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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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mit Ihnen unterhalten«, versicherte Tony, und seine
Stimme klang warm und vertrauensvoll. »Vielleicht könnte ich Sie zu einem Bier
einladen?«
    »Er bekommt Ärger, was? Unser
Warren?« Carr wirkte besorgt, aber nicht überrascht. »Ich will Sie nicht
anlügen. Es sieht so aus.« Bill blies die Backen auf und stieß die Luft aus.
»In letzter Zeit ist er ganz anders gewesen. Als würde ihn etwas bedrücken.
Ich dachte, es wäre die Firma, wissen Sie? Eine Menge Leute kommen dieser Tage
ins Schleudern. Aber er hat nicht mit mir darüber geredet. Wir hatten keinen
engen Kontakt.«
    »Kommen Sie und trinken Sie
trotzdem ein Bier mit mir«, bat Tony freundlich. »Wo gibt's hier 'n gutes
Lokal?« Die beiden Männer gingen schweigend in eine Eckkneipe, die früher
einmal ein Wirtshaus für Arbeiter gewesen war, jetzt aber ein Paradies für Guardian-Leser darstellte. Tony vermutete,
dass sie in den siebziger Jahren von einer Brauerei entkernt und erst kürzlich
in diese unechte Imitation der alten Kneipe mit gescheuerten Holzböden und
unbequemen Bugholzstühlen umgewandelt worden war. »Später ist es voller
Scheißstudenten, aber zu dieser Tageszeit geht's noch«, schimpfte Carr, während
sie am Tresen lehnten und von ihrem ganz passablen Bier aus einer
Kleinbrauerei mit einem lächerlichen Namen tranken.
    »Sind sie schon lange
zusammen, Diane und Warren?«, erkundigte sich Tony.
    Carr dachte einen Moment nach,
und dabei lugte seine Zungenspitze aus dem Mundwinkel. »Muss jetzt sechs oder
sieben Jahre sein. Sie kannten sich schon vorher, es war eine von diesen
Geschichten, die langsam in Gang kommen, 'ne Weile vor sich hin schwelen,
wissen Sie?«
    Tony kannte sich gut aus mit
nur langsam voranschreitenden Beziehungen und schwelenden Feuern, aus denen
manchmal überhaupt keine Flamme emporloderte. »Es hat bestimmt geholfen, dass
sie die Firma zusammen betreiben«, vermutete er.
    »Ich glaube nicht, dass unser
Warren eine Beziehung mit jemandem haben könnte, der nicht bis zum Hals in
Computern steckt. Es ist das einzige Thema, über das er redet. Seinen ersten
Computer bekam er, als er noch in der Grundschule war, und er hat nie mehr
etwas anderes gewollt.« Er nahm einen Schluck Bier und wischte sich mit dem
Handrücken den Schaum von der Oberlippe. »Ich seh es so: Er hat Köpfchen
abgekriegt und ich das gute Aussehen.«
    »Kommen sie gut miteinander
aus, Diane und Warren?«
    »Sieht so aus. Wie gesagt, ich
treff die beiden eigentlich nicht so oft. Wir haben nicht viel gemeinsam,
wissen Sie? Warren interessiert sich nicht mal für Fußball.« Carr klang, als
sei das definitiv krankhaft.
    »Ich bin Fan von Bradfield
Vic«, sagte Tony. Das führte zu einer längeren Unterhaltung, in deren Verlauf
Manchester United, Chelsea, Arsenal und Liverpool ihr Fett abbekamen. Und an
deren Ende es Tony gelungen war, Carr als Kumpel zu gewinnen. Während sie ihr
zweites Bier schlürften, sagte er: »Aber sie haben keine Kinder.«
    »Haben Sie Kinder?« Tony
schüttelte den Kopf.
    »Ich hab zwei, mit meiner Ex.
Ich sehe sie jedes zweite Wochenende. Sie fehlen mir. Aber man muss zugeben,
dass das Leben einfacher ist, ohne sich an sieben Tagen rund um die Uhr mit
ihnen abzugeben. Warren hätte das nie geschafft. Er brauchte seinen Freiraum,
und das ist etwas, was man mit Kindern nicht hat.«
    »Zu viele Leute schaffen sich
Kinder an und wundern sich dann, dass man tatsächlich etwas mit ihnen machen
muss.«
    »Genau«, stimmte Carr zu und
tippte mit dem Finger auf den Tresen, um seine Worte zu unterstreichen. »Warren
ist intelligent genug, um klar zu sehen, dass das nichts für ihn ist. Und
deshalb hat er sich gut dagegen abgesichert.«
    »Wie meinen Sie das?« Tonys
Antennen waren in höchster Alarmbereitschaft.
    »Er ließ eine Vasektomie
vornehmen, schon seinerzeit als Student. Damals haben wir uns öfter gesehen.
Hatte immer 'ne ganz klare Auffassung, wie sein Leben sein sollte, der Warren.
Er wusste, dass er intelligent war und gute Gene hatte. Aber weil er wusste,
dass er als Vater unbrauchbar sein würde, kam ihm die Idee, Samen zu spenden.
Er füllte diesen kleinen Plastikbehälter, nahm das Geld, und dann ließ er sich
die Samenleiter durchtrennen. Wie war das noch, was er damals gesagt hat? Ich
weiß noch, dass es hochgestochen klang ... Nachkommenschaft ohne
Verantwortung<. Das war's.«
    »Und er hat es nie bereut?«
    »Nicht dass ich wüsste. Aber
er hat nie gewagt, es Diane zu sagen. Sie war verrückt nach einem

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