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McJesus

McJesus

Titel: McJesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Fitzhugh
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war seelisch so erweitert, dass er ganz kribbelig wurde. »Schwester, wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich jetzt gern nach meiner Mom sehen, und dann sollte ich mich vielleicht an die Arbeit machen.« Als er aufstand, bemerkte er die vielen unbezahlten Rechnungen in dem Papierwust auf Schwester Pegs Schreibtisch. »Wissen Sie, wo sie ist?«
    »Ich glaube, sie ist nach oben gegangen, um Karten zu spielen.«

III
    Jeden Tag verirren sich Menschen auf dem Weg zur Kirche und finden zurück zu Gott.
    LENNY BRUCE

9
    Ruth hielt ihre Karten dicht vor ihre Brust. »Okay, Saltzman.« Sie zeigte mit dem Finger auf ihn. »Legen Sie einen Dollar in die Kasse.« Er sah sie finster an und tat, wie ihn geheißen. Ruth warf einen Blick auf ihre Karten. »So, wer ist jetzt dran?« Sie blickte in die Runde ihrer Mitspieler.
    Die 66-jährige Mrs. Gerbracht saß links von ihr. Wie immer trug sie ihre schwarze hochtoupierte Lockenperücke, knallroten Lippenstift und einen Leopardenschal um ihren Pfannkuchenhals.
    »Mrs. Gerbracht, wir warten.«
    Mrs. Gerbracht studierte ihre Karten, als lägen sie auf einem Objektträger unter dem Mikroskop. »Ich denke nach.« Sie hatte den ganzen Vormittag trotz guter Karten verloren, jetzt hatte sie zwei Achten, aber sie traute ihnen nicht recht. »Ich passe«, sagte sie schließlich.
    Mr. Avery war der jüngste unter den älteren Bewohnern des Care Centers. Er trug ein sportlich kariertes Hemd und hatte so viele Sommersprossen, dass man in ihm unwillkürlich den Farmerjungen sah, der er vielleicht einmal gewesen war. Er war der Einzige am Tisch, der keine Brille trug. Nachdem er es riskiert hatte, nur eine Karte aufzunehmen, blickte er nun auf vier Kreuze und ein Pik. Er musterte seine ältlichen Gegenspieler und fragte sich, ob ihre Augen schlecht genug waren, dass er sein Blatt einen Flush nennen konnte. Er rechnete sich die Chancen aus, dann warf er sein Blatt auf den Tisch. »Scheiße«, war alles, was er sagte.
    Mrs. Zamora nickte beifällig. Sie saß neben Mr. Avery und hatte ihm schon die ganze Zeit in die Karten geschaut. Sie fand nicht, dass das geschummelt war, denn sie hatte bereits gepasst, und das, ohne eine Karte aufgenommen zu haben. Sie nahm sich einen Käsewürfel von dem Tablett auf dem Fernseher.
    Mr. Saltzman hob seine runzligen Augendeckel und sah Ruth an. Er versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen, aber ihre Miene verriet ihm gar nichts. Er knurrte mürrisch.
    »Sind Sie noch bei uns, Saltzman?«, fragte Ruth. »Schieten oder runter vom Pott.«
    Mr. Saltzman funkelte Ruth böse an. Mit dem weißen Stoppelbart in seinem hageren Gesicht sah er wie ein alter Goldsucher aus, der sich seit Tagen nicht mehr rasiert hatte. Er warf noch einmal einen Blick auf sein Blatt. Es war das beste, das er bis jetzt an diesem Vormittag gehabt hatte. Er fand, dass er spielen sollte. »Straight bis zum Buben«, sagte er, während er die Karten offen auf den Tisch blätterte.
    »Verdammt«, sagte Ruth, was Mr. Saltzman ein Lächeln entlockte. »Na, Mrs. Steele? Gehen Sie mit?«
    Ruth lachte leise. »Pustekuchen«, sagte sie. »Buben zählen mehr als Dreien.«
    Die anderen Frauen am Tisch jubelten und trommelten mit den Händen auf den Tisch. Mr. Saltzmans Gesicht hätte nicht saurer sein können. »Jetzt geht’s ans Bezahlen, Saltzman«, sagte Mrs. Zamora.
    »Und setzen Sie den Deckel auf«, sagte Mr. Avery.
    »Ja«, sagte Mrs. Gerbracht, »Sie müssen es mit dem Fes auf dem Kopf tun.«
    Mr. Saltzman, der bereits nur noch in Unterhosen dasaß, stand auf und funkelte jeden zornig an. Er hatte das Gefühl, dass man ihn betrogen hatte, aber weil er es nicht beweisen konnte, setzte er den Hut auf. Dann schob er die Daumen unter das ausgefranste Gummiband seiner Boxershorts, schob sie nach unten und offenbarte, dass er noch weniger ein Mann war, als einige geglaubt hatten.
    »Grundgütiger Himmel! Was machen Sie da?«
    Alle drehten sich um und sahen den Priester an der Tür stehen.
    Ruth musste zweimal hinsehen, bevor sie es glaubte. »Wir spielen Strip-Poker«, sagte sie. »Willst du mitmachen? Dein Kragen ist wahrscheinlich für zwei verlorene Spiele gut.«
    »Nein!«, sagte Dan. Noch nie hatte er etwas so Unerfreuliches gesehen wie diese fünf runzligen Leiber in verschiedenen Stadien der Nacktheit, und einer davon war seine Mutter.
    Mr. Saltzman deutete auf Ruth. »Ich glaube, sie betrügt«, brummelte er.
    Mrs. Zamora stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Hören Sie auf zu

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