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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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können.«
    Chris spürte, wie sich das Netz aus Angst und Misstrauen immer enger um ihn zusammenzog. Hatte er sich etwa verraten? Wenn ja, dann musste er so schnell wie möglich das Ruder herumreißen.
    »Ich begreife nicht, worauf ihr hinauswollt. Mag sein, dass ich während meines Blackouts Dinge gesagt habe, die euch seltsam vorkommen. Aber was auch immer ich gesagt habe, es waren nur Worte. Dies hier ist die Realität. Es hat keinerlei Bedeutung angesichts der Tragweite unserer Entdeckung. Dieser Stein, oder was immer es ist, vermag die menschliche Psyche zu beeinflussen. Es muss sich um ein bisher unbekanntes Gestein oder Mineral handeln. Etwas in dieser Art ist bisher auf der Erde noch nicht gefunden worden. Stellt euch vor, was wir damit für Aufsehen erregen werden.« Er lächelte in der Hoffnung, dass seine Worte ihre Wirkung nicht verfehlten. Doch ein Blick in die Gesichter seiner Gefährten sagte ihm, dass er sich gründlich getäuscht hatte.
    »Großer Gott, erkennt ihr denn nicht, dass mir dasselbe widerfahren ist wie Patrick, als er unter Hypnose stand? Das war kein Zufall. Dieser Ort und dieser Stein haben die Fähigkeit, uns zu beeinflussen und unsere Gedanken und Gefühle zu lenken. Möglicherweise steckt noch mehr dahinter, denkt an die Stimmen. Ich kann nicht glauben, dass euch das nicht nachdenklich macht.«
    Hannah wandte ihr Gesicht ab, als fürchtete sie sich davor, seinem Blick zu begegnen. Die anderen hingegen betrachteten ihn mit unverhohlenem Zorn in den Augen.
    Natürlich war es Malcolm Neadry, der die Frage stellte, vor der er sich am meisten gefürchtet hatte.
    »Was hast du mit Norman Stromberg zu schaffen?«
    Das war es also.
    Er spürte, wie ihm die schneidenden Worte den Boden unter den Füßen wegzogen, und es wurde ihm klar, dass es keinen Sinn hatte, sich etwas vorzumachen.
    Das Spiel war aus.

18
    Hannah saß fassungslos neben Chris auf dem Boden und lauschte seinem Geständnis. Er erzählte die ganze Geschichte von Anfang an, ohne Schnörkel und ohne Ausflüchte. Wie Stromberg ihn in seine Dienste genommen hatte, seine gesamte Identität umgekrempelt hatte, wie aus John Evans Chris Carter geworden war. Er beschrieb, wie viel Mühe und Geld es gekostet hatte, ihn in die NGS einzuschleusen, und welche Anstrengungen unternommen worden waren, ihn zu einem Mitglied des Expeditionsteams zu machen. Natürlich hätte er den angekündigten Bildband produziert, er wollte ja keine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Natürlich hätte er ordnungsgemäß seine Berichte verfasst und Interviews gegeben. Danach wäre er abgetaucht, in ein neues Team gewechselt, und niemand hätte sich erklären können, wie Stromberg an die notwendigen Informationen gelangt war, um diese Fundstätte in seinen Besitz zu bringen. Er erläuterte, dass allein die Figur im Tassili N’Ajjer schon ausgereicht hätte, um die Kosten zu decken, aber dass die Suche mit einem derartig sensationellen Fund enden würde, damit hatte wohl Stromberg selbst nicht gerechnet. Und wenn ja, dann hatte er es gut zu verbergen gewusst.
    Chris erzählte ohne Umschweife und machte dabei den Eindruck, als würde er sich etwas von der Seele reden, was ihn schon lange bedrückte. Er wirkte geradezu erleichtert, aber für Hannah war jedes seiner Worte wie ein Messerstich.
    Als er seine Beichte beendet hatte, fühlte sie sich kraftlos und leer gepumpt, zu schwach, um zu weinen, und zu müde, um ihn anzuschreien. Dabei wäre es genau das gewesen, was sie am liebsten getan hätte, ihn anschreien, ihm seine Lügen um die Ohren hauen.
    Alles, was von ihren Gefühlen übrig blieb, war dumpfe Resignation.
    »Hannah«, flüsterte Chris, »es tut mir so Leid. Ich wollte nicht, dass alles so kommt.«
    »Spar dir deine Heucheleien«, zischte sie ihn an. »Du hast mich benutzt, wie du jeden anderen hier benutzt hast. Hältst du mich für blöd? Wie kannst du verlangen, dass ich dir noch ein einziges Wort glaube? Es tut dir Leid? Ha! Mein einziger Trost ist, dass sich dein Norman Stromberg einen neuen Laufburschen kaufen muss, während du mit uns hier zugrunde gehen wirst.«
    »Das werde ich nicht«, entgegnete Chris, das Kinn vorgereckt. Die Sanftheit war von ihm abgefallen und hatte einer unnachgiebigen Härte Platz gemacht. »Ich finde es bedauerlich, dass du es so siehst, aber vielleicht wirst du eines Tages anders darüber denken. Wir haben alle dasselbe Ziel, wir stehen nur auf verschiedenen Positionen. Ich werde mich jedenfalls nicht so leicht

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