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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Krankenhaus, das wirklich ein Heilzentrum ist. In diesem Krankenhaus und in einer kleinen Akademie bildet Avicenna Ärzte aus.«
    »Wer?«
    »Avicenna, der hervorragendste Arzt der Welt, dessen arabischer Name Abu Ali al-Hussein Ibn Abdullah Ibn Sina lautet.« Rob ließ Merlin den fremden, wohlklingenden Namen wiederholen, bis er ihn sich gemerkt hatte.
    »Ist es schwer, nach Persien zu kommen?«
    »Eine gefährliche, mehrere Jahre währende Reise. Zuerst zur See, dann zu Land über schreckliche Berge und durch ausgedehnte Wüsten.«
    Merlin blickte seinen Gast scharf an. »Ihr müßt Euch die persischen Akademien aus dem Kopf schlagen. Wieviel wißt Ihr von Eurem eigenen Glauben, junger Bader? Seid Ihr mit den Problemen Eures gesalbten Papstes vertraut?«
    Rob zuckte mit den Achseln. »Johannes XIX.?« Eigentlich wusste Rob außer dem Namen des Papstes und der Tatsache, dass er das Oberhaupt der heiligen Kirche war, nichts.
    »Johannes XIX. Er ist ein Papst, der mit gespreizten Beinen auf zwei riesigen Kirchen steht, statt auf einer; ein Mann, der versucht, auf zwei Pferden gleichzeitig zu reiten. Die westliche Kirche ist ihm immer unverbrüchlich treu, aber in der Kirche des Ostens herrscht ständig unzufriedenes Murren. Vor zweihundert Jahren rebellierte Photius, der Patriarch der Ostkatholiken in Konstantinopel, und seither hat die Tendenz zu einem Schisma in der Kirche zugenommen. Ihr habt vielleicht im Umgang mit Priestern beobachtet, dass sie Ärzten, Chirurgen und Badern mißtrauisch und ablehnend gegenüberstehen, weil sie glauben, dass sie durch das Gebet die rechtmäßigen Hüter des Körpers und der Seele der Menschen sind.« Rob brummte.
    »Die Abneigung der englischen Priester gegenüber Heilkundigen ist jedoch nichts im Vergleich zu dem Haß, den ostkatholische Priester auf die arabischen Ärzteschulen und andere mohammedanische Akademien haben.
    Die Ostkirche, die mit den Mohammedanern Grenze an Grenze lebt, führt einen unaufhörlichen erbitterten Krieg gegen den Islam, um Menschen für die Gnade des einzigen wahren Glaubens zu gewinnen. Sie empfindet die arabischen Zentren der Gelehrsamkeit als Verführung zum Heidentum und als ernste Bedrohung. Vor fünfzehn Jahren erklärte Sergius II., der damalige Patriarch der Ostkirche, dass jeder Christ, der eine mohammedanische Schule östlich von seinem Patriarchat besucht, ein Frevler und Glaubensbrüchiger sei und heidnische Praktiken befolge. Er setzte den Heiligen Vater in Rom unter Druck, damit sich dieser seiner Erklärung anschloß. Benedikt VIII. hatte erst kurz zuvor den Stuhl des heiligen Petrus eingenommen und befürchtete, der Papst zu werden, unter dem die Spaltung der Kirche erfolgen würde. Um die unzufriedenen Elemente im Osten zu beruhigen, gewährte er Sergius bereitwillig seinen Wunsch. Die Strafe für heidnische Praktiken ist die Exkommunikation.«
    Rob schob die Lippen vor. »Das ist eine strenge Strafe.« Der Medicus nickte. »Noch strenger, da sie schreckliche Strafen unter weltlichem Recht nach sich zieht. Die unter König Aethelred und auch unter König Knut erlassenen Gesetze bezeichneten das Heidentum als Kapitalverbrechen. Die deswegen Verurteilten sind schwer bestraft worden. Manche wurden in schwere Ketten geschmiedet und mussten jahrelang als Pilger herumwandern, bis die Fesseln verrosteten und ihnen vom Körper fielen. Etliche wurden verbrannt. Einige wurden gehängt und andere ins Gefängnis geworfen, wo sie bis heute vermodern. Die Mohammedaner ihrerseits haben keinen Grund, Mitglieder einer feindlichen, sie bedrohenden Religion auszubilden, und christliche Studenten werden seit Jahren nicht mehr an den Akademien im östlichen Kalifat zugelassen.«
    »Ich verstehe.«
    »Vielleicht ist Spanien eine Möglichkeit für Euch. Es liegt in Europa, am äußersten weltlichen Rand des westlichen Kalifats. Dort sind beide Religionen nicht so erbittert. Es gibt in diesem Land ein paar christliche Studenten aus Frankreich. Die Mohammedaner haben in Städten wie Cordoba, Toledo und Sevilla große Universitäten errichtet. Wenn Ihr eine von diesen absolviert, werdet Ihr als Gelehrter anerkannt. Und obwohl Spanien nicht leicht zu erreichen ist, ist die Reise bei weitem nicht so schwierig wie die nach Persien.«
    »Warum seid Ihr nicht nach Spanien gegangen?«
    »Weil Juden in Persien studieren dürfen.« Merlin lächelte. »Und ich wollte den Saum von Ibn Sinas Gewand berühren.« Rob runzelte die Stirn. »Ich möchte nicht quer durch die

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