Meagan McKinney
sie eingeschlossen, zu schockieren. Mit ihrer Wut hatte sie gerechnet.
Allerdings nicht mit dem Verlangen, das so plötzlich
durch ihre Adern
gerauscht war. Es hatte sie so durcheinandergebracht, daß sie Mara, die vor sie trat,
um ihren Brautstrauß zu nehmen – denn nur eine ledige Frau durfte
diese Blumen halten, und sie war nun eine verheiratete – bloß verständnislos ansah. Als
sie endlich begriff, reichte sie dem Mädchen den Strauß und spürte, wie
Sheridan augenblicklich den Druck auf ihrem Arm verstärkte. Zu der Musik von
»Lullay My Liking« führte er sie den Gang hinunter.
Erst als
sie sich und ihre lange Schleppe in der Kutsche installiert und er sich mit
seinem Stock auf dem Schoß
neben sie gesetzt hatte, wagte sie es, ihn anzufauchen. »Nichts von dem hätte
passieren dürfen. Du hast es versprochen«, fauchte sie.
»Was hat
dich denn so aufgeregt?« fragte er, als die Kutsche sich inmitten der Hochrufe
der Zuschauer in Bewegung setzte. »Ich finde, alles ist wie geplant
abgelaufen. Selbst diese alte Hexe Caroline Astor war anwesend, wenn auch mit
Leichenbittermiene.« Er gluckste bei dem letzten Satz vergnügt. Alana fand das
gar nicht komisch. »Sie hatte jedes Recht, sich über diese unheilige Allianz zu
ärgern. Daß dein Priester uns im Wissen all dieser Lügen hat trauen können!«
»Der
Bischof weiß rein gar nichts über unser > Abkommen < . Aber ich vermute, er
wundert sich, daß ich dich vor den katholischen Altar schleifen konnte.«
»Durch
Erpressung und Bestechung! Welch ein wunderbarer Beginn einer Ehe!« Sie konnte
die Bitterkeit in ihrer Stimme nicht unterdrücken.
»Das ist
keine Ehe«, korrigierte er sie, und seine Worte bohrten sich wie Eiszapfen
in ihr empfindsames Herz. »Es ist ein Abkommen mit bestimmten Pflichten,
die du zu erfüllen hast. Und um unser beider willen, schlage ich dir vor, daß
du sie wirklich gründlich erledigst.«
»Meine
einzige Pflicht ist es, deiner Schwester Eintritt in die Gesellschaft zu
ermöglichen. Denk das nächste Mal daran, wenn du wieder so etwas tun willst wie
eben in der Kirche. Ich schwöre dir, das wirst du nicht mehr versuchen. Du
wirst keine Chance bekommen, diese Ehe zu vollziehen.« Zornig verschränkte sie
die Arme vor der Brust und sah ihn herausfordernd an.
Der Schatten
eines Lächelns huschte über sein Gesicht. »Mrs. Sheridan, der Kuß in der
Kirche war kein Versuch, die Ehe zu vollziehen. Davon bekommst du keine
Kinder. Das ist etwas vollkommen anderes.«
Ihre Wangen
röteten sich vor Verlegenheit. Es gab keine vernünftige Antwort auf seine
Bemerkung, und so richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die vorbeiziehende
Menge auf der Fifth Avenue. Bis sie Sheridans Anwesen erreichten, sah sie ihn
kein weiteres Mal an, und das war gut so, denn hätte sie es getan, wäre ihr
nicht entgangen, wie unglaublich hungrig sein Blick die ganze Fahrt über blieb.
12
Der
Empfang wurde in
Sheridans Ballsaal abgehalten, in dem Mara ihr Debüt hätte feiern sollen. Die
Gäste, die damals ausgeblieben waren, waren nun zum größten Teil anwesend. Sie
aßen von dem vergoldeten Limoges-Porzellan und tranken aus den
Kobaltkelchen, waren gebührend beeindruckt von den 14-Karat-Goldtabletts und starrten in der Zwischenzeit sehnsuchtsvoll auf Sheridans zur Schau
gestellten Reichtum, bis ihnen fast die Augen aus dem Kopf fielen.
Alana
konnte das drei Stunden dauernde Hochzeitsfrühstück kaum ertragen. Zuerst
machte Mr. Napoleon Sarony natürlich ein Photo von dem Hochzeitspaar, und
Alanas Nerven waren am Ende der Viertelstunde, die sie stillstehen mußte,
buchstäblich ruiniert. Auf dem Photo selbst blickte sie bescheiden auf ihre und
die gefalteten Hände ihres Mannes, wenngleich sie sich an der Seite
Sheridans alles andere als bescheiden fühlte. Obwohl sie sich nicht bewegen
konnte, wagte sie es nicht einmal, ihn anzusehen, doch sie empfand
seine Nähe mit jeder Faser ihres Körpers. Sie spürte ihn wie eine pulsierende
Kraft, die gleichzeitig wunderbar und schrecklich war. Es gab kein Entrinnen
vor ihm, und seine Hand, die samtig und stählern auf der ihren lag, machte
das genauso deutlich wie sein Atem, der heiß an ihrem Ohr entlangstrich, und
sein verführerischer, männlicher Duft wurde so überwältigend, daß sie
ihn fast auf der Zunge schmecken konnte.
Nach dieser
Folter saß sie neben ihrem Mann am Tisch, aß keinen Bissen, trank aber
jedesmal, wenn ihr Glas
mit Champagner gefüllt wurde. Dieser Morgen hatte die Grundfesten
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