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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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letzten Wochen der Schwangerschaft eingesperrt.
Ich habe das Kind zu Haus geboren. Er sagte, ich brauchte kein Krankenhaus,
Frauen hätten seit Generationen zu Haus entbunden. Und er hatte recht. Es ging
gut. Jodie, so nannte ich sie. Es war das Schönste, was ich je erlebt habe. Es
war alles, was ich mir je gewünscht hatte. Und dann nahm er sie mir weg und
legte die Hand über Mund und Nase, bis sie nicht mehr atmete.« Ihre Worte kamen
ruckartig und verzerrt heraus. Mit beiden Armen umschlang sie ihren
Oberkörper. »Er hat sie getötet. Vor meinen Augen hat er sie umgebracht.« Sie
begann, vor und zurück zu schaukeln, während ihre Finger sich in die Oberarme
krallten. Wieder wartete Paula ab, bis sich ihre Erregung gelegt hatte. Sie
wusste, Scott lauerte darauf, die Vernehmung wegen eines Fehlers von Paula
abzubrechen. Aber sie war entschlossen, der Anwältin keinen Vorwand zu liefern.
»Warum hätte er das tun sollen?«, fragte Paula, als Diane sich wieder gefasst
hatte.
    »Er hat etwas Schlimmes
gemacht. Ich weiß nicht, was es war. Er konnte es mir nicht sagen. Es hatte
etwas mit den Daten eines Kunden zu tun. Er hat etwas getan, und jemand kam zu
Tode.« Ihr Blick schien nach innen gewendet, als durchlebe sie etwas in der
Erinnerung erneut. »Und es war, als sei etwas in ihm zerbrochen.« Sie hielt Paulas
stetem Blick stand. »Ich weiß, das klingt komisch, aber so war es. Er sprach
immer davon, dass er das Böse wie ein Virus in sich trage. Und er sagte, meine Jodie
dürfte nicht leben und sein Virus an die nächste Generation weitergeben. Er
weinte, als er es tat.« Sie schlug die Hand vor den Mund und begann sich wieder
vor und zurück zu wiegen.
    Paula war darauf vorbereitet,
dass Diane alles auf ihren Partner schieben würde, besonders weil er durchs
Netz geschlüpft und nicht da war, um die Geschehnisse aus seiner Sicht zu
schildern. Deshalb war sie am Anfang skeptisch gewesen, aber im Verlauf der
Vernehmung schwanden ihre Vorbehalte. Diane Patricks Schilderung hatte eine
schreckliche Überzeugungskraft. Und sie war auf jeden Fall am Ende mit den Nerven.
Man konnte sich nur schwer vorstellen, dass dieser Zusammenbruch gespielt sein
sollte.
    »Mein Beileid«, sagte Paula.
»Aber ich kann Ihnen nicht mehr ganz folgen. Wie kam er von der Ermordung
seines eigenen Kindes zur Tötung all dieser Teenager?« Diane Patricks Gesicht
ließ pures Erstaunen erkennen. Es war so unverhohlen, dass Paula doch wieder
Zweifel kamen an der Aufrichtigkeit von Dianes bisherigem Verhalten. »Weil sie
auch seine Kinder waren. Wussten Sie das nicht?«
    »Woher hätten wir das wissen
sollen?«, fragte Paula. »Wir wussten, dass sie einen gemeinsamen Samenspender
hatten, aber wir konnten nicht herausfinden, dass das Warren war. Niemand
bekommt Zugriff auf diese Informationen. Nicht einmal Polizisten mit einem
Durchsuchungsbefehl.«
    Diane starrte sie an, offenbar
fassungslos.
    Paula lächelte. »Und das
bringt doch die Frage mit sich: Wie fand Warren heraus, wer sie waren?«
    Ein langes Schweigen folgte.
Paula hätte wetten können, dass Diane abwägte, ob sie bei einer Lüge ertappt
werden könnte. Endlich sprach sie. Langsam, als taste sie sich voran. »Er hat
mich gezwungen. Er drohte, mich zu töten.«
    »Das habe ich verstanden, ja.
Er tötete Ihr Kind, und dann bedrohte er Sie. Es kam Ihnen nicht in den Sinn
wegzulaufen?«
    Diane stieß ein kurzes,
bitteres Lachen aus. »Das zeigt, dass Sie nichts darüber wissen, wie die
moderne Welt funktioniert. Wenn es um den Cyberspace geht, ist Warren einer der
Meister des Universums. Ich hätte vielleicht abhauen können, aber niemals mich
verstecken. Er hätte eine Möglichkeit gefunden, mich aufzuspüren.«
    »Aha, aber jetzt reden Sie
doch«, bemerkte Paula. »Ja. Aber Sie werden ihn ja festnehmen und von mir
fernhalten«, stellte Diane klar und war zum ersten Mal während der ganzen
Vernehmung völlig ruhig. »Und wo ist er jetzt? Wie kommen wir an ihn ran?«
    »Ich weiß es nicht. Seit dem
ersten Mord hat er keine Nacht mehr zu Haus verbracht.«
    »Sie haben meinem Kollegen
erzählt, er sei auf Malta.« Diane blickte zu ihrer Anwältin hinüber. »Ich hatte
Angst«, antwortete sie.
    »Sie haben meine Klientin
gehört«, erklärte Scott. »Sie fürchtete um ihr Leben. Ihr Handeln ergab sich
aus der Nötigung.«
    »Nötigung ist keine
Rechtfertigung für Mord«, erwiderte Paula.
    »Und bis jetzt hat niemand
behauptet, dass meine Klientin einen Mord begangen, einen

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