Meeres-Braut
Sonne empor, die sich beeilte, den Tag zu beenden. Sie konnten sich keine große Verzögerung mehr leisten. »Gibt es noch einen anderen Weg, den wir nehmen könnten?«
»Ja, aber der dauert zu lang. Das hier ist der einzige, der direkt ans Ziel führt.«
»Also steckst du in der Klemme, Koboldine«, sagte Hugh Mungus. »Zahle.«
»Das ist empörend!« sagte Gwenny und stampfte mit ihrem kleinen Fuß auf. »Wir müssen sofort durch!«
»Dann müssen wir uns wohl auf einen Handel einlassen«, meinte Che angewidert. Er blickte das Monozeros an. »Was verlangst du?«
»Ich verlange, daß ihr mir etwas dafür bezahlt, daß ihr meinen Weg benutzt. Etwas, das interessant und anders ist. Beispielsweise diesen Zauberstab.«
»Niemals!« sagte Gwenny.
Okra Ogerin trat vor. »Vielleicht kann ich helfen«, keuchte sie.
»Nein, kannst du nicht!« protestierte Gwenny. »Dir geht es nicht gut!«
»Laß es mich versuchen. Ich habe versucht nachzudenken weil das meinen Kopf erhitzt und manchmal die Kehle freimacht, und möglicherweise habe ich eine Idee gefunden.«
Ida klatschte mädchenhaft in die Hände. »Wunderbar, Okra! Ich wußte doch, daß du es kannst.«
Che blieb stumm. Dieser törichte Optimismus konnte mit der Zeit ganz schön ermüdend werden.
Okra sah Hugh Mungus an. »Ich habe etwas, was du vielleicht interessant und anders findest«, schnaufte sie. »Willst du es haben?«
»Was ist denn das?« wollte das Monozeros wissen.
»Mein Asthma. Es macht mich schnaufen.«
Che fuhr sich mit der Hand an den Kiefer, damit er nicht plötzlich herunterklappte. Meinte die Ogerin das etwa ernst?
»Was für eine wunderbare Idee!« rief Ida fröhlich. Da war es schon wieder – die konnte sich wirklich für alles begeistern.
»Tut es das?« fragte das Ungeheuer etwas dümmlich. »Wie laut kannst du denn schnaufen?«
Okra atmete mühsam ein, dann preßte sie Luft hervor. »SCHNAAAUUUUFFFFF!«
Darauf würde diese Kreatur doch nie hereinfallen! Währenddessen vergeudeten sie wertvolle Zeit. Che war arg widert.
»Ich nehme es!« sagte Hugh Mungus.
Diesmal fing Che seine Kieferlade nicht mehr rechtzeitig auf. Diese Kreatur war ja noch dümmer als ein Oger!
Da richtete Okra sich auf und streckte eine Hand vor. »Hier ist es«, sagte sie, ohne zu schnaufen. Sie setzte dem Ungeheuer etwas Unsichtbares auf die Nase.
»Wunderbar!« schnaufte das Monozeros. Zufrieden wich es beiseite und ließ sie ziehen. Hinter sich hörten sie es noch glücklich schnaufen.
»Als dumme Person bist du wirklich ein kompletter Reinfall«, murmelte Che der Ogerin zu.
»Ich weiß«, erwiderte Okra traurig.
Schnell schritten sie auf den Berg zu. Die Kobolde begafften die drei zusätzlichen Neuankömmlinge zwar, griffen aber nicht an, weil sie mit Gwenny kamen. Alle drei waren doppelt so groß wie jeder Kobold, und Gwenny suchte einen Tunnel aus, der hoch genug war, um sie aufzunehmen. So marschierten sie zur Mittelhöhle. Dort waren bereits Gobbel und seine Gehilfen versammelt. Der Bengel hielt eine schmutzige Harpyienfeder in der Hand. Er hatte den Altweiberschwanz gefunden und meinte, gesiegt zu haben. Er erwartete nur noch das Ende des Tages in der Hoffnung, daß Gwenny nicht wieder auftauchte. Es war eine schiere Freude, seinen bestürzten Blick zu sehen, als sie in die Höhle kamen.
Godiva trat ein. Ihr Gesichtsausdruck war das genaue Gegenteil des Bengels. »Du bist zurück, meine Tochter!« rief sie und eilte herbei, um Gwenny zu umarmen.
Hinter ihr befanden sich die drei männlichen Kobolde, die ihr seit Jahren treu gedient hatten: Gimpel, Idiot und Schwachkopf. Che hatte sie kennengelernt und wußte, daß sie gar nicht so übel waren, jedenfalls für Kobolde. Als die Kinder Sprudel hatten holen wollen, um ihn anstelle von gesunden Sachen zu trinken, hatten die drei sich als willige Komplizen erwiesen. Godiva hatte zwar davon gewußt, die Sache aber nicht an die große Glocke gehängt, weil sie ungewöhnlich freizügig für eine Erwachsene war: Sie war der Auffassung, daß Kinder durchaus etwas Spaß haben sollten solange sie es nicht übertrieben. Während Godiva also ihre Tochter umarmte, kamen die drei halbwegs anständigen Koboldmänner herüber, um Che und Jenny zu gratulieren und ihre neuen Gefährten kennenzulernen.
»Das sind Gimpel, Idiot und Schwachkopf«, stellte Che sie vor. »Die heißen nur so, ansonsten ist an denen aber nichts verkehrt.« Das sagte er nur, damit die Frauen nicht lachten. Und dann, an die Kobolde
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