Meconomy
gibt es für jedes Teil nur fünf Möglichkeiten: 1) Unwichtig = wegwerfen. 2) Ich muss etwas damit tun = ab in die „Next actions“-Ablage, die wiederum regelmäßig durchgearbeitet und geleert wird. 3) Ich muss warten, dass jemand anderes etwas in dieser Angelegenheit tut = in die „Waiting for“-Ablage. Auch die schaue ich einmal pro Woche durch und hake, wo nötig, nach. 4) Es ist ein Dokument, das ich lesen möchte, zum Beispiel ein Zeitschriftenartikel = geht in die Ablage „lesen“ 5) Ich muss nichts mit der Unterlage anstellen, will sie aber ablegen, weil ich sie vielleicht in Zukunft noch mal brauche = sie geht in den alphabetisch sortierten Hängeordner, der „Ablage“ heißt, „Archiv“, oder – bei Allen – „Reference“.
Dasselbe Sortiersystem wende ich für E-Mails an und für elektronische Dokumente wie PDFs oder Word-Dateien. Ist eigentlich ganz einfach, und tatsächlich: Es liegt nichts mehr auf meinem Schreibtisch rum, weil ich „irgendwann“ damit „irgendwas“ machen will. Ich habe ein Erinnerungssystem, das mir sagt, welche offenen Aufgaben ich noch angehen muss und wo ich auf andere warte. Auf dem iPhone habe ich ein kleines Programm namens „Things“ installiert, in dem ich unterwegs in ebenjene Listen Dinge eintragen kann, die mir gerade in den Kopf kommen: Next Actions, Waiting for ... Diese Listen synchronisiere ich drahtlos mit meinem Rechner, sodass ich immer auf allen Geräten den aktuellen Stand habe. Man kann all das auch papierbasiert tun, aber das Internet und die neuen klugen Geräte machen die Sache schon sehr viel einfacher.
Das Ergebnis, so betont David Allen immer wieder, und ich kann es aus der Praxis bestätigen: Haben wir ein wasserdichtes Ablage- und Erinnerungssystem, in dem wirklich alle Aufgaben und Vorhaben enthalten sind – Milch kaufen, Bücherregale erweitern, eine Beratungsagentur gründen –, dann ist zum ersten Mal das Gehirn davon entlastet, uns ständig an diese Dinge zu erinnern. „Mind like water“ nennt das Allen in Anlehnung an eine asiatische Entspannungstechnik. Frei übersetzt: „Der Geist wie eine stille Wasseroberfläche.“ Das wollen Sie auch. Was Sie nicht wollen, ist, total in Allens weiteren hochdetaillierten Ablagetricks zu versinken. Aber schon gar nicht: völlig unorganisiert, ohne System und Tricks, die Dinge einfach mal auf sich zukommen lassen. Es gibt Tage, da ist es schön, zu prokrastinieren, und tatsächlich kann es sehr kreativ sein. Aber nur, wenn man weiß, dass man derweil nichts Wichtiges vergisst und die Dinge eigentlich im Griff hat. Sonst ist Entspannung neurologisch ausgeschlossen und die Lässigkeit nur gespielt.
Produktivitäts-Gurus wie Allen befriedigen ein historisch neues Bedürfnis: Früher gingen wir täglich ins Büro, da sagte uns der Chef, was genau wir wann tun sollten, die Sekretärin organisierte Termine, Konferenzen, Kalender, Post, und die Kollegen erinnerten uns an Aufgaben. Heute wird Arbeit immer mobiler und flexibler, wir sind viel unterwegs, organisieren unsere Projekte eigenverantwortlich, und sind wir mal im Büro, sitzen wir im Großraum, oft ohne Sekretärin, und die Kollegen sind auch nicht immer da. Arbeiten wir freiberuflich, sind wir erst recht auf uns allein gestellt. Viele klassische Bürofunktionen sind also auf das Individuum verlagert worden, was uns selbstständiger macht, aber auch oft anstrengend ist. Wer keinen klaren Feierabend mehr hat und keine Infrastruktur, die ihn durch den Tag leitet, muss lernen, sich selbst zu organisieren. Da sind die Tipps und Tricks von Experten wie Allen existenziell nötig, und so werden sie online auf zahllosen Webseiten fortgeschrieben, diskutiert, ergänzt. Auch in Deutschland.
Getting Things Done in Deutschland
Florian Steglich ist Redakteur von Imgriff.com, dem wichtigsten deutschsprachigen Produktivitätsblog – also einer ebensolchen Website, die sich ausschließlich mit Ordnung, Motivation, Kreativität beschäftigt und mit der Frage, wie man Dinge ganz allgemein geregelt bekommt. Ich wollte von ihm wissen, weshalb das Thema so viele Menschen interessiert, was er von Lifehacking und Lifestyledesign hält und ob so viel Wille zur Selbstoptimierung eigentlich, böse gesagt, neoliberal und unsolidarisch ist.
Florian, kurz erklärt: Wozu gibt es Imgriff?
Florian Steglich: Imgriff.com ist ein Produktivitätsblog, eines der ganz wenigen im deutschsprachigen Raum, die sich wie ihre amerikanischen Vorbilder stark mit Methoden
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