Meeres-Braut
Geltung, wenn Zentauren sich nicht gerade in Gegenwart von Menschen oder gekreuzten Menschenabkömmlingen aufhielten. Zentauren zogen es vor, sich ihre Nachkommenschaft selbst zu besorgen, weil sie keine unschuldigen Säuglinge der Unachtsamkeit von Störchen anvertrauen mochten.
Nun standen sie am Rande der Wolke, hinter ihnen das Namenlose Schloß. Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen, und die Indizien wiesen darauf hin, daß es der zweite Tag dieser Queste war; sie hatten vielleicht noch eine Stunde Zeit, um in den Koboldberg zurückzukehren. Er hoffte, daß ihre neuen Gefährten ihnen das ermöglichen würden.
»Passen wir denn alle in den Raketensamen?« fragte Mela. Wie Che bemerkte, trug sie einen schlüpfrigen Schlüpfer, der ständig versuchte, herumzurutschen, um dem Zuschauer einen Blick auf ein wirklich faszinierendes Höschen zu ermöglichen. Außerdem hatte sie Rutschpantoffeln an, die danach strebten, ihre Füße so weit auseinander zu schieben, daß sie ein Stück zuviel von ihren Beinen freigaben. Bestimmt steckte hinter ihrem Aufzug eine interessante Geschichte.
»Bestimmt«, meinte Ida optimistisch. »Es ist doch so ein großer Samen!«
Nun sah Che selbst den Samen, den sie meinte. Es war ein großer Zylinder mit durchsichtigen Wänden und einer Bleiluke. Er lag am Rande der Wolke. Che bezweifelte, daß er sechs Personen aufnehmen konnte. Und überhaupt – was würde das schon nützen? Sie wollten sich nicht in irgendeinen Samen quetschen, was sie vielmehr brauchten, war ein schneller Transport.
Die Ogerin trat an den Samen und stellte ihn auf, bis seine Spitze gen Himmel zeigte. »Quetscht euch rein«, sagte sie mürrisch. Che konnte erkennen, daß sie nicht sonderlich erfreut über ihre Begleiter war, vor allem Jenny Elfe schien sie nicht zu mögen. Nun, dafür hatte sie ja auch ihre Gründe. Es war eine echte Ironie, daß der Simurgh ausgerechnet von der Ogerin verlangen sollte, bei der Rettung der Elfe zu helfen. Ob der Simurgh vielleicht eine bösartige Ader hatte?
Sie drängten sich in den großen Samen, und tatsächlich schien er innen noch sehr viel größer zu sein als außen, und sie paßten auch alle hinein. Dann schloß die Ogerin die Gleitluke. Sie tat irgend etwas – und schon wallten Feuer und Rauch überall um den Samen herum auf und schleuderten ihn von der Wolke nach oben. Nun schienen Feuer und Qualm aus dem unteren Teil des Samens zu kommen, stießen sich hastig von ihm ab, als seien sie froh, ihn loszuwerden. Na ja, das war immer noch besser, als wenn sie versucht hätten, ihn zu verbrennen! Vielleicht raste der Samen ja auch deshalb so schnell davon: um dem Feuer zu entkommen. Jenny und Gwenny hielten einander verängstigt fest, während Mela und Ida die Sache gelassen über sich ergehen ließen. Che musterte die Ogerin und sah, daß sie eine Tafel betrachtete, auf der mehrere Bilder zu sehen waren. Eins der Bilder leuchtete; ein unordentlicher Geröllhaufen von einem Berg. Das mußte der Koboldberg sein!
Er sah durch die durchsichtigen Seitenwände hinaus. Der Samen ging in die Waagerechte, dann schoß er über Xanth hinweg landeinwärts. Che blickte nach unten und merkte, daß er selbst, wiewohl er doch eigentlich genau wie die anderen immer noch aufrecht stand, im Verhältnis zu Xanth tatsächlich flach lag. Das war aber eine interessante Magie!
Die Wolke mit dem Namenlosen Schloß war während ihres Besuchs offensichtlich ein gutes Stück weitergetrieben denn nun flogen sie nicht mehr gen Westen, sondern nach Nordwesten. Er erblickte die Insel der Illusionen und die Spalte, ebenso das Drachenland. Vor ihnen war der Rauch der Region des Feuers zu sehen. Doch die lag schon jenseits ihres Ziels. Ob die Ogerin über ihr Ziel hinausschießen würde?
Da senkte sich der Raketensamen, schon hatte er den Koboldberg erreicht. Sie würden tatsächlich rechtzeitig eintreffen. Er schoß direkt auf den Berg zu und jagte den Kobolden einen Schrecken ein. Che lachte beinahe lautlos, als er sah, wie sie in ihre Löcher huschten.
In Sichtweite des Bergs landete der Samen am Boden. Okra öffnete die Gleitluke. Sie waren da.
Gwenny überwand ihre Angst. »Ach, wie wunderbar!« rief sie, als sie ausstiegen und sich neben dem Samen aufstellten »Ihr habt mir ja einen solchen Gefallen getan!«
»Das haben wir für den Guten Magier getan!« antwortete Mela. »Und für Nada Naga, ihren Bruder Naldo und den Simurgh. Wenn wir fertig sind, sollen wir alle Antworten auf unsere Fragen
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