McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
große, blutige Fleck auf Sloanes Hemdbrust sprang ihm regelrecht in die Augen.
McQuade fühlte den Puls des Banditen. Sloane lebte. Der Kopfgeldjäger holte seine Wasserflasche vom Sattel, schraubte sie auf, schob seine linke Hand unter den Kopf des Besinnungslosen, hob ihn etwas an und setzte ihm die Öffnung der Canteen an die trockenen Lippen.
Sloane begann zu schlucken, seine Lider zuckten, schließlich schlug er die Augen auf. McQuade zog die Hand mit der Flasche zurück. Ein Stöhnen entrang sich dem Banditen, er bewegte die Lippen, ein unzusammenhängendes Gestammel kam über seine Lippen, Speichel rann aus seinem Mundwinkel, Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn.
»War das Nelson?«
Sloane musste zweimal ansetzen, dann entrang es sich ihm. »Er – er versprach mir die Hälfte des Geldes, das er bei dem Bankraub erbeutet hat.« Das Sprechen bereitete dem verwundeten Banditen Mühe. Die Worte waren nur als kaum verständliche, gurgelnde Laute über seine bebenden Lippen gekommen. »Ich – ich habe ihm vertraut. Er – er knallte mir die Kugel ohne jede Vorwarnung in die Brust. Die Pest an den Hals …« Der Rest des Satzes verlor sich in einem unverständlichen Gemurmel. Sloane atmete rasselnd. Seine Hände, die neben seinem Körper auf der Erde lagen, zuckten unkontrolliert.
Das Gesicht des Banditen war vom nahen Tod gezeichnet. McQuade nagte an seiner Unterlippe. Die Fährte führte jetzt nach Südosten und verschwand über eine Anhöhe.
»Gib mir zu trinken«, röchelte der Sterbende. »Bitte …«
McQuade ließ den Banditen noch einmal trinken. Gefühl und Verstand trugen in seinem Innersten einen verbissenen Kampf aus. Das Gefühl sagte ihm, dass er den sterbenden Banditen nicht einfach hier liegen lassen durfte. Der Verstand hämmerte ihm ein, dass er keine Zeit verlieren durfte, wenn er die Spur des Mörders nicht verlieren wollte. Ein Zwiespalt war in ihm aufgerissen, schwer trug er an seiner Unschlüssigkeit.
Da bäumte sich Sloane plötzlich auf. Ein Schwall Blut brach aus seinem Mund. Er fiel zurück, stöhnte und sein Mund klaffte auf. Dann lag er still. Seine Augen brachen und das Gesicht drückte nur noch die endlose Leere des Todes aus.
Das Schicksal hatte einen blutigen Schlusspunkt unter ein unseliges Banditenleben gesetzt.
McQuade schraubte die Flasche zu und hängte sie an den Sattel. Er hatte keine Möglichkeit, den Toten zu bestatten. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als ihn den Aasgeiern zum Fraß zu überlassen. Es war das harte Gesetz der Wildnis. Fressen und gefressen werden …
Der Kopfgeldjäger saß auf und folgte der Spur. Und er schlug sein Nachtlager erst auf, als die Finsternis so dicht war, dass er kaum noch die Hand vor den Augen erkennen konnte.
*
McQuade ritt, seit ein heller Streifen über dem östlichen Horizont den Sonnenaufgang ankündigte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass Abel Nelson in die Gegend von Carrizo wollte. Der Kopfgeldhäger vertraute seinem Instinkt, verließ die Fährte, ritt etwa zwei Meilen nach Osten und wandte sich dann nach Süden. Er ließ das Pferd laufen. Das Tier war ausdauernd und zäh. Um es nicht zu verausgaben, ließ der Texaner es von Zeit zu Zeit im Schritt gehen, damit es sich erholen konnte. Er kam schnell vorwärts. Als die Sonne hoch im Zenit stand, rastete er eine Stunde, dann brach er wieder auf. Das Pferd hatte sich gut erholt und neue Energien geladen.
Die Meilen schmolzen unter den Hufen des Tieres. Am Abend hielt McQuade bei einem Bach an, ließ das Pferd saufen und anschließend weiden. Er aß etwas Pemmican und trank dazu Wasser. Ehe die Nacht so richtig hereinbrach, war er wieder auf dem Trail. Erst gegen Mitternacht hielt er an, um sich und dem Pferd ein Paar Stunden Ruhe zu gönnen …
Am frühen Nachmittag des folgenden Tages lag Carrizo vor ihm. McQuade ritt nicht in die Stadt hinein, sondern schlug auf der Kuppe eines Hügels zwischen dichtem Buschwerk sein Camp auf. Er wusste nicht, ob seine Entscheidung, die Spur zu verlassen und nach Carrizo zu reiten, die richtige war. Die Unsicherheit war quälend. Die Zeit verrann nur zähflüssig. Die Ungeduld in McQuade wuchs und brachte seine Nerven zum Schwingen. Die Unsicherheit verstärkte sich und bereitete ihm fast körperliches Unbehagen.
Die Sonne stand über dem Horizont im Westen. Nach und nach versank sie. Goldene und purpurfarbene Wolken begleiteten den Sonnenuntergang. Ein einsamer Stern schimmerte im Westen.
Es war ein Trugschluss,
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