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McDermid, Val

McDermid, Val

Titel: McDermid, Val Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vatermord
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Sie entsprachen, so
vermutete er, den abzusuchenden Strecken, die Stacey nach ihrem Gespräch mit
den Experten
für Satellitenbilder an der Uni Bradfield vorgeschlagen hatte. Manche hatten
Taucheranzüge angelegt und Presslufttanks auf den Rücken geschnallt und waren
dann zu dem Schlauchboot mit seinem wulstigen schwarzen, aufblasbaren Rand
gegangen. Sam hatte keine Ahnung, wie sie die Suche durchführen würden. Er
hatte sich nie für Tauchsport interessiert, denn er sah keinen Sinn darin.
Wenn man tropische Fische beobachten wollte, konnte man sich eine DVD von David
Attenborough holen und musste sein gemütliches Wohnzimmer nicht verlassen.
    Der Tag hatte sich ereignislos
hingezogen. Die Taucher verschwanden unter der Wasseroberfläche, verständigten
sich auf für ihn unverständliche Weise über Funk mit dem Kontrollteam im
Begleitfahrzeug, kamen wieder nach oben und verschwanden woanders von Neuem.
Gelegentlich kehrte das Boot an Land zurück, und die Taucher tauschten die
Plätze mit einer anderen Gruppe. Sam fing langsam an, es zu bedauern, dass er
sich so eifrig um den Fall Danuta Barnes bemüht hatte.
    Aber dann, gegen Ende des
Nachmittags, wurde alles anders. Es war, so glaubte er, der fünfte
Taucheinsatz. Einer der übrigen Taucher kam zu seinem Wagen herübergelaufen
und machte ihm ein Zeichen, einen Kreis aus Daumen und Zeigefinger. Sam ließ
sein Fenster herunter. »Sieht aus, als hätten wir etwas gefunden, Kumpel«, rief
der Taucher erfreut. »Was für ein Etwas?«
    »Ein großes Bündel, in Plastik
verpackt. Unsere Jungs sagen, es ist an einen Sack gebunden, so etwas wie ein
Fischernetz, mit Steinen gefüllt.«
    Sam grinste. »Und wie geht's
jetzt weiter?«
    »Wir binden es an Stricken
fest, unterlegen es mit Luftkissen und heben es mit einer Seilwinde. Und dann
schauen wir mal rein.«
    Die Bergung schien ewig zu
dauern. Sam versuchte seine Ungeduld im Zaum zu halten, aber er konnte nicht
stillsitzen. Er ging am Ufer auf und ab, kletterte auf eine niedrige Klippe,
von wo er das Boot besser sehen konnte, das ein paar hundert Meter weg war.
Aber er war zu weit entfernt, um viel von dem erkennen zu können, was sich tat.
Endlich tauchte langsam ein schwarz verpackter Klotz von der Größe eines
Dixie-Klos auf, aus dem Wasser floss. »Mein Gott, das ist aber groß«,
kommentierte Sam laut, starr vor Staunen wegen der Anstrengungen des
Taucherteams, es an Bord zu ziehen, ohne dass ihr Boot kenterte.
    Der Motorenlärm platzte in die
Spätnachmittagsstille, und Sam lief zum holprigen Geröllhang des kleinen
Strands zurück, von dem aus sie gestartet waren. Die Spitze des Bootes schob
sich aufs Ufer, aber Sam blieb zurück, denn er wollte sich nicht unnötig die
Schuhe ruinieren. Fünf Männer mussten helfen, um das ständig kleiner werdende
Bündel aus dem Boot an Land zu hieven; sie taumelten auf den Strand und legten
es im Gras neben dem Begleitfahrzeug ab. Immer noch floss auf allen Seiten
Wasser in Strömen heraus. »Was jetzt?«, fragte Sam.
    Der Anführer des Taucherteams
zeigte auf einen seiner Männer, der aus dem Begleitfahrzeug eine Kamera holte.
»Wir machen Fotos. Dann schneiden wir es auf.«
    »Sie bringen es nicht vorher
an einen gesicherten Ort?«
    »Wir bringen es nirgends hin,
bis wir wissen, was der geeignete Ort sein könnte«, erwiderte er geduldig. »Es
könnten ja aufgerollte Teppiche sein oder tote Schafe. Da bringt es nichts, sie
zum Leichenschauhaus abzutransportieren, oder?« Sam, der sich dämlich vorkam,
nickte nur und wartete, während der Polizist mit der Kamera zwei Dutzend
Aufnahmen von dem triefenden Packen machte. Endlich trat er zurück, und einer
der Taucher zückte ein langes Messer und schlitzte das Bündel auf. Als er die
Plastikplane wegzog, hielt Sam den Atem an.
    Das restliche Wasser rann
herunter. In der schwarzen Plastikplane waren drei große Bündel, die in
Klarsichtfolie gehüllt und mit Isolierband verklebt waren; aber durch die lange
Lagerzeit und das Wasser war die Folie undurchsichtig geworden.
    Sam hatte Danuta Barnes und
die fünf Monate alte Lynette erwartet. Das hier war eindeutig mehr, als das,
womit er gerechnet hatte.
     
    Obwohl Tony vermutlich Carols
Bezeichnung als verlorener Junge nicht geschätzt hätte, lag sie doch gar nicht
so weit daneben. In der Stunde, die vergangen war, seit Alvin Ambrose seinen
mit so viel Mühe beschafften Papierstapel abgegeben hatte, war Tony kaum in der
Lage gewesen, zwei Gedanken aneinanderzureihen. Das Paar im

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