McJesus
Peg.
»Das hoffe ich doch sehr«, sagte Dan.
Schwester Peg lächelte. »Ach ja, und vorhin sagte er, Sie sollten nicht so auf meine Kehrseite starren.«
Ojemine … Dan wurde plötzlich schwindlig. »Was? Nein, ich habe …« Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, es zu leugnen.
»Tut mir Leid, Schwester. Es war nur, weil Sie so dastanden, ich …«
»Es ist schon in Ordnung«, sagte sie mit ihrer süßen Stimme. »Solange Ihre Gedanken rein waren …«
Der Priester ist gefesselt, geknebelt und nackt bis auf die schäbige Unterhose. Er sitzt in einer schmutzigen Toilette auf dem WC-Becken. Auf seinem Schoß liegt ein zusammengerollter Tarnanzug. Durch das offene Fenster hinter ihm dringen Flugzeugabgase herein. Die feuchte afrikanische Hitze treibt ihm den Schweiß aus jeder Pore, und er fragt sich allmählich, ob das hier gottgewollt sein kann.
Der Dritte-Welt-Mann ist in der Toilette nebenan. Während er den steifen Kragen zurechtrückt, überlegt er, ob er den Priester töten soll, bevor er geht. Ein paar Tage zuvor hatte er mit einer Rotkreuzhelferin gesprochen, die Pater Michael kannte. Zunächst wollte sie nicht reden, doch als er anfing, ihr den Daumen abzuschneiden, sagte sie schließlich, was sie über Pater Michaels Verbleib gehört hatte.
Nun, nach einer anstrengenden dreitägigen Reise ist der Dritte-Welt-Mann am Flughafen von Addis Abeba, um nach Los Angeles zu fliegen. Während er am Flughafen wartet, kommt ihm der Gedanke, dass es für die Verfolgung des flüchtigen Pater Michael keine bessere Tarnung gibt als einen Priesterrock. Der nackte Mann in der Toilette nebenan war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.
Der Dritte-Welt-Mann ist fertig angezogen. Bevor er den Waschraum verlässt, zwängt er sich in die Kabine des schwitzenden Priesters und verriegelt die Tür. » Deine Gebete wurden erhört. Ich werde dich nicht töten. « Der Dritte-Welt-Mann hält die Bibel in die Höhe und posiert wie die Karikatur eines Missionars. » Nun kannst du schon mal anfangen, für Pater Michael zu beten. « Der Dritte-Welt-Mann verlässt die Toilette, indem er sich unter der Tür durchschiebt. Dann steht er auf und klopft sich den Schmutz von den Kleidern. Er wirf einen Blick auf sein Ticket. Sein Flug geht in einer halben Stunde.
Es war eine lange Nacht. Die vier Kinder, die nicht wussten, ob sie gerettet oder wieder entführt wurden, fürchteten sich, und nichts, was Peg oder Dan sagten, schien ihnen ihre Angst zu nehmen. Eng zusammengerückt saßen die Kinder in der Küche des Care Centers. Sie wussten nicht, wem sie trauen konnten, deshalb trauten sie niemandem. Schließlich hatte Schwester Peg eine Idee. »Pater, Sie und Ruben machen für die Kinder etwas zu essen«, sagte sie. »Ich bin gleich wieder da.« Einige Minuten später kam Schwester Peg in ihrer besten Nonnentracht in die Küche. Sie sah so anmutig und fromm aus wie eine Heiligenerscheinung. Die Kinder waren so erstaunt, als wäre die Muttergottes persönlich erschienen. Schwester Peg lächelte glückselig und küsste jedes Kind auf die Stirn. Mehr Beruhigung brauchten sie nicht.
Nach ein paar Käsesandwiches brachten sie die Kinder zu Bett. Schwester Peg legte zwei in ihr eigenes Bett, während Ruben und Dan das Sofa für die beiden anderen herrichteten. Schwester Peg schlief schließlich um drei Uhr morgens an ihrem Schreibtisch ein.
Zehn Stunden später saß sie immer noch an ihrem Schreibtisch und wünschte sich, Josie wäre da, um ihr den Rücken zu massieren. Sie verrenkte den Hals, bis es laut knackte – ein Geräusch, das befriedigender klang, als es war. Seit halb neun Uhr saß sie am Telefon und versuchte, für die Kinder Pflegestellen zu finden. Die Einzigen, die bereit waren, sie aufzunehmen, waren Gruppenheime, die bekanntermaßen nicht dem geltenden Standard entsprachen. Nur im äußersten Notfall würde Schwester Peg auf sie zurückgreifen, denn die Kinder dort unterzubringen war immer noch besser, als zuzulassen, dass sie auf der Straße wie eine Ware verkauft wurden.
In Kalifornien leben über 100.000 Kinder in Pflegestellen, mehr als die Hälfte davon im Bezirk Los Angeles. Zu den wenigen Dingen, die man sich in Los Angeles nicht wünscht, gehört auch, als Kind in die Obhut der öffentlichen Fürsorge zu geraten. Das Problem ist, dass es nicht genug qualifizierte Heimleiter gibt. Schwester Peg hatte in der L.A. Times über den Bericht einer Untersuchungskommission gelesen, in dem es hieß, einige
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