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Meeres-Braut

Titel: Meeres-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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sofern sie zwischen dem Rokh und dem harten Platz liegt«, meinte Okra.
    Mela warf die Kralle heraus. Sie war so lang wie sie selbst, eine Kralle wie ein Langschwert. »Wenn ich es mir genau überlege, muß die schon immer zwischen dem Rokh und harten Stellen gewesen sein, denn jedesmal, wenn Roxanne auf einem Berg oder auf dem Boden oder in einem Nest landet oder einen Stein oder einen Knochen aufnimmt, war diese Kralle dazwischen. Nachdem Roxanne sie verloren hat, liegt sie nun hier im Nest.« Sie blickte Roxanne an. »Dürfen wir die mitnehmen?«
    Der Vogel nickte. Es war ja nicht so, als hätte er nicht noch jede Menge andere Klauen.
    »Dann läßt du uns also ziehen, wenn wir dir den Samen des Zeitkrauts geben?« fragte Okra.
    Zögernd nickte der Vogel wieder.
    »Und du weißt auch, daß du große Schwierigkeiten mit dem Simurgh bekommst, wenn du dich nicht an diese Abmachung hältst?« fragte Okra. »Weil sie uns überhaupt hierhergeschickt hat?«
    Roxanne machte einen Satz. Es war offensichtlich, daß sie das nicht wollte. Der Simurgh hatte ihr eine Möglichkeit gegeben, sich zu befreien, wann immer sie wollte. Warum sollte sie diese also vertun wollen, indem sie den Simurgh erneut verärgerte?
    So schleppte Mela die Kralle fort, taumelnd unter ihrem Gewicht, während Okra ans Nest schritt und den Samen des Zeitkraut hineinlegte. Sofort nahmen alle wieder normale Geschwindigkeit an. Jetzt hatten ihre Befehle keine Geltungskraft mehr. »Du mußt sie nur festhalten und ihm sagen, was er beschleunigen oder verlangsamen soll«, erklärte sie. »Vielleicht solltest du ihn besser einmal überprüfen, bevor wir weggehen, um sicherzugehen, daß er dich auch versteht.«
    Roxanne trat an das Nest, griff mit ihrem Schnabel hinein und holte den Samen hervor. Sie schob ihn unter eine Flügelfeder und krächzte.
    Plötzlich war sie nur noch eine einzige, verwischte Bewegung. Licht flutete in den Saal. Der Vogel hatte den Samen aktiviert und sich selbst beschleunigt oder die anderen langsamer gemacht. Jetzt waren sie Roxanne ausgeliefert.
    Da nahm alles wieder normale Geschwindigkeit an. Mela, Jenny und Okra blieben unversehrt. Der Vogel hatte seine Macht über den Samen nicht dazu mißbraucht, sie aufzufressen. Roxanne hatte ihn nur geprüft. Glücklicherweise.
    »Dann werden wir jetzt gehen«, sagte Okra.
    Roxanne nickte. Sie kletterten wieder durch das Loch hinunter und schritten dann durch das offene Schloß. Okra trug die Kralle, die zu schwer für Mela war, um sie lange zu schleppen. Bald erreichten sie das Haupttor und überquerten die Zugbrücke, die sich inzwischen für sie wieder gesenkt hatte. Während ihres Versuchs mit dem Samen hatte Roxanne alles wieder aufgesperrt.
    Und Okra hatte Jenny Elfe nun doch geholfen. Sie hoffte nur, daß sie diese Narretei nicht bereuen würde. Zum einen war es unogerhaft. Und zum anderen half es ihr nicht dabei, zu einer Hauptfigur zu werden.

16
Ankunft
    Die jüngsten Ereignisse hatten Che überrascht. In einem Augenblick hatte er sich noch im Käfig befunden, im nächsten stand er schon unten in einem Saal, zusammen mit seinen Freunden, vor ihm eine üppige Meerfrau mit Beinen, eine überraschend kleine und unhäßliche Ogerin, sowie eine junge Frau, die er beinahe verwechselt hätte. Doch er hatte sich schnell auf die neue Lage einstimmen können, wie es einem Zentauren geziemte, weil er ja zwei von ihnen bereits im Webteppich gesehen hatte. Das waren Mela Meerfrau und Okra Ogerin gewesen. Noch während er sie bestimmte, hatten sie sich selbst und die dritte, Ida Mensch, vorgestellt. Der Simurgh hatte sie geschickt, um Gwenny Kobolds Truppe zu retten, denn der Simurgh war auch das Flügelungeheuer gewesen, das einst erklärt hatte, daß Che eines Tages die Geschichte Xanths verändern würde und beschützt werden müsse. Um das zu ermöglichen, hatte die Ogerin Roxanne Rokh einen Samen des Zeitkrauts überbracht.
    Das war zwar ein etwas kompliziertes Unterfangen gewesen, doch nun war alles erledigt, und jetzt befanden sie sich zu sechst auf dem Rückweg zum Koboldberg. Und zwar weil Che, der erkannt hatte, daß sie nur mit Hilfe der drei anderen rechtzeitig zurückkehren würden, sie mit jugendlicher Logik dazu überredet hatte. Als Erwachsener würde er damit zwar nicht durchkommen, aber soweit war er ja noch nicht. Bis auf die Geschichte mit der Erwachsenenverschwörung, die er vielleicht für die nächsten paar Jahre zu vergessen vorgeben könnte. Sie hatte ohnehin keine

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