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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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herum und beugte sich zu dem Foto herunter, das auf der frisch lackierten Tischplatte lag. Er presste seine Lippen aufeinander, während er die Aufnahme, die die Medusa zeigte, mit äußerster Konzentration betrachtete. Als er zu sprechen begann, tat er dies leise und mit Bedacht.
    »Eine seltsame Darstellung. Es ist eine Art Medusa, richtig? Und hier auf dem Sockel sind Inschriften, die ein wenig an Hieroglyphen erinnern. Es sind aber keine.« Hannah zog die Augenbrauen hoch. Der Mann war ein bemerkenswert guter Beobachter.
    Sein Finger glitt über das Fotopapier. »So etwas gibt es hier nicht, da gebe ich Ihnen mein Wort drauf. Weder eine Skulptur noch eine Ritzung oder Malerei. Eine derart bizarre Darstellung wäre schon vor Jahren dokumentiert worden. Was mich verblüfft, ist die Tatsache, dass sie erst jetzt entdeckt wurde. Ich dachte immer, das Tassili N’Ajjer sei gut erforscht.«
    »Ist es auch. Im Großen und Ganzen«, sagte Hannah, während sie das Bild wieder in die Tasche steckte. »Aber es gibt immer noch Orte, die nur den Tuareg bekannt sind.«
    »Ja, sie sind ein stolzes und verschlossenes Volk. Es ist nicht leicht, in ihre Geheimnisse einzudringen.« Durand bewegte sich wieder auf die andere Seite des Tisches. »Das bringt mich zu einem wichtigen Punkt. Ihren bewaffneten Tuareg ist der Zugang zum Fort untersagt, das werden Sie sicher verstehen. Sie hingegen dürfen unsere bescheidenen Quartiere gern in Anspruch nehmen. Ich möchte es Ihnen sogar sehr ans Herz legen, wenn Sie sich nicht der Gefahr aussetzen wollen, bestohlen zu werden.«
    Irene setzte ihr charmantestes Lächeln auf. »Vielen Dank für das großzügige Angebot, aber ich denke, es ist für uns alle am einfachsten, wenn wir uns im Dorf eine Bleibe suchen. Wir wollen Ihnen unter keinen Umständen zur Last fallen. Gibt es hier ein Hotel, eine Pension oder etwas Ähnliches?«
    »Ich fürchte, da überschätzen Sie unsere Möglichkeiten. Es gibt zwei leer stehende Hütten am Rande des Bewässerungsgrabens, die für Gäste zur Verfügung stehen. Sie sind einfach und schmutzig. Aber wenn Sie es wünschen, werde ich veranlassen, dass sie hergerichtet werden. Außerdem werde ich Ihnen zwei Diener zur Verfügung stellen. Wollen Sie es sich nicht doch noch einmal überlegen? Wir haben hier sogar Fernsehen.«
    Irene schüttelte den Kopf. »Danke, nein. Wir wissen Ihre Großzügigkeit wirklich zu schätzen, aber die beiden Hütten wären genau das Richtige für uns.«
    Seine Augen ruhten eine ganze Weile auf ihr, dann klatschte er auf seine Schenkel und stand auf. » D’accord , dann will ich Sie nicht länger aufhalten. Ich wünsche Ihnen Glück bei Ihrer Suche und würde mich sehr freuen, über den aktuellen Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten zu werden.«
    Oberst Durand öffnete ihnen die Tür und entließ sie in die Nachmittagshitze. Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, wandte er sich noch einmal zu ihnen um. In seinen Augen war ein seltsames Glühen.
    »Fast hätte ich vergessen, es zu erwähnen. Sollten Sie auf Ihrer Expedition tatsächlich etwas finden, und sei es noch so klein und unbedeutend, versuchen Sie nicht, es vor mir zu verbergen. Alle Kunstgegenstände sind Eigentum des Staates Niger und dürfen unter keinen Umständen außer Landes gebracht werden. Ich bitte Sie, mich in dieser Beziehung nicht auf die Probe zu stellen. Au revoir. «

7
    Chris erwachte aus einem Traum voller Nebel und Schatten. Die Trommeln und Gesänge der Tuareg, zu deren Klang er letzte Nacht eingeschlafen war, hallten noch immer in seinem Kopf nach. Ächzend richtete er sich auf und blickte sich um. Malcolm, Albert und Patrick schliefen noch. Gregori war schon auf und hängte, mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen, eine große Kanne Kaffee an einen Haken über dem Feuer. Die Frauen im Nebenhaus schienen auch noch zu schlafen, jedenfalls brannte dort kein Licht.
    Der Morgen kündigte sich als schmaler Lichtstreif am Horizont an. Chris gab sich einen Ruck und verließ die unbequeme Pritsche. Heute war der große Tag. Heute würden sie endlich in den Tamgak aufbrechen. Sollte er noch schnell eine Nachricht an Norman Stromberg absenden, jetzt, wo alle noch schliefen? Er entschied sich, es zu lassen. Erst vor zwei Tagen hatte er eine Mail über Satellit abgeschickt und wäre dabei fast von dem Wiesel Patrick überrascht worden. Stromberg war äußerst ungehalten gewesen, so lange nichts über die Entwicklung in Sachen Medusa erfahren zu

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