McDermid, Val
Straßen weiter ein sehr nettes Pub, wo wir einen
kleinen Erfrischungstrunk zu uns nehmen können, während ich zusammenfasse, was
ich für Sie habe. Ist das in Ihrem Sinne?« Carol musste sich anstrengen, ein
Lachen zurückzuhalten. Sie fühlte sich in eine alte Fernsehserie der BBC über
Exzentriker aus Yorkshire versetzt. »Das würde mir durchaus entgegenkommen,
Mr. Miles.«
»Nennen Sie mich doch Alan«,
bot er mit einem schelmischen Blick an. Trüge er einen Schnauzbart, dann hätte
er bestimmt die Enden gezwirbelt, dachte Carol, während sie zu ihrem Wagen
vorausging.
Er saß steif auf dem
Beifahrersitz, eine Bohnenstange von einem Mann, der sich zur
Windschutzscheibe vorbeugte, damit er besser sehen konnte, wohin sie fuhren. Er
dirigierte sie durch eine verschachtelte Folge von Einbahnstraßen, dann ließen
sie die Innenstadt hinter sich und fuhren eine steile Straße hinauf, die von Reihenhäuschen
mit Steinfassaden gesäumt war. Etwa auf halber Höhe des Hangs bogen sie in ein
Labyrinth schmaler Straßen ab. Nach der letzten Biegung befanden sie sich in
einer Sackgasse. Auf der einen Seite sah Carol eine Reihe von
Backsteinhäusern, die direkt an die Straße grenzten. Gegenüber stand die
Seitenmauer von etwas, das wie die Lagerhalle einer kleinen Fabrik aussah.
Offensichtlich war es kein neueres Gebäude, denn es war aus Stein mit einem
Schieferdach. Jenseits davon befand sich ein kleiner Hof für Fahrzeuge, der am
hinteren Ende von einem hohen Maschendrahtzaun begrenzt wurde. Auf einem
Metallschild stand: Nutzfahrzeuge - Yorkshire. »Hier, sehen Sie«, sagte Miles.
»Das war das Firmengelände von Blythe und Co, Metallspezialanfertigungen. «
Es war schwierig, sich von
einem so banalen Gebäude beeindrucken zu lassen, aber es war doch ein
wirklicher Schritt voran auf ihrem Weg. »Das ist ja allerhand, Alan. Zu sehen,
dass das noch steht.« Wenn er wollte, konnte Tony diese Fahrt machen und seine
Phantasie eine Zeitreise unternehmen lassen. Aber sie vermutete, er würde
darauf verzichten. »Was können Sie mir denn über die Firma und den Besitzer
sagen?«
»Sollen wir uns zur Gaststätte
begeben?«
»Aber mit dem größten
Vergnügen«, erwiderte Carol und fragte sich, wieso sie auch schon anfing, sich
so anzuhören, als sei sie im Fernsehen von Yorkshire. Bald werde ich noch Portwein
mit Zitrone bestellen.
Das Weaver's Shuttle stand in
einer Gasse an eine alte viktorianische Mühle gelehnt, die man zu einem
Wohnhaus ausgebaut hatte. Das Pub war einer Renovierung entgangen, die nackten
Steinwände und die niedrige Decke mit den Balken umgaben einen unerschütterlich
altmodischen Tresen, an dem Paare saßen und miteinander flüsterten und alte
Männer Domino spielten. Eine Gruppe Frauen mittleren Alters war in ein sehr
schickliches Dartspiel vertieft. Der Barkellner nickte Miles zu, als sie
hereinkamen. »N'Abend, Alan. Wie immer?« Er streckte die Hand nach einem großen
Bierglas aus und betätigte dann den hölzernen Griff eines Zapfhahns.
»Gerne. Was darf ich Ihnen
bestellen, junge Frau?« Miles nahm seine Mütze ab, und eine glänzende Glatze,
gesäumt von stahlgrauen Löckchen, kam zum Vorschein. »Lassen Sie mich das
übernehmen, Alan.« Carol lächelte. »Ich hatte an einen trockenen Weißwein
gedacht«, sagte sie, bezweifelte aber, dass der Wein die Klasse der Ales haben
würde, deren Logos auf den Zapfhähnen am Tresen prangten. »Ich habe heute
Abend einen südafrikanischen Sauvignon Blanc oder einen Pinot Grigio offen«,
antwortete der Barkellner. »Oder auch einen chilenischen Chardonnay, gekühlt.«
»Ich versuche den Sauvignon«,
entschied sie und merkte dabei, wie sehr sie danach verlangte, etwas zu
trinken. Es war eine Weile her, dass sie ihr erstes Glas mit etwas Alkoholischem
erst so spät am Tag zu sich nahm. Vielleicht war sie wirklich dabei, den Punkt
zu überwinden, an dem der Alkohol der einzige zuverlässig positive Faktor
ihrer Tage war. Noch etwas, das Tony gefallen könnte.
Als der Wein kam, stellte er
sich als kalt und kräftig heraus, duftete nach Gras und Stachelbeeren. Alan Miles
beobachtete sie aufmerksam, während sie den ersten Schluck nahm. Er gluckste
leise in sich hinein. Es gab kein anderes Wort dafür, dachte Carol.
»Wohl nicht das, was Sie
erwartet hatten«, meinte er.
»Das trifft auf so wenige
Dinge im Leben zu«, sagte sie, von seiner Offenheit überrascht.
»Wenn Sie das so sagen ... na
ja, schade, Miss Jordan«, erwiderte er. »Aber genug von uns.
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