Meagan McKinney
ihres
Glaubens erschüttert. Die Worte des Bischofs klangen ihr noch im Ohr, ihre
Schwüre verfolgten sie. Sie hatte versprochen, diesem Mann Ehefrau zu sein,
hatte versprochen, all ihren Pflichten als solche nachzukommen, bis daß der
Tod sie schied. Und all das war eine Lüge. Ihre Ehe war nichts weiter als eine
Farce, ein schlechter Einakter.
Sie warf
Sheridan einen verstohlenen Blick zu, als er über irgend etwas lachte, das sein
Bruder gesagt hatte. So wie er da am Kopf der Tafel saß und seine Gäste
überragte, wirkte er wie ein König, der sein Reich überblickte. Seine
Befriedigung war fast fühlbar, und sie verachtete ihn dafür. Doch trotz allem,
was er ihr angetan hatte, haßte sie ihn noch mehr für den Kuß in der
Kirche, denn er hatte die Grenze zwischen dem Unpersönlichen und dem Intimen
überschritten. Für eine kurze Sekunde hatte er ein Gefühl in ihr
geweckt, das sie ihm keinesfalls geben wollte. Wenn er das noch einmal
versuchen sollte, würde er sie wahrscheinlich so sehr verletzen, daß alles, was
vorher an Unglück geschehen war, wie ein harmloses Kinderspiel wirken würde.
Er wandte
sich zu ihr und ertappte sie, wie sie ihn anstarrte. Ihre Blicke trafen sich,
und etwas strömte auf sie über. Sie wollte ihm ihre Feindseligkeit entgegenschleudern,
aber als sein Blick so tief eindrang, in ihre Seele zu sehen schien, war es
unmöglich. So saß sie nur da, schweigend und reglos, und war hilflos von seinen
Augen gefangen. Doch der Zauber verging viel zu schnell. Ein hochmütiges
Lächeln erschien auf seinem Gesicht, und sie wünschte sich sehnlichst, es
wegzuschlagen.
»Wir fahren
um Punkt zwölf. Mara wird dir zeigen, wo du dich umziehen kannst. Soll ich
deine Zofe rufen?« fragte er mit falscher Fürsorge.
»Ja«,
zischte sie ihm wütend zu und stand auf. Er hielt sie auf.
»Wir haben
noch keinen Toast auf meine Frau gesprochen.«
»Das ist
nicht nötig«, protestierte sie.
»Ich
bestehe darauf.«
Sie setzte
sich wieder und sah, wie Sheridan seinem Bruder einen Blick zuwarf.
Eagan stand auf und hob sein Glas. Alle im Raum verstummten, als er zu sprechen
begann.
»Man sagt,
irische Ehen halten lange.« Er drehte sich feierlich zu Alana und hob sein Glas
noch ein Stück höher. »Ich wünsche dieser, sie möge ewig dauern. Auf die
Braut!«
Jeder Gast
wiederholte »Auf die Braut«, wenn auch einige widerwillig, und tranken den
Champagner. Alana
wurde noch bleicher. Sie war soeben von einem weiteren Fluch getroffen worden,
eine weitere Lüge war ausgesprochen. Wieder wollte sie die Hände auf die Ohren
pressen und nichts als fortlaufen.
Sheridan
stand auf, und durch die Menge ging ein Murmeln. Nun hob auch er sein Glas und
sah sie an.
Seine Augen
hielten sie so fest, daß sie den Eindruck hatte, sie
wäre die einzige im Saal. »Dort, wo ich herkomme, hat es oft Hungersnöte gegeben, und wir haben einen
Trinkspruch, der ungefähr übersetzt > Möge
sie stets Kartoffeln haben < heißt.« Seine Stimme wurde tief und unwiderstehlich, als er sagte:
»Auf meine
Braut, Alana. Go mbeidh fatai aice go brach.« Dann setzte er süffisant
und trotzig hinzu: »Erin go bragh!«
Für einen
Augenblick herrschte mißfallendes Schweigen im Saal. Doch dann erhob William
Astor sein Glas.
Und als wollte er absichtlich seine Frau verärgern, sagte er laut: »Erin go
bragh! Gott segne dich, Alana!«
Alle
folgten dem Trinkspruch, selbst die säuerlich wirkende Mrs. Astor, und das
Gesumme und Getratsche setzte wieder ein.
Alana stand
erneut auf und gab sich redlich Mühe, zu lächeln. Sie war gerührt von seinem
Trinkspruch, gerührt auch von der Geschichte und der Tragödie, die sich dahinter
verbarg. Sheridan besaß zumindest genug Charakter, um sich nicht mit platten
Worten über sie
lustig zu machen, doch die fremde Sprache hatte sie beunruhigt, und vielen im
Saal schien es nicht anders zu ergehen.
Langsam hob
sie ihr Glas und blickte auf das Meer von Gesichtern vor ihr. Es war ihr
Hochzeitstag, und dennoch gab
es niemandem in dem Raum, den sie als Freund
betrachtet hätte. Didier saß am Tisch mit den Astors, und auf seinem Gesicht
lag ein verlogenes,
strahlendes Lächeln, für das ihr Ehemann – daran
zweifelte sie nicht – anständig bezahlt hatte. Caroline Astor trug eine ernste
Würde zur Schau, doch
ihre Blicke schienen Gift auszuströmen. So viele Gesichter waren ihr vertraut, doch
die, die sie liebte, waren nicht dabei. Als ihr die Tränen plötzlich in die Augen
schossen, hob sie hastig noch
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