Meagan McKinney
widerlich. Wir hatten ein Abkommen. Du hast
versprochen, mir niemals zu folgen. Du hast es ver...«
»Alana!«
schnitt er ihr harsch das Wort ab. »Ich mußte es wissen. Ich konnte dich nicht
noch einmal weggehen sehen, ohne zu wissen, was dein Ziel ist. Ich mußte es
herausfinden.«
»Du
Lügner!« spuckte sie aus, als könnte das Wort allein ihn verletzen.
Seine Miene
wurde noch härter. »Ja, ich habe gelogen. Aber ich konnte nichts dagegen tun.
Ich mußte dir folgen.«
»Und was
wirst du jetzt mit deinem neuen Wissen anstellen? Wie willst du mir diesmal weh
tun?«
»Ich will
dir nicht weh tun!«
Panik
drohte sie zu überwältigen. »Nicht meine Schwester«, sagte sie so ruhig wie
möglich. »Tu Christal nicht weh. Ich tue alles, um sie zu beschützen – ich
gebe dir alles, was du willst, alles! Aber tu meiner Schwester nicht
weh!« Das letzte Bißchen des Schutzschildes löste sich in nichts auf.
Furchtbare Ideen, was er jetzt alles anstellen konnte, schossen ihr durch den
Kopf. Ihr Leben war ihr entglitten. Sie konnte nichts mehr in den Griff
bekommen. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und weinte hemmungslos.
Kaum spürte
sie seine zögernde Berührung. Als die Tränen nicht aufhören wollten, nahm er
sie in die Arme und hielt sie fest. Doch sie bemerkte es fast nicht. Zu
grausam schien nun Christals Schicksal, und sie spürte, daß sie aufgeben mußte,
daß sie am Ende war, besiegt und erledigt.
Minuten
verstrichen, bis ihre Tränen versiegten. Dann kehrte die Wirklichkeit Stück für
Stück in ihr Bewußtsein zurück, und sie bemerkte, daß sie in seinen Armen lag
und seine Hand steif über ihre Schulter strich. Einen Augenblick lang glaubte
sie an die Geborgenheit, die Sicherheit seiner Umarmung, doch dann stellte sich
ihr gesunder Menschenverstand wieder ein. Sie wußte, daß auch seine Umarmung
lügen konnte.
»Ich bin
nicht gekommen, um deiner Schwester etwas anzutun«, flüsterte er. »Ich will
dir helfen, wenn ich kann.«
Sie begann
wieder zu weinen und wandte sich schnell ab, damit er es nicht noch einmal
mitbekam.
Doch er war
einmal mehr schneller und weniger als sie. Er hielt sie fest und zog sie an
sich. »Sag mir, was ich für sie tun kann«, flüsterte er.
Schluchzend
konnte sie zuerst nicht antworten. Doch schließlich quoll es aus ihr heraus.
»Sie ist krank. Sie behandeln sie schlecht. Ich muß sie da rausholen... sie
bringen sie um, bringen sie um...« Wieder brach sie in Schluchzen aus, und
bevor sie es verhindern konnte, hatte er ihren Kopf schon an sich gezogen, und
ihre Tränen fielen auf seine seidene Paisley-Weste.
»Was
brauchst du, damit du sie da rausholen kannst?« drang er sanft in sie,
während sie an seiner Brust weinte.
»Den... den
Superintendent der Polizei.«
»In
Ordnung. Ich hole sie dir da raus. Ich kann sie befreien!«
»Aber...
aber wie?« Atemlos, schockiert und voller neuer Hoffnung sah sie zu ihm auf.
Er lächelte
fast. »Denk doch mal nach, á mhúirnin. Bei der Polizei arbeiten
mehr Iren als Knickerbokker.«
Sie
überlegte einen Moment. »Ja, das stimmt«, sagte sie dann langsam.
»Dann laß
es mich machen. Es wird mir sogar Spaß machen.« Er lächelte sie bitter an.
»Wahrscheinlich ist dies der einzige Bereich, wo ich mehr Einfluß habe
als du.«
»Du willst
uns wirklich helfen?« flüsterte sie und wollte sich an diese Hoffnung klammern.
Doch gleichzeitig hatte sie Angst, er könnte sie im nächsten Moment wieder
zunichte machen. Er nickte, und sie fragte: »Aber warum?«
»Weil ich
es mag, wenn du mich brauchst.«
Sie starrte
ihn an, und ein seltsamer Schauder der Erregung lief ihr den Rücken hinunter.
In seiner ihm eigenen, frostigen Art konnte er durchaus gemeint haben, daß
er begann, Gefühle für sie zu entwickeln. Doch seine Worte deuteten ebenfalls
jene dunkle Seite an, die sie schon zur Genüge kennengelernt hatte. Jene, die
beherrschen und um jeden Preis gewinnen wollte.
»Ich
brauche dich«, flüsterte sie, gewillt, allem zuzustimmen, was ihre Schwester
aus der Hölle befreite. Aber damit hatte sie auch ausgesprochen, was sie aus
ganzem Herzen meinte.
»Gut«, gab
er nur knapp zurück, und seine dunklen, keltischen Augen blitzten
geheimnisvoll auf.
***
Als sich die Sheridan-Kutsche
entfernte, trat Schwester Steine vom Fenster zurück und ging zu ihrem
Schreibtisch. Eilig schrieb sie eine Nachricht und adressierte sie an Mr.
Baldwin Didier, Hotel Athena, Troy, New York.
»Lassen Sie
das so schnell wie möglich
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