Meconomy
der Selbstorganisation und den digitalen und analogen Tools dafür beschäftigen. Es bietet also „Anschauungsmaterial“ für alle, die das, was sie (beruflich wie privat) nun mal erledigen müssen, entspannter und effizienter erledigen möchten.
Es hat sich übrigens bewährt, auch dazuzusagen, was Imgriff.com NICHT sein soll: Nämlich belehrend („Du musst früh aufstehen, um produktiv zu sein!“), esoterisch („Du kannst alles schaffen, wenn du nur genügend Kraft durch den Glauben an dich und deine Talente schöpfst“) und technologiegläubig („Du musst nur eine möglichst schicke und geschmeidige Software finden, dann läuft alles wie von selbst“).
Was macht das Arbeiten an Techniken zur persönlichen Produktivität für viele Menschen so spannend? Wer ist die Zielgruppe?
Steglich: An sich ist die Zielgruppe sehr, sehr weit gefasst: Ob jemand mithilfe unserer Tipps eine Seminararbeit schreibt, seine Anwaltspraxis auf organisiertere Füße stellt, ein Social Network programmiert oder seinen Keller aufräumt, macht keinen großen Unterschied. Einer unserer regelmäßigen Leser stellt zum Beispiel Pfeile (für Bogen) her, das ist sein Beruf. Allerdings gibt es so etwas wie eine Kernleserschaft von Kreativen, Wissensarbeitern, Webworkern, Bloggern und Studenten.
Was sind die Kerneinsichten, die du selbst aus Imgriff mitnimmst? Welche Tipps muss man heute wirklich jedem geben?
Steglich: Eine Einsicht ist, wie bereits erwähnt, die, dass es nie nur irgendein schickes Tool braucht, um produktiv zu sein, sondern zum Beispiel immer auch Routinen dahinter. Das bedeutet übrigens auch, dass viele mit einem Notizbuch oder gar einem Zettelblock hinreichend organisiert sind; mindestens die Hälfte meines eigenen „Systems“ findet auf Papier statt.
Tipps, die darüber hinaus wohl wirklich bei jedem funktionieren: 1. Sag regelmäßig „Nein“ zu Aufgaben und Wünschen, die an dich herangetragen werden (die eigenen eingeschlossen), notfalls auch im Nachhinein. 2. Eine möglichst ruhige (genauer gesagt: ablenkungsfreie) Umgebung ist für viele Aufgaben immer noch die beste Voraussetzung. Das fängt mit dem Abschalten des „Pling“ bei neu eintreffenden Mails an und hört mit der einsamen Woche zum Nachdenken in der Berghütte auf. Kaum etwas ist wirklich so dringend, dass es nicht ein paar Stunden warten könnte.
Ist das Arbeiten an persönlicher Produktivität nur Teil einer größeren Emanzipationsbewegung?
Steglich: Einen gemeinsamen Kontext gibt es sicher bei persönlicher Produktivität und dem Willen, sich sein Leben so einzurichten, wie man es sich wünscht; verwandt ist da auch der Trend, Arbeit nicht mehr als Gegensatz zum Leben zu sehen. Das alles ist vielleicht die positive Seite der Entdeckung, dass der Dreisprung Ausbildung – lebenslange Sicherheit beim örtlichen Mittelständler – Ruhestand nicht mehr der Normalfall ist. Die Verlässlichkeiten der Elterngeneration sind weg, das allerdings unabhängig von der aktuellen Krise – dass wir nicht mehr Lehre oder Studium abschließen und danach Jahrzehnte auf derselben Stelle sitzen, ist uns ja schon lange klar. Das alles bewirkt Unsicherheiten, birgt aber auch Chancen und Vorteile, denn der sichere 9-to-5-Job war ja auch nicht bloß sicher, sondern oft genug nervtötend und stumpf, schlecht bezahlt und aussichtslos.
Kritiker würden eine solche Sicht womöglich als „amerikanisch“, „unsolidarisch“, „neoliberal“ brandmarken. Warum soll man sich immer nur selbst optimieren müssen? Wo bleibt die Gemeinschaft?
Steglich: Tatsächlich kamen solche Vorwürfe auch schon mal in den Kommentaren bei Imgriff.com vor. Ich tue mich recht schwer, das nachzuvollziehen. Muss sich jemand selbst helfen, weil er außerhalb der Gemeinschaft auf sich allein gestellt ist, oder will sich jemand selbst „optimieren“, weil „das doch nicht schon alles gewesen sein kann“? Das eine ist eine eher passive, das andere eine aktive Betrachtungsweise. Sicherlich schlägt das Pendel mal mehr zum einen und mal mehr zum anderen Extrem aus, und ich bin auch nicht so lebensfremd oder zynisch, nicht anzuerkennen, dass es Menschen gibt, die tatsächlich einfach nicht mehr „ihres Glückes Schmied“ sind; aber gerade deshalb kann ich mit so einfachen Gegensätzen in aller Regel nichts anfangen. Kann man sich nur um andere sorgen, indem man sich selbst vergisst? Nein, zwischen „Sich-selbst-Optimieren/-Helfen“ und dem Leben in einer Gemeinschaft
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