Medaillon des Schicksals (German Edition)
Fanfarenstoß galt Daria, die nun über den Hof schritt und als Letzte unter dem Baldachin Platz nahm, begleitet von den glühenden Blicken eines jungen Ritters, der die Schönheit der Braut gar nicht zu bemerken schien, ja, der geradezu wirkte, als wäre einzig Daria und nichts als sie von Bedeutung.
Als Daria sich lächelnd gesetzt hatte, trat plötzlich absolute Ruhe ein. Der erste Höhepunkt des Turniers begann: Die einzelnen Turnierteilnehmer präsentierten ihre Standarten, ein fahnenähnliches Tuch, auf das der persönliche Wahlspruch gestickt war.
Isabella, in der Erwartung, dass die Standarten ihr als Königin des Turniers gewidmet waren, lehnte sich genüsslich in ihrem Lehnstuhl zurück, während Danas gleichmütige, freundliche Miene anzeigte, dass sie für sich in dieser Hinsicht nichts erwartete.
Doch wie sehr sich die beiden Schönen täuschten, von der nur die eine um ihre Schönheit wusste, zeigte bereits die erste Standarte.
Es war der junge Ritter, der Daria bereits zuvor mit Blicken verschlungen hat. Schüchtern, aber tapfer und sich seiner gewiss, präsentierte er seine Standarte. Sie zeigte die Farben der di Algaris, Grün und Weiß, und darunter war der Spruch: »Vivat l'amore!« eingestickt.
Und wieder brach die Menge in begeisterten Jubel aus. Alle Blicke fielen auf Daria, die sanft errötete und damit noch schöner wurde und den Beifall verlegen entgegennahm. Und als der junge Ritter sich obendrein noch ihrem Platz näherte und eine schneeweiße Lilie in die Hand nahm, die er behutsam küsste, ehe er sie Daria zuwarf, vertiefte sich die Röte der jungen Comtess so, dass sie ihr Gesicht schamhaft in der Blüte verbarg.
Die Menge jubelte noch lauter und griff den Wahlspruch der Standarte auf. »Vivat l'amore« riefen sie und »Vivat la Comtess Daria.«
Auch die Contessa Donatella lächelte und bedachte den jungen Kavalier, einen Grafensohn aus dem benachbarten Chianti, mit wohlwollenden Blicken.
Nur Isabella hatte die Mundwinkel nach unten gezogen, und Rosaria erkannte deutlich, dass die Schönheit der Florentinerin ein allzu flüchtiges Gut war, da bereits jetzt leise Zeichen der Unzufriedenheit in Form feinster Fältchen in ihrem Gesicht eingegraben waren.
Doch schon kam der nächste Teilnehmer und präsentierte seine Standarte, in der das Wappen von Florenz prangte. Ob er damit der Florentinerin huldigen wollte, war nicht zu deuten, doch Isabellas Gesicht entspannte sich.
Einer nach dem anderen zogen die Turnierteilnehmer an dem Baldachin vorbei und präsentierten die Standarte. Einer nach dem anderen wurde mit Jubel beklatscht.
Nur Giacomo war noch nicht an dem Baldachin vorübergezogen. Mit angehaltenem Atem erwartete man seinen Wahlspruch. Und da kam er auch schon. Hoch aufgerichtet saß er auf seiner schneeweißen Stute, der grüne Bänder in die Mähne geflochten waren. Auch Giacomo war in die Farben der di Algaris gekleidet. Zu einem weißen, engen Trikot trug er dunkelgrüne enge Beinkleider, dazu Stiefel aus feinstem weißen Leder und einen grünen Umhang. Die drei grünen Federn auf seinem Helm wippten im Takt der Bewegungen seines Pferdes. Langsam ritt er auf seine Familie und seine Braut zu, die Standarte aber hielt er so, dass noch nicht sichtbar war, was darauf gestickt war.
Vor dem Baldachin verharrte er und wartete, bis die Menge still und alle Blicke auf ihn gerichtet waren. Plötzlich bäumte sich sein Pferd auf und stieg, sodass die vorderen Hufe beinahe das Dach des Baldachins berührten. Ein erschrecktes »Ah« ertönte aus zahlreichen Kehlen. Dann zügelte Giacomo sein Pferd und entrollte langsam die Standarte.
Jetzt hielt die Menge erneut den Atem an, denn auf der Standarte war eine Rose zu sehen, eine wunderschöne Rose, die aus unzähligen Perlen gestickt war, und darunter stand: ›Der Schönsten von allen‹.
Nur zögernd erklang der Beifall. Es war, als hätte sich Ratlosigkeit unter den Zuschauern breit gemacht. Die Schönste war Isabella, kein Zweifel am heutigen Tag. Doch ihre Familie trug keine Rose im Kaufmannswappen, im Gegenteil. Auf blauem Grund tummelte sich ein gelber Löwe, der in seinen Pranken rechts die Kaufmannswaage und links eine Geldkatze hielt.
Jetzt gab Giacomo den Musikanten ein Zeichen. Die Musiker toben ihre Instrumente, und ein Lied erklang, das beiL den Zuschauern nun doch jenen nicht enden wollenden Beifall auslöste, den Isabella erwartet hatte. Die Musiker nämlich spielten eine alte toskanische Volksweise, deren Refrain
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