McJesus
noch nie gesehen, obwohl sie schon von solchen Dingen gehört hatte.
Mit heruntergelassenen Hosen blickte Pater Michael in die entsetzten Gesichter eines älteren Ehepaars, das seinen geparkten Wagen suchte. Der Mann hielt der Frau die Hand vor die Augen und führte sie rasch weiter.
Nachdem Dan und Michael unabsichtlich das verbreitete Klischee von der Abwegigkeit des Klerus gefördert hatten, beendeten sie ihren Kleidertausch und begaben sich zur Notaufnahme.
»Also«, sagte Dan. »Das Ganze ist ein Kinderspiel, okay? Und wenn es vorbei ist, kannst du zur Beichte gehen und dein Gewissen reinigen.« Dan wusste, dass es nicht ganz so funktionierte. Aber zum Teufel damit.
»Keine Sorge«, sagte Michael. »Ich werde mich nicht von dir unterscheiden.«
»So ist’s recht, Junge.« Dan gab ihm einen Klaps auf den Rücken. Sie betraten den Vorraum der Notaufnahme und gingen zum Aufnahmeschalter. In diesem Augenblick hatte Michael einen schrecklichen Krampf. Er presste die Hände auf den Unterleib und krümmte sich stöhnend vornüber. Dann brach er auf dem Boden zusammen.
Die Frau hinter dem Schreibtisch warf einen Blick auf Michael, zückte ein Formular und sah Dan fragend an. »Name?«, sagte sie ohne jede merkliche Regung.
»Jesus Maria!«, sagte Dan. »Holen Sie Hilfe!« Er bückte sich und schob die Hand unter Michaels Kopf.
»Und der Familienname?« Ruhig und beherrscht tat sie ihren Job auch bei einem Notfall. Ein Arzt, der zufällig vorbeikam, sah, dass sich ein Priester um den Mann auf dem Boden bemühte. Dank seiner Erfahrung wusste er, dass dies, gesundheitlich gesehen, ein schlechtes Zeichen war, und rief Hilfe herbei. Plötzlich erschien eine Menge medizinisches Personal, und Michael wurde eilends auf eine fahrbare Trage gehoben.
Die Frau am Schalter rief Dan zu sich. »Entschuldigen Sie, Pater, haben Sie diesen Mann eingeliefert?« Dan stand da und war völlig benommen von dem, was da so plötzlich passiert war. »Pater?«, wiederholte die Frau. Dan sah sie einen Moment an, bevor ihm klar wurde, dass mit dem »Pater« er gemeint war.
»Ja. Ja, er ist mein Bruder.«
»Ist er versichert?«
Nicht für das hier, dachte Dan. Noch bevor er sich etwas ausdenken konnte, um aus dieser voraussichtlich sehr unangenehmen und sehr kostspieligen Situation herauszukommen, hatte eine Krankenschwester Michaels Taschen durchsucht und hielt die Versicherungskarte in die Höhe. »Ja!«, rief sie. »California Life, Platinkarte.«
»Aber –« Dan konnte nur noch zusehen, wie Michael durch die Schwingtür geschoben wurde.
Die Frau von der Aufnahme kam hinter ihrem Schalter hervor und lächelte sogar. Sie legte den Arm um Dans Schulter. »Beruhigen Sie sich, Pater. Er ist versichert. Man wird sich gut um ihn kümmern. Aber ich brauche noch ein paar kleine Informationen.« Sie ließ ihn Platz nehmen und reichte ihm etliche Formulare. »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?«
Dan füllte die Formulare aus und ging dann in den Warteraum. Er las drei Ausgaben von Newsweek, zwei Entertainment Weekly’s und einen New Yorker, bis ein Arzt zu ihm kam.
»Ihr Bruder weist einige ungewöhnliche Symptome auf«, sagte der Arzt. »Schluckstörung, Hyperreflexie. Er könnte eine Infektion haben. Wir untersuchen das gerade.« Der Arzt wies zur Tür. »Sie können jetzt zu ihm, Pater, wenn Sie wollen. Aber nur für einige Minuten.«
Dan suchte sich den Weg zu Zimmer 605. Es war ein Zweibettzimmer dank Dans guter Versicherung. Michael lag im Bett.
Beide Arme waren an einen Tropf angeschlossen. Er teilte das Zimmer mit einem älteren, anscheinend komatösen Mann, der unter einem Sauerstoffzelt lag.
Dan trat an Michaels Bett. »Was zum Teufel geht hier vor?«
In seiner Stimme lag eine gewisse Schärfe. »Ich dachte, du bräuchtest nur eine Penicillinspritze.«
Pater Michael antwortete mit einem schwachen Schulterzucken. »Sie denken, dass mehr nötig werden könnte«, sagte er.
Dan warf einen Blick auf das Clipboard, das am Fußende des Betts hing. Er machte ein Geräusch, als würgte er mühsam etwas hinunter, als er seinen Namen auf der Patientenkarte las.
»Herrje, Michael! Das sollte eine kurze Angelegenheit werden, ein Pieks in den Hintern und basta. Als die hier gesehen haben, dass du gut versichert bist, haben sie jeden Spezialisten in diesem Krankenhaus hinzugezogen. Ich wette, du bist nicht einmal krank. Sie wollen doch nur eine hohe Rechnung schreiben.« Er klopfte Michael auf die Schulter. »Komm schon! Nichts
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