich nicht auf Nötigung berufen kann«, konterte Scott, die
stahlharte Schärfe ihrer Stimme perfekt abgestimmt auf ihren Gesichtsausdruck.
»Ich würde gern einen Schritt zurückgehen«, schlug Paula vor und blickte Diane
direkt an, die ihren Schlagabtausch anscheinend gar nicht wahrgenommen hatte.
»Wie fand Warren die Namen der Kinder heraus, die mit seinem Samen gezeugt
wurden?«
Diane konnte Paulas starrem
Blick nicht standhalten. Sie kratzte mit ihrem Daumennagel am Rand der
Tischplatte herum und blickte angestrengt auf ihre Hand hinunter. »Die HFEA
arbeitet mit einer Datensicherungsfirma zusammen, die ihre Sicherheitskopien
aufbewahrt. Wir sind eine kleine Community. Jeder kennt jeden. Warren fand
heraus, wer den Auftrag von der HFEA hatte, und hat sie im Grunde genommen
bestochen. Er sagte, wir würden die Erstellung der Sicherheitskopien
übernehmen, sie bei ihnen abliefern und ihnen die gleiche Summe zahlen wie die
HFEA. So bekämen sie die doppelte Bezahlung, ohne dafür zu arbeiten.«
»Und dort fragte man sich
nicht, warum Sie die Daten in die Finger bekommen wollten? Man hat sich
keinerlei Gedanken darüber gemacht, dass man vielleicht die Sicherheit gefährdete?«
»Wenn man mit jemandem aus der
Branche zu tun hat, gefährdet man damit nicht die Sicherheit.« Paula hielt das
für Quatsch und machte sich eine Notiz, dass sie darauf zu einem anderen
Zeitpunkt zurückkommen wollte. »Warren hat sich also in die Datenbank der HFEA
eingeloggt und Kopien gemacht?«
Diane kaute an der Nagelhaut
ihres Daumens. »Ich war es. Er dachte, sie würden gegenüber einer Frau nicht so
misstrauisch sein.«
»Sie haben sich also die Daten
angeeignet, aus denen sich ablesen ließ, wer Warrens Samenspende bekam?«
»Ich hatte keine Wahl«,
konterte sie halsstarrig. »Wir haben alle eine Wahl«, entgegnete Paula. »Sie
haben sich dafür entschieden, Ihre nicht wahrzunehmen, und jetzt sind vier Kinder
tot.«
»Fünf«, korrigierte sie Diane.
»Meinen Sie, das ist mir nicht klar?« Scott beugte sich zu Diane hinüber und
flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie nickte.
»Wussten Sie, was Warren
vorhatte, als Sie die Daten stahlen?«, fragte Paula.
»Ich konnte überhaupt nicht
klar denken damals. Ich war halb verrückt vor Kummer.«
»Wir müssen Warren finden,
Diane. Ehrlich gesagt, sollten Sie jetzt in erster Linie an sich selbst denken.
Wenn man es grundsätzlich als gemeinsam verübte Tat betrachtet - Ms. Scott
wird Ihnen das sicher gern erklären -, müssen Sie mit einer Anklage wegen
vierfachen Mordes rechnen. Ich kann Ihnen nichts versprechen, weil wir nicht
berechtigt sind, Deals auszuhandeln, auch wenn das im Fernsehen so abläuft.
Aber wenn Sie uns jetzt weiterhelfen, werden wir Ihnen später beistehen. Wo ist
er, Diane?«
Sie blinzelte und unterdrückte
die wieder aufsteigenden Tränen. »Ich weiß es nicht. Ich schwöre es bei Gott.
Wir sind seit sieben Jahren zusammen, und er ist nie einfach so irgendwohin
verschwunden. Er war immer nur geschäftlich unterwegs, und dann wusste ich, in
welchem Hotel er wohnte. Er hat sich bisher nie vor mir versteckt.«
»Was war heute Abend geplant?
Sollte er vorbeikommen, um Ewan zu töten?«
»Er hätte da sein sollen,
bevor ich losfuhr, um Ewan abzuholen. Er sagte mir, er werde auf jeden Fall
früh genug zurück sein. Als es Zeit war, Ewan abzupassen, wusste ich nicht, ob
ich fahren sollte oder nicht. Aber ich hatte Angst vor dem, was er tun würde,
wenn ich es vermasselte. Also fuhr ich los und holte ihn ab.« Fast lächelte
sie. Paula erkannte ihre Siegessicherheit. »Jetzt, da Sie alle auf der Farm
sind, wird er nicht kommen.«
»Er wird uns nicht sehen«,
erwiderte Paula. »Das denken Sie. Er hat alles beobachten können, was Sie heute
Nachmittag getan haben. Er hat Remote-Zugriff auf alle Kameras. Er wusste es,
sobald Sie auf das Tor zufuhren. Er wusste alles über den großen schwarzen
Polizisten, der am Sonntag gekommen ist, bevor ich ihm die E-Mail geschrieben
habe. Wo immer er ist, er ist Ihnen einen Schritt voraus.«
»Sie klingen, als würde Sie
das freuen«, sagte Paula. »Wenn Sie das denken, dann hören Sie nicht richtig
zu.« Es war das erste Anzeichen von Kampfgeist, das Diane zeigte, und es machte
Paula neugierig. »Wie steht's mit Familie? Eltern, Geschwister? Freunde?«
»Wir blieben immer für uns«,
antwortete Diane. »Mit seinen Eltern
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