Meade Glenn
Tom?«
»Nimm es als wohlgemeinten Ratschlag. Wir dürfen keine Fehler machen. Das können wir uns in dieser Situation nicht leisten.«
Collins schluckte die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, herunter und fragte stattdessen: »Was ist mit Kursk?«
»Wir müssen ihn im Auge behalten. Sollten ernsthafte Zweifel an seiner Loyalität aufkommen, muss ich ihn aus dem Team abziehen.« Murphy stand auf. »Du solltest dich auch ein paar Stündchen hinlegen. Du siehst echt beschissen aus. Ich ruf dich an, wenn es was Neues gibt.«
Murphy ging hinaus und schloss die Tür hinter sich. Collins zog die Jalousien vor seinem Bürofenster herunter. Er ärgerte sich über Murphys Rüffel, doch im Grunde hatte er ganz Recht.
Es ging ihm viel zu sehr um seine persönliche Rache, und vielleicht wurde sein Urteilsvermögen dadurch getrübt. Er war erschöpft. Mittlerweile war er seit über dreißig Stunden auf den Beinen, und die Schmerztabletten verstärkten die Müdigkeit, ohne seine Wut zu schmälern. Das Bild von Mohamed Rashid, der mit den beiden anderen im Explorer floh, entfachte seine Wut immer wieder aufs Neue. Er war dem Mörder seines Sohnes ganz nahe gewesen, und in letzter Sekunde war er ihm entwischt.
Collins sank auf seinen Stuhl. Seit fast vierundzwanzig Stunden hatte er sich nicht mehr bei Nikki gemeldet. Sie machte sich sicher Sorgen. Er hob den Hörer ab, um sie anzurufen, doch er konnte sich nic ht mehr gegen die Müdigkeit wehren und legte wieder auf. Als er seinen Kopf auf den Schreibtisch legte, klingelte das Telefon.
Washington, D.C.
14.00 Uhr
Nikki Dean parkte vor einem roten Backsteinhaus am Ecklington Place im Nordwesten von Washington.
Das Krisen-Kontrollzentrum der Polizei, das vor einem Jahr eröffnet worden war, lag in einem Industrieviertel in der Nähe der New York Avenue. Vor zwei Jahren hatte der Bürgermeister, Al Brown, den Vorschlag gemacht, städtische Behörden aus dem Innenstadtbezirk auszulagern. Der Umzug schloss die drei größten Polizeireviere Nord, Mitte und Ost mit ein. Die Anwohner sollten sich durch die Präsenz der Polizei in Arbeitervierteln mit hohen Verbrechensraten sicherer fühlen, und die Verbrechensrate sollte gesenkt werden.
Nikki hatte für die Post über die Eröffnungsfeier berichtet, und jetzt sollte sie in einer ersten Bilanz ermitteln, ob die Rechnung des Bürgermeisters aufgegangen war. Sie hatte um Viertel nach zwei einen Termin mit dem Polizeipräsidenten. Als sie ihren Toyota auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte, fiel ihr das rege Treiben vor dem Krisen-Kontrollzentrum auf. Uniformierte Polizisten und Agenten kamen und gingen. Sie näherte sich der Tür. Zwei junge Polizisten, die auf der Treppe standen, versperrten ihr den Weg.
»Können wir Ihnen helfen, Madam?«
Nikki zeigte ihren Presseausweis. »Ich habe um Viertel nach zwei eine Verabredung mit dem Polizeipräsidenten. Er erwartet mich.«
Die beiden Polizisten schauten sich an, gaben ihr den Presseausweis zurück und schüttelten die Köpfe. »Tut uns Leid.
Wir haben Anweisungen. Außer den Bediensteten darf niemand das Gebäude betreten.«
»Anweisungen von wem?«
» Nikki! «
Sie hob den Kopf und sah Brad Stelman, der die Treppe hinunterstieg. Er war ein großer gut aussehender Mann Ende dreißig mit blondem Haar und einem jungenhaften Grinsen. Seit kurzem leitete er die Pressestelle der Polizei. Bevor er mit diesem Job begonnen hatte, war er Reporter bei der Post gewesen . Nikki und er hatten in demselben Büro gesessen, und er hatte das Interview an diesem Nachmittag persönlich für sie arrangiert. Stelman küsste sie auf die Wange. »Wie geht es meiner Lieblingsjournalistin?«
»Ich bin leicht irritiert. Was geht hier vor, Brad? Ich habe einen Termin mit dem Polizeipräsidenten, aber diese Typen wollen mich nicht ins Gebäude lassen.«
Stelman wandte sich an die beiden Polizisten. »Schon okay.
Ich kümmere mich darum. Miss Dean ist eine alte Freundin von mir.« Er wandte sich ihr wieder zu. »Was hältst du von einem Kaffee? Da drüben ist eine Imbissstube. Wir könnten Kaffee trinken und plaudern.«
»Warum? Was ist los, Brad?«
Stelman lächelte sie an und ergriff ihren Arm. »Alles in Ordnung, Nikki. Kleine Terminänderung. Ich erzähl es dir beim Kaffee.«
Washington, D.C.
16.50 Uhr
Das Appartement war zwei Blocks von der FBI-Zentrale entfernt. Es bestand aus einer separaten Küche und einem Wohn-Schlaf-Raum mit einer Couch, einem Tisch, einem Fernseher und einem
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