Meagan McKinney
Kirche. Es ist nicht dasselbe, wenn ihr
nicht da seid.«
»Oh, Miss,
kann es wirklich sein, da ß Sie heute heiraten? Es war doch
erst gestern, als Sie und Ihre süße Schwester noch kurze Kleidchen trugen!« Margarets
Augen wanderten zu Christals Bild, und wieder traten Tränen in ihre Augen.
»Wie schrecklich, daß das liebe Ding so jung sterben mußte.«
»Ich
wünschte, sie könnte hier sein«, flüsterte Alana, nun auch den Tränen nah.
Auch sie sah das Bild an, und ein furchtbares Bedauern schnürte ihr fast den
Atem ab.
Margaret
wischte sich zum letzten Mal die Augen trocken. »O nein, was habe ich getan!
Ich hab' Sie traurig gemacht. Und es ist doch so ein
wundervoller Tag! Oh, Miss, ich wünsch' Ihnen alles, alles Gute. Wie gern würde
ich Sie die heiligen Worte sprechen hören!«
»Du mußt
kommen, Margaret!« Alana ging zu ihrem Tisch hinüber und nahm aus dem kleinen
Kästchen ein
paar Münzen, die für eine Mietkutsche reichen würden. »Nun los. Zieh dein
bestes Kleid an, und nimm dies. Du wirst noch vor mir da sein!«
Margaret
wand sich plötzlich schüchtern. »Das geht nicht, Miss. Wie soll ich Ihnen das
je zurücczahlen?«
Alana hätte
fast gelacht. Mit aller Würde, die sie aufbringen konnte, sagte sie ernst. »Da
ich diesen Mann heute heirate, denke ich, wir müssen
uns um ein paar Pennies keine Gedanken machen. In Zukunft werde ich wohl mehr
haben, als ich jemals ausgeben kann.«
»Möge die
Heilige Mutter Maria Sie segnen, Miss. Für alles, was Sie für uns getan haben.«
Verlegen schnappte sich Margaret die Münzen, knickste und war fort, bevor Alana
noch etwas sagen konnte.
Verzagt
blickte sie erneut auf das Bild, und wieder wollte ihr das Herz brechen. Sie
raffte ihre voluminösen Röcke,
trat zu dem Samtrahmen und berührte sanft das Antlitz ihrer Schwester hinter
dem erneuerten Glas. Sie küßte es. »Eines Tages«, flüsterte sie. »Eines Tages
wirst du wieder frei sein, Christal, und dann tanze ich auf deiner Hochzeit!«
Ehrfürchtig
packte sie das Bild in eine der Kisten, die zu Sheridans Anwesen gebracht
werden sollten. Dann atmete sie tief ein, um Mut zu sammeln, und verließ das
Zimmer.
Ihr Onkel
wartete in der Halle, und Alana gab sich keine Mühe zu verbergen, was sie von
ihm hielt. Frostig nahm sie die Hand, die ihr in die Kutsche half, und dachte,
wie sehr sich die Szene von der unterschied, als er sie das letzte Mal in eine
Kutsche gesetzt hatte. Und doch gab es Parallelen. Wieder brachte er sie zu
Sheridan. Wieder wollte sie nicht gehen.
In
drückendem Schweigen fuhren sie die Fifth Avenue hinauf. Als sie Sheridans Haus
passierten, kamen sie schon kaum durch die Menschenmassen, aber an der Kirche
waren es sogar noch mehr. Die Vierhundert waren der Adel New Yorks, und fast
tausend Menschen warteten vor der Kirche, um ihren Aufmarsch nicht zu
versäumen. Der Andrang der Kutschen war phänomenal, und aufgereiht wie
glänzende schwarze Zylinder standen sie die ganze Fifth Avenue bis zur
Vierundfünfzigsten Straße entlang. Es war ein derartiger Verkehr, daß die
Brautkutsche fast eine halbe Stunde darauf warten mußte, daß Gäste ausstiegen
und die Kutschen Platz machten.
Schließlich
war es soweit.
William
Backhouse Astor Jr. schritt die Marmortreppen der mittelalterlichen Kirche
hinab und half ihr aus dem Wagen. Obwohl die meisten Leute sagten, er wäre
nicht halb so beeindruckend wie sein Vater, fand
Alana ihn trotzdem umwerfend. Er trug einen grauen Stresemann und einen
Zylinder. Sein gewaltiger
schwarzer Schnurrbart war nach der gängigen Mode
gezwirbelt wie die Hörner eines Wasserbüffels und ging an den Seiten in die
ansehnlichen Koteletten
über. Obwohl sie sicher war, daß ihn das öffentliche Theater und der
Volksauflauf störte, bot er ihr mit
ausgesuchter Höflichkeit den Arm. Sein Gesicht wirkte angespannt, als wäre er
über die ihm bevorstehende Aufgabe nicht besonders glücklich, und Alana frage
sich auch später immer wieder, ob es an dem Aufruhr um den berüchtigten
Bräutigam oder an dem um die Braut lag.
Im Vestibül
warteten zwei kleine Pagen in schwarzen, samtigen Gainsborough-Anzügen, die
ihre Schleppe tragen sollten. Die Orgel setzte mit Händels Wassermusik ein,
und schon fand sie sich am Arm William Astors den Mittelgang auf jenen dunclen,
drohenden Mann zu schreiten, der ruhig mit dem Bischof vor dem Altar wartete.
Bei jedem
Schritt wünschte sie sich sehnlich, in die entgegengesetzte Richtung
davonlaufen zu dürfen. Ihre Heirat bei
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