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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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Übernachtung.«
    »Hat er oft bei Freunden
übernachtet, wenn am nächsten Tag Schule war?«, fragte Kevin.
    Kathy sah aus, als hätte sie
ihn am liebsten geohrfeigt. »Natürlich nicht. Wir sind keine laschen
Liberalen, die ihre Kinder alles tun lassen. Gestern Abend war eine Ausnahme.
Will und Seth sind große Grunge-Fans, und eine ihrer Lieblingsbands war live
im Internet zu sehen. Wir haben ihnen erlaubt, den Abend zusammen zu verbringen
und es sich gemeinsam anzuschauen.« Ihr schien der Atem zu stocken, und sie
hustete hilflos. Als sie sich erholt hatte, waren ihre Augen feucht, ihr
Gesicht war vom Blutandrang gerötet, und sie keuchte: »Was für ein toller Spaß.«
    Julia legte einen Arm um sie
und lehnte den Kopf an ihre Schulter. »Es ist okay, Kathy. Es wird schon gut.«
    »Fällt Ihnen sonst jemand ein,
den er hätte besuchen oder mit dem er sich hätte treffen können?«, erkundigte
sich Carol. »Nein«, seufzte Kathy müde. »Wir haben seine anderen Schulfreunde
schon alle gefragt, aber niemand hat ihn seit gestern Nachmittag gesehen.«
    Carol überlegte, ob es eine
taktvolle Möglichkeit gab, das Thema der leiblichen Vaterschaft anzusprechen,
und ihr wurde klar, dass es keine gab. Aber das Thema musste trotzdem
angeschnitten werden. »Und sein Vater?«, fragte sie. »Er hat keinen Vater«,
erwiderte Kathy, aber ihre Mattigkeit entschärfte die offensichtlich
aufkeimende Gereiztheit angesichts dieser Frage. »Er hat zwei Mütter. Ende der
Geschichte.«
    »Seth wurde durch künstliche
Befruchtung mit Hilfe einer Samenspende gezeugt«, erläuterte Julia und legte
den Arm fester um ihre Partnerin. »Damals in den Tagen, als die Samenspender
noch anonym waren. Wir wissen über den Spender nur, dass er eins achtzig groß
und schlank war, dunkle Haare und blaue Augen hatte.«
    »Danke, dass Sie das geklärt
haben«, sagte Carol lächelnd. »Mehr erfährt man nicht?«, fragte Kevin. »Ich
dachte, man bekäme so eine Art detailliertes Porträt. Was er von Beruf ist,
welches seine Hobbys sind, solche Dinge?«
    »Es ist von Klinik zu Klinik
unterschiedlich«, antwortete Julia.
    »Die, bei der wir waren, gibt
einem nur das absolute Minimum an Informationen.«
    »Es gibt also keine
Möglichkeit, dass ein Kind seinen Vater finden und mit ihm Kontakt aufnehmen
könnte?«, fragte Kevin.
    »Er heißt Spender, nicht
Vater. Nein, es ist komplett anonymisiert. Nicht einmal die Klinik kennt den
Namen des Spenders. Nur seine Codenummer«, sagte Julia. Ihre Geduld war jetzt
deutlich strapaziert.
    »Und warum sollte Seth das
tun? Er war nie neugierig in Bezug auf seinen Spender. Er hat zwei
Elternteile, die er liebt und die ihn lieben. Das ist mehr, als viele Kinder
von sich sagen können«, meinte Kathy jetzt ganz offen streitlustig. »Das ist
uns klar. Aber wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen»«
    »Einschließlich Homophobie«,
murmelte Kathy. Und an Julia gerichtet: »Ich hab dir ja gesagt, wie es sein
wird.« Bevor Carol antworten konnte, klingelte es an der Tür. »Ich geh schon«,
sagte Kathy und verschwand aus dem Zimmer. Sie hörten Stimmengemurmel, dann
kehrte Kathy mit Stacey Chen im Schlepptau zurück. »Noch jemand von euch.«
    »DC Chen ist unsere
IT-Expertin. Wir hätten gern Ihre Erlaubnis, Seths Computer zu untersuchen«,
sagte Carol. »Er ist in seinem Zimmer. Ich zeig es Ihnen«, bot Kathy sich an.
    »Ich muss noch kurz mit DCI
Jordan sprechen, wenn Sie uns entschuldigen würden«, sagte Stacey.
    Als Carol den Raum verließ,
hörte sie, wie sich Kevins Loyalität meldete. »Sie hat nicht die geringste
Neigung zur Homophobie«, betonte er. »Zwei in ihrem Team, zwei ihrer Kolleginnen,
mit denen sie sehr eng zusammenarbeitet, sind Lesben. Sie hat sie ausgewählt
und vertraut ihnen.« Na super, Kevin. Ich wette, das zieht bei Kathy
überhaupt nicht. Sie wird Paula und Chris für heuchlerische Schleimer halten. Carol schloss die Tür hinter
sich und sah Stacey mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Was Neues?«
    »Aber von der falschen Sorte.
Daniel Morrisons Computer zu Haus ist nicht ans Internet angeschlossen. Er
nutzt ihn nur für Spiele und Schularbeiten. Er hat ein Netbook für alles, was
er online macht. Und er nimmt es im Rucksack mit, wenn er außer Haus ist. Wir
haben also keine digitale Spur, an der wir ansetzen können.«
    »Und seine E-Mail-Adresse? Ein Account bei
RigMarole? Facebook?«
    Stacey zuckte mit den
Schultern. »Wir können vielleicht einiges zurückverfolgen. Aber er könnte

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