Medaillon des Schicksals (German Edition)
hatte. In derselben Nacht, in der Ihr das Mädchen zur Welt gebracht habt, habe ich es einem Olive nhändlerpaar in Pflege gegeben, die bei Gott schworen, sie würden das Kind halten, als wäre es das eigene. Nun, die Olivenhändler haben nicht gelogen. Rosaria ist ein Mensch, dem man anmerkt, dass er Liebe und Zuneigung erfahren hat.«
»Rosaria ist meine Tochter? Ich habe also drei Kinder lebend zur Welt gebracht?«, fragte die Contessa.
Isabella ahnte indes nicht, dass mit diesen drei lebend zur Welt gebrachten Kindern Daria, deren früh verstorbene Schwester und Rosaria gemeint waren. Sie wusste lediglich von Daria, Giacomo und nun auch von Rosaria.
Als die Amme mit fester Stimme bestätigte: »Ja, Donatella, Rosaria ist Eure rechtmäßige Tochter und trägt deshalb das Medaillon der Familie di Toscani, so, wie es ihr gebührt«, seufzte Isabella vor Sensationsgier leise auf. Vor Aufregung am ganzen Körper bebend, presste sie ihr Ohr noch fester an das Schlüsselloch.
»Weiß Rosaria, dass sie meine Tochter ist?«, fragte nun die Contessa mit leiser Furcht in der Stimme.
»Nein, nein. Nichts weiß das Mädchen, gar nichts. Sie glaubt, sie wäre die Tochter Paolas und Estardos aus Lucca. Das Medaillon hat ihr die Mutter auf dem Totenbett gegeben, hörte ich, ohne jedoch dessen Herkunft preiszugeben.«
Isabella hatte genug gehört. Am ganzen Körper vor Aufregung zitternd, verließ sie ihre Lauschposition und begab sich flink in ihre eigene Kammer, um über das Gehörte nachzudenken.
Rosaria war die Tochter der Contessa di Algari. Rosaria, die weder ihrer Schwester Daria noch ihrem Bruder Giacomo glich, war eine di Algari oder wenigstens doch der Familie der di Toscani zugehörig.
Rosaria, Olivenhändlerin aus Lucca, war die Schwester des attraktiven Giacomo di Algari, ihres zukünftigen Gemahls, überlegte Isabella. Der Dummkopf hatte seiner eigenen Schwester den Liebestrank gereicht!
Ein hämisches Lachen drang aus Isabellas Kehle, als sie daran dachte. Mochte sich ihr Bräutigam auch in diese Gauklerin verguckt haben, so würde er sie doch um keinen Preis der Welt bekommen. Sie war seine Schwester! War das zu fassen?
Schneller und einfacher, als Isabella je gedacht hatte, war die Nebenbuhlerin verdrängt worden. Und das Beste daran war, dass weder Giacomo noch Rosaria die Wahrheit kannten.
Und wenn es ihr, Isabella Panzacchi, Tochter des reichen und erfolgreichen, des klugen und gerissenen Florentiner Kaufmanns Panzacchi, nicht gelingen sollte, aus diesem Wissen Gewinn zu schlagen, dann hatte sie ihre Lebenslektion nicht ausreichend gelernt.
Mit einem teuflischen Lachen ließ sie sich auf das Bett sinken und strahlte so über das ganze Gesicht, wie eine glückliche Braut am Tage ihrer Verlobung strahlen sollte.
»Danke, Madonna«, flüsterte sie. »Dieser Tag wird trotz allem noch zu einem Glückstag für mich werden.«
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12. Kapitel
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Vom Fenster ihres Zimmers aus beobachtete Isabella Panzacchi den Fortgang der Festlichkeiten. Der Conte hatte Wort gehalten. Die Musiker spielten, als säße ihnen der Teufel im Nacken, der Chianti floss in Strömen, und die Tafeln bogen sich unter all den Köstlichkeiten, welche die toskanische Küche aufzubieten hatte. Es gab Platten voller Antipajti toécani, Vorspeisen mit sauer eingelegtem Gemüse, Schüsseln voller Lammfleisch und Rind aus der Maremma, baccala und aragoéta, Klippfisch und Langusten, grünen und weißen Spargel, als Dessert köstliches Mandelgebäck, Kastanienkuchen und budino, einen leckeren Milchpudding. In der Mitte der Tafel prangte ein gefüllter Fasan, umgeben von unzähligen, knusprig gebratenen Perlhühnern.
Isabella bemerkte, wie ihr Magen knurrte, als sie sah, dass der Pöbel und die adligen Gäste sich wieder und wieder von den leckeren Köstlichkeiten nahmen und aßen, als hätten sie seit Christi Geburt nichts mehr zu beißen bekommen. Doch um nichts in der Welt wäre sie hinab auf den Burghof gegangen, um ihren Hunger zu stillen. Viel zu sehr fürchtete sie die mitleidigen oder spöttischen Blicke der Gäste, die sie unweigerlich verfolgen würden.
Nein, erst nachdem Giacomo ihr das Heiratsversprechen vor aller Augen und Ohren gegeben hätte, würde sie sich wieder der Menge aussetzen. Aber Hunger hatte sie trotzdem.
Kurz entschlossen verließ sie ihre Kammer, um in die Küche zu gehen und sich dort selbst aus den Töpfen und Pfannen ein Mahl zusammenzustellen, das sie allein auf ihrem Zimmer zu verzehren gedachte.
Die
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