Meade Glenn
sicher in seiner Tasche verstaut.
»Wie dumm von mir. Ich muß sie hier fallengelassen haben …
Da ist sie. Aber vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Der Kellner lächelte. »Keine Ursache, Señor.«
Hernandez ließ den Kellner mit dem Servierwagen vorbei.
»Ich sehe lieber noch einmal nach, ob ich nicht noch etwas vergessen habe.«
»Selbstverständlich, Señor.« Der Mann ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
Hernandez sah sich rasch in dem Zimmer um. Diese Männer waren Profis gewesen und hatten sicher darauf geachtet, nichts zurückzulassen. Dennoch durchsuchte er die Suite. Er wurde nicht fündig, ging hinaus und schloß die Tür hinter sich.
Dann holte er den Koffer aus seinem Zimmer und trat eine Minute später wieder auf den Flur hinaus. Er schloß die Zimmertür und sah, wie die Lifttür aufglitt.
Als die beiden Männer herauskamen, erstarrte Hernandez. Den Bruchteil einer Sekunde verharrten alle drei im Moment des Erkennens, eine Zeitspanne, in der Hernandez fühlte, wie sein Herzschlag aussetzte. Die beiden Männer zögerten und starrten ihn an. Es waren der Dunkelhaarige und der massige Leibwächter aus der Suite. Dann sah Hernandez, wie der Blonde ins Jackett griff – und darin einen Pistolenknauf.
Jesus Maria!
Der Journalist drehte sich um und hastete den Flur entlang zum Notausgang.
»Halt!« Während diese Aufforderung auf deutsch durch den Flur gellte, hörte Hernandez auch das Trappeln von Schritten.
Hernandez stürmte durch die Feuerschutztür und raste die Treppe hinunter. Der schwere Koffer knallte gegen die Wand und hielt ihn auf. Hernandez verfluchte das Gewicht und hörte, wie hinter ihm Schritte die Treppe herabhasteten.
»Alto! Alto!« Die Stimme brüllte jetzt auf spanisch, aber Hernandez blieb nicht stehen, sondern ignorierte den Ruf. Er wollte nur eins: sein Auto erreichen. Er nahm zwei, drei Stufen auf einmal, kam schnell vorwärts und verwünschte erneut den klobigen Koffer. Etwa zehn Sekunden später war er am Boden des Treppenhauses angekommen. Seine Lunge brannte, und seine Brust hob und senkte sich schwer unter seinen Atemzügen.
Er stieß die Türen des Notausgangs auf und stürmte nach draußen in die Dunkelheit. Dann blieb er zögernd stehen.
Jesus Maria!
Er hörte, wie hinter ihm die Männer geräuschvoll die Treppe herunterstürmten. Wenn er sie nicht rasch aufhielt, würde er seinen Wagen niemals erreichen. Er sah sich gehetzt um und entdeckte die Reihen von Metallmülltonnen. Er schnappte sich einen der Deckel, drehte sich um, warf ihn zu Boden und verkeilte ihn mit dem Fuß unter der Tür des Notausgangs. Dann lief er zu seinem Wagen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Hernandez erreichte den Buick in dem Augenblick, als Fäuste wie wild gegen die Metalltür hinter ihm schlugen.
»Sind Sie da, Werner? WERNER!« schrie eine Stimme auf deutsch und überschlug sich fast vor Wut.
Mit den Fäusten schlugen die Männer einen Trommelwirbel gegen die Türen, aber die Sperre hielt. Hernandez warf den Koffer in das Auto, sprang hinein und hörte, wie die Stimme hinter der Tür immer verzweifelter schrie.
»WERNER! MACH SCHON!«
Hernandez brauchte eine Sekunde, bis er mit seinen zitternden Händen das Zündschloß fand. Endlich glitt der Schlüssel hinein, und er drehte ihn um.
Der Motor blubberte einmal auf und erstarb.
Hernandez hatte das Gefühl, als würde ihm das Blut in den Adern gerinnen. Nein! Bitte nicht! Nicht jetzt! Bitte, spring an, bitte!
Er drehte den Schlüssel erneut und pumpte gleichzeitig mit dem Gaspedal. Er war schweißüberströmt und drehte den Schlüssel gerade ein drittes Mal, als ein ohrenbetäubendes Kreischen hinter ihm erklang: Metall schabte über Beton – die beiden Männer hatten die Tür geöffnet und taumelten hindurch.
Jesus Maria!
Unvermittelt sprang der Buick an. Hernandez gab Vollgas, und der Wagen schoß vor. Als er ihn zur Ausfahrt lenkte, sah er eine dunkle Gestalt auf sich zulaufen.
Ein Mann, etwa dreißig Meter entfernt. Er griff in seine Jacke und zog etwas heraus.
Werner … Das mußte dieser Werner sein …
Hernandez trat das Gaspedal bis zum Bodenblech herunter.
Während der Buick aufheulend beschleunigte, schaltete der Reporter die Scheinwerfer an und stellte den Hebel auf Fernlicht. Der Mann hob die Hand, um seine Augen vor dem unerwartet grellen Licht zu schützen. Die Waffe in seiner Hand glänzte auf. Die Aktion verschaffte Hernandez nur eine winzige Sekunde, aber das reichte. Der Mann sprang zur
Weitere Kostenlose Bücher