Meagan McKinney
umbringen!«
»Nein.«
»Bitte! Ich
möchte bei ihnen bleiben!« Sie legte ihm beschwörend die Hände auf die Brust.
»Ich wußte, daß Pete die Waffe hatte. Er hat sie mir gezeigt, als ich ihm
Essen gab. Ich bin also genauso schuld an der Sache. Wenn sie dafür bezahlen
müssen, muß ich es auch, Ich kann doch nicht zulassen, daß Kineson diese Männer
umbringt, weil ...«
»Nein«,
wiederholte er und stieß sie vor sich her.
»0 Gott,
bitte, Macaulay, bitte ...!« Das letzte Wort erstickte in einem erschreckten
Aufkeuchen.
Cain
schwankte plötzlich bedrohlich – und das alte Treppengeländer schwankte mit. Er
versuchte, sich daran festzuhalten, doch das morsche Holz gab nach. Christal
packte ihn gerade noch, bevor das Geländer krachend auf die Holzbohlen stürzte.
Durch ihren Schwung fiel er schwer gegen sie, doch irgendwie schaffte sie es,
seinen Körper, der doppelt so schwer war wie der ihre, aufrechtzuhalten.
Dann begann
er zu sprechen, und seine Worte kamen undeutlich und stammelnd. »Du verstehst
nicht, Christal ... du verstehst es nicht ... wir müssen das durchziehen. Die
Sache muß durchgezogen werden ...«
Christal
hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Er war ihr ein Rätsel. Er hatte sie davor
bewahrt, von der Gang geschändet zu werden, obwohl er selbst so tief in der
Sache steckte, wie es möglich war. War er ein Schuft oder ein Heiliger?
»Hörst du
... mir zu ... Christal?« flüsterte er. »Kineson ...«
»Ich nehme
mir Kineson vor ... du mußt nur weitermachen. Verdammt nochmal ... wir werden
alle sterben – versprich mir, daß du es durchziehst!«
»0 Gott, du
blutest so sehr ...« flüsterte sie, während sie die warme, klebrige
Flüssigkeit an ihrer Hand spürte. In ihrem Inneren schrie etwas, ihm nicht zu
helfen. Er war ein Outlaw, der letztendlich ihr Leben ruinieren konnte, aber
die Frau in ihr, die Lady, die für ein freundliches, sorgloseres Leben erzogen
worden war, konnte ihm die Hilfe nicht verweigern.
Ohne ihm
das Versprechen zu geben, führte sie ihn die Treppe hinunter und zu einem
wackligen Stuhl hinüber.
Sie zündete eine Laterne an, die von den Outlaws hier zurückgelassen worden
war, und griff unter ihr Kleid, um den letzten Unterrock in schmale Streifen zu
reißen. Dann begann sie, seinen Arm zu verbinden. Einmal versuchte sie dabei,
nach seiner Pistole zu greifen, in der Hoffnung, sie könnte die Gefangenen
über ihnen vielleicht doch verteidigen. Doch er hielt sie fest, wobei sein
Gesicht ausdruckslos blieb, entweder, weil der Schmerz zu stark war, oder weil
er nichts anderes erwartet hatte. Nach diesem gescheiterten Versuch verband
sie ihn weiter, als wäre überhaupt nichts geschehen, und so verstrich dieser
Augenblick in Schweigen, als wollte keiner von beiden ein Wort darüber fallen
lassen.
»Cain! Wir
haben Schüsse gehört!« bellte Kineson von der zerbrochen Schwingtür her. Er
hielt die Laterne hoch, um im Dämmerlicht des staubigen Saloons besser sehen
zu können.
»Marmet ist
tot.« Cain knirschte mit den Zähnen, als sie den Verband festzog, um die
Blutung endgültig zu stoppen.
»Was zur
Hölle ist passiert?« Kineson trat näher. Seine gefährlichen Augen waren auf
Christal geheftet, die ihr Bestes gab, um ihre zitternden Hände zu verbergen
und sich auf Cains Arm zu konzentrieren.
»Marmet
hatte mal wieder zuviel Whisky getrunken. Er war so besoffen, daß er mich
nicht erkannt hat. Er hat auf mich geschossen ... wahrscheinlich hat er mich
für eine der Geiseln gehalten. Ich hab' ihn abgeknallt.«
Ihre Hände
hörten auf zu zittern. Sie starrte Cain an, der ihrem Blick auswich.
»Verdammter
Idiot«, flüsterte Kineson kaum hörbar. Er schickte die Männer hinauf, um die
Leiche zu holen und eine Wache für die Gefangenen abzustellen.
Langsam hob
sich Cains Blick. bis er ihren traf. Sie wußte nicht, ob ihre Gefühle in ihrem
Gesicht abzulesen waren. Er war ein Schauspieler. Nach außen hin stellte er
den furchtbaren Revolverhelden Macaulay Cain dar. doch in seinem Inneren
steckte jemand anderes, jemand der Mitgefühl und Gerechtigkeit kannte. Jemand.
der ihr vielleicht sehr ähnlich war.
Sie hob
ihre Hand und berührte seine Wange. Fast flehend flüsterte sie: »Macaulay ...«
Doch er riß
den Kopf von ihrer Hand weg und unterbrach fast grob den Blickkontakt. Ohne
die Nähe noch einmal zuzulassen. stand er auf und bedeutete ihr mit einem
Nicken. zur Tür zu gehen.
Ein paar
Minuten zuvor. hätte er sie noch zwingen müssen. Nun gehorchte
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