Meagan McKinney
sich schon, was man tut –, benimmt sich aber gar nich'
gemein ...« Dixi warf Ivy einen Blick zu, die sich gerade ihre Tournüre
festband. Obwohl sie ihn noch brauchen konnte, war Ivys Arm leicht verkrüppelt
– das war schon so gewesen, als Ivy vor einem Jahr nach Noble gekommen war.
Sie jatte nur kurz erklärt, daß ein Mann ihn ihr gebrochen hatte, weil sie
angeblich etwas gestohlen haben sollte. Ivy beteuerte allen, daß sie noch nie
im Leben etwas unrechtmäßig genommen habe, und obwohl Faulty sie nur mit
Unbehagen angestellt hatte, hatte die Zeit für Ivy gearbeitet. Niemals hatte es
Ärger gegeben. Kein Kunde hatte sich je beschwert, daß ihm in Faultys Saloon
Geld abhanden gekommen war. Aber Ivys Arm blieb eine ständige Mahnung daran,
wie schlecht Männer Frauen aus ihrem Beruf behandelten.
Christal
musterte beide Frauen. Sie waren Kinder, wie alle anderen Prostituierten, die
Christal kennengelernt hatte. Sie wollten nur nett sein, und hofften im Gegenzug
verzweifelt, ebenso nett behandelt zu werden. Doch sie waren wie Lämmer auf der
Schlachtbank, waren Opfer ihrer Kunden und ihrer eigenen passiven Natur.
Christal blickte sich in Ivys Zimmer um, an dessen rohen Wänden Magazinausschnitte
von kleinen Amorfiguren und rosafarbenen Blumenherzen hingen. Das war typisch.
Diese Frauen machten sich Illusionen über die Liebe, die in ihrer Unschuld und
Zartheit erstaunlich waren. Für sie war die Liebe ein Märchen, etwas, nach dem
sie sich sehnten und von dem sie träumten, so wie von dem Ritter in der
glänzenden Rüstung, der sie vor all den bösen
Dingen rettete, die die Männer ihnen jeden Tag aufs neue antaten. Doch es war
eben nur ein Märchen. Christal wußte das besser als jeder andere. Ihr Ritter
in glänzender Rüstung war gekommen, aber anstatt sie zu retten, hatte er die
Lager gewechselt und sich in einen Schurken verwandelt – einen Schurken mit
einem Blechstern auf der Brust.
Christal
wandte ihren Blick wieder Ivy zu. Das Mädchen rieb sich gedankenverloren den
Arm, als würde er schmerzen. Sie alle hatten ein wenig Angst vor dem neuen
Sheriff. Sheriffs konnten alles bekommen, was sie wollten – sie besaßen Macht,
die sich leicht mißbrauchen ließ. Doch so viel sie – Christal – auch vor
Macauly zu befürchten hatte, so kannte sie ihn doch gut genug, um zu wissen,
daß er ihnen niemals körperlichen Schaden zufügen würde, und sie fühlte sich
bemüßigt, die Mädchen ein wenig zu beruhigen. »Ivy, Dixi ... ihr braucht euch
wegen ihm keine Sorgen zu machen«, sagte sie hastig. »Glaubt mir, ich weiß, daß
er euch niemals etwas tun würde.«
Ivy
runzelte die Stirn und starrte sie an. »Und woher willst du das wissen?«
Christal
hätte zwar am liebsten nicht geantwortet, aber sie wollte den beiden Frauen
auch die Angst nehmen. Schließlich gab es in ihrem Leben genug, wovor man sich
fürchten mußte.
Mit mehr
Gefühl, als sie eigentlich zeigen wollten, sagte sie: »Weil ich ihn schon
vorher kannte.« Der Ausdruck auf ihrem Gesicht mußte ihnen deutlich gemacht
haben, daß sie keine weitere Fragen beantworten würde. Beide starrten sie
schockiert und verblüfft an, dann beschäftigten sie sich plötzlich auffallend
intensiv mit dem Ankleiden.
Nach einem
Augenblick witzelte Dixi, um die Stim mung zu entschärfen: »Du glaubst also,
Sheriff Cain ist der Typ Mann, der auf der Türschwelle mit einem Sträußchen
Vergißmeinnicht herumlungert?«
Christal
hätte am liebsten laut gelacht. Macauly Cain war ganz sicher nicht der
Mann, der mit schwitzigen Händen und schüchterner Miene einer Frau einen
Strauß zarter Blümchen überreichte.
Dixi sprach
weiter. »Wie ich eben schon gelacht habe, er sieht verdammt gut aus, wenn er
auch nich' so hübsch ist' wie meine Babys, die aus der Umgebung herkommen.,
Wenn du ihn nich' haben willst, dann brauchst du nur 'n Wort zu sagen,
Christal. Ich glaub', mit so 'nem großen Bock wie ihm könnt' ich jede Menge
Spaß kriegen ...«
Christal
hatte die Bemerkung auf der Zunge, daß sie in dieser Hinsicht keinerlei
Interesse an Cain hatte. Doch ein seltsames Gefühl überkam sie plötzlich. Es
war ein bitteres, brennendes Gefühl, fast wie Eifersucht, und es verschloß ihr
den Mund. Sie mußte eine Närrin sein. Ihre Vernunft sagte ihr, daß es eine
gewaltige Dummheit wäre, es Dixiana nicht versuchen zu lassen, wenn diese
Macauly von ihr fernhalten wollte. Aber aus irgendeinem Grund kam ihr die
Erlaubnis nicht über die Lippen. Sie mußte sich nur
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