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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Rob von Mary Cullen. Er saß neben ihr und empfand süße Ruhe. Auf ihrem Gesicht lag ein glücklicher Ausdruck, und er war die Ursache für ihre Erfüllung, was ihn froh machte. Sie begann eine Stickerei, und ohne daß er verstand, wie oder warum, stellte sich heraus, daß sie seine Mutter war. Er wurde von einem Gefühl der Wärme und Sicherheit überflutet, das er seit seinem neunten Lebensjahr nicht mehr erlebt hatte.
    Dann erwachte er, hustete und spuckte trocken. Sein Mund und seine Ohren waren voll Sand und Salz, und als er sich erhob, um ein paar Schritte zu machen, scheuerten ihn Sand und Salz zwischen den Hinterbacken.
    Es war der dritte Morgen. Rabbenu David ben Sauli hatte Lonzano angewiesen, zwei Tage nach Osten und dann einen Tag nach Süden zu ziehen. Sie hatten sich in die Richtung bewegt, die Lonzano für Osten hielt, und nun schwenkten sie in die Richtung ein, die Lonzano für Süden hielt.
    Rob war nie imstande gewesen, Osten von Süden oder Norden von Westen zu unterscheiden. Er fragte sich, was aus ihnen werden würde, wenn Lonzano nicht wirklich wußte, wo Süden oder Osten war, oder wenn die Angaben des rabbenu von Kashan nicht stimmten. Das Stück der Dasht-i-Kavir, das sie durchquerten, war wie eine kleine Bucht in einem großen Ozean. Der Hauptteil der Wüste war unermeßlich und für sie nicht zugänglich. Wenn sie aber geradewegs ins Zentrum der Dasht-i-Kavir unterwegs waren, statt die Bucht zu durchqueren? Wenn das der Fall war, waren sie verloren.
    Rob fragte sich, ob der Gott der Juden sein Leben forderte, weil er sich verkleidet hatte. Aber Arieh war, wenngleich kaum liebenswürdig, kein schlechter Mensch, und Lonzano und Loeb waren höchst achtbare Männer. Es war nicht wahrscheinlich, daß ihr Gott sie vernichten würde, um einen gojischen Sünder zu bestrafen. Doch war er nicht der einzige, der verzweifelte. Lonzano spürte die Stimmung seiner Reisegefährten und versuchte, sie zum Singen anzuregen. Aber Lonzano blieb der einzige, dessen Stimme sich erhob, und schließlich verstummte auch er.
    Rob goß den kümmerlichen Rest Wasser aus dem Sack für seine Tiere in den Hut und ließ sie trinken. In seiner Lederflasche befanden sich noch ungefähr sechs Schluck Wasser.
    Wenn sie sich dem Ende der Dasht-i-Kavir näherten, spielte das keine Rolle, wenn sie aber in die falsche Richtung gingen, reichte diese geringe Wassermenge nicht aus, um am Leben zu bleiben. Also trank er sie. Er zwang sich, das Wasser in kleinen Schlucken zu sich zu nehmen, aber es war rasch getrunken.
    Sobald der Vorrat verbraucht war, wurde Robs Durst ärger denn je. Das Wasser schien ihn innerlich zu verbrühen, und darauf folgten schreckliche Kopfschmerzen. Er zwang sich, weiterzugehen, doch seine Schritte wurden unsicher. Ich kann nicht mehr, erkannte er entsetzt.
    Lonzano begann heftig in die Hände zu klatschen. »Ai, di-di-di-di-di-di-di, ai, di-di-di-di-di!« sang er, begann zu tanzen, schüttelte den Kopf, drehte sich und hob die Arme und Knie im Rhythmus der Melodie.
    In Loebs Augen glänzten Zornestränen. »Hör auf, du Narr!« schrie er. Doch im nächsten Augenblick zog er eine Grimasse und begann ebenfalls zu singen und zu klatschen und sprang hinter Lonzano herum.
    Dann folgte auch Rob, und schließlich sogar der mißmutige Arieh. »Ai, di-di-di-di-di-di, ai, di-di-di-di!«
    Sie sangen mit trockenen Lippen und tanzten, obwohl sie in den Füßen kein Gefühl mehr verspürten. Schließlich verstummten sie und hörten mit dem verrückten Tanzen auf, aber sie gingen nun mühsam weiter, setzten einen gefühllosen Fuß vor den anderen und wagten nicht, der Möglichkeit ins Auge zu sehen, daß sie sich tatsächlich verirrt hatten.
    Am frühen Nachmittag hörten sie Donner. Er grollte lange Zeit in der Ferne, bevor ein paar Regentropfen fielen.
    Kurz darauf sahen sie eine Gazelle und dann ein paar Wildesel.
    Ihre Tiere wurden plötzlich schneller. Sie bewegten ihre Beine rascher und begannen aus eigenem Antrieb zu traben, da sie spürten, was vor ihnen lag. Die Männer bestiegen die Esel und ritten wieder, während sie den letzten Sandstreifen verließen, nachdem sie sich drei Tage lang durch die Wüste gequält hatten.

    Das Land weitete sich zur Ebene, die zuerst mit nur spärlichem Pflanzenbewuchs und dann immer dichter mit Grün bedeckt war.
    Vor Sonnenuntergang kamen sie zu einem schilfbestandenen Tümpel, über dem Schwalben herabstießen und ihre Kreise zogen. Arieh kostete das Wasser und nickte. »Es

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